«Warum verbreiten Medien so viel Bad News?», werde ich immer wieder gefragt.
Ich antworte zuerst als Journalist, dann als Biologe: Der Journalist in mir sagt, «weil Bad News beim Publikum auf mehr Aufmerksamkeit stossen.» Warum aber ist das so? Und jetzt antworte ich als Biologe: «Weil der Mensch von Natur aus auf Bad News programmiert ist.»
Misstraust du dieser Erklärung? Dies alleine würde meine These im Prinzip schon bestätigen – aber beginnen wir von vorn.
Von vorn heisst in diesem Fall vor einigen Tausend Jahren, kurz nachdem sich der Mensch vom Vier- zum Zweibeiner erhoben hatte.
Stell dir dich selbst vor als Urzeitmensch, wie du in der weiten Steppe stehst und den Blick in die Ferne schweifen lässt. Du fühlst dich gerade ziemlich wohl – die Luft ist warm, der Bauch schön voll. Der Tag nimmt seinen unaufgeregten Lauf. Plötzlich, hinter einem Strauch, eine Bewegung.
Was tun? Angreifen? Fliehen?
Unsere natürliche Reaktion ist Flucht. Denn das Unbekannte hinter dem Busch könnte ja ein Leopard sein. Also nichts wie weg!
Und sollte es sich später herausstellen, dass es doch eine Gazelle war, kann man sie ja immer noch jagen gehen.
Es macht biologisch also Sinn, bei Dingen, die neu in unser Blickfeld treten, zuerst einmal vom Schlimmsten auszugehen. Denn man verwechselt nur einmal einen Leoparden mit einem Busch. Wer also dem Leoparden – oder den Bad News – die grösste Aufmerksamkeit schenkt, steigert seine Chance zu Überleben.
Darum hat sich diese Reaktion in der Evolution als primäre Reaktion herausgebildet. Und darum begegnet der Mensch noch heute praktisch jeder Art von Neuigkeit zuerst einmal mit Skepsis. Eine Beere, die man noch nie gegessen hat? Ein Pilz, den man nicht kennt? Besser nicht gleich reinbeissen, sondern beobachten, wie es anderen ergeht, die sofort naschen mussten.
Aus demselben Grund werden zum Beispiel auch neue Technologien zuerst einmal abgelehnt. Wozu braucht es Webmaschinen, wenn es ein Webstuhl auch tut? Eisenbahnfahren führe zu Gehirnschäden, hiess es einmal. Und in der Mikrowelle erwärmte Speisen seien ungesund. Handystrahlen lösen Krebs aus, Gentechpflanzen sowieso. Alles durchaus nachvollziehbar, schon die Steinzeitmenschen haben so reagiert.
Doch irgendwann haben sie den Nutzen des Neuen zu schätzen gelernt – und mit vermeintlichen Gefahren umzugehen. Sonst würden wir alle heute noch splitternackt in der Savanne stehen, und nicht mit einem schicken Lendenschurz aus Leopardenfell.