Das musst du wissen

  • Durch das Internet werden immer mehr Inhalte verfügbar – aber nicht nur Fakten, sondern auch Fake News werden häufiger.
  • Seriöse von unseriösen Inhalten zu unterscheiden, ist nicht einfach und benötigt eine gewisse Medienkompetenz.
  • Aber bereits wenige Massnahmen helfen dabei, falsche Schlagzeilen besser als solche zu erkennen.

Die wildesten Schlagzeilen prasseln täglich auf uns ein. Oft ist es dabei schwierig, wahr und falsch voneinander zu unterscheiden. Das öffnet Falschnachrichten Tür und Tor. Doch dagegen gäbe es ein Fanggitter: Bereits einfachste Massnahmen machen Menschen sensibler für falsche Schlagzeilen, wie eine Studie der Universität Princeton nun ergeben hat. Die Forschenden veröffentlichten ihr Ergebnisse im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (Pnas).

Science-Check ✓

Studie: A digital media literacy intervention increases discernment between mainstream and false news in the United States and IndiaKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie grosse Probandenzahl macht die Aussagen für die einzelnen Länder relativ zuverlässig und repräsentativ. Wie sinnvoll allerdings ein Vergleich zwischen den USA und Indien ist, ist fraglich, da die Zusammenstellung der gezeigten Schlagzeilen unterschiedlich war. Zudem ist der Effekt nur begrenzt – und hielt nicht an. Auch ist unklar, wie genau die Probanden die Empfehlungen überhaupt gelesen haben, denn das konnte durch den Versuchsaufbau nicht kontrolliert werden. Ausserdem kann man kritisieren, dass die Tipps von Facebook verwendet wurden und kein eigener Leitfaden erstellt wurde. Dass die Studie im Übrigen auch durch einen Preis von Facebook finanziert wurde, ist problematisch.Mehr Infos zu dieser Studie...

Sie untersuchten, ob Tipps, die Facebook im Jahr 2017 online schaltete, den Usern helfen, Falschnachrichten zu erkennen. Da finden sich Empfehlungen wie: «Lies Überschriften kritisch: Falschmeldungen haben häufig reisserische Überschriften in Grossbuchstaben und mit Ausrufezeichen. Wenn schockierende Behauptungen in der Überschrift unglaubwürdig klingen, sind sie es vermutlich auch.» Oder: «Sieh dir die URL genau an. Eine gefälschte oder nachahmende URL kann ein Hinweis auf Falschmeldungen sein. Viele Seiten mit Falschmeldungen ahmen echte Nachrichtenquellen nach, indem sie minimale Änderungen an der URL vornehmen. Du kannst die Seite aufrufen, um die URL mit etablierten Quellen zu vergleichen.»

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Tipps zeigen Effekt

Für die aktuelle Studie wurden Menschen aus den USA und Indien getestet. Beide Länder hatten in den letzten Jahren bei nationalen Wahlen Probleme mit Kampagnen, die gezielt Falschinformationen verbreitet haben. Das Experiment verlief so: Probanden lasen zu Hause vor dem Bildschirm die Tipps von Facebook und mussten danach acht bis sechzehn Schlagzeilen von Artikeln mit politischen Themen in vertrauenswürdig und nicht vertrauenswürdig einordnen. Die Kontrollgruppe bekam die Tipps von Facebook nicht.

Die amerikanischen Testpersonen wurde zum Beispiel gefragt wie verlässlich folgende Schlagzeilen wohl sind: «Vizepräsident Mike Pence wurde beim Stehlen von Kampagnengeldern erwischt, um seine Hypothek zu bezahlen wie ein Dieb». Oder: «Und jetzt ist er der Grösste: Trump konnte in einem ansonsten düsteren 9/11-Interview nicht anders, als für eines seiner Gebäude zu werben». Während die erste Schlagzeile falsch ist und einer dubiosen Website entstammt, ist die zweite eine echte Schlagzeile aus der Washington Post. Bei der Online-Studie zeigte sich, dass die Probanden, die die Tipps bekamen, solche Schlagzeilen signifikant besser einordneten, als jene ohne Empfehlungen. Amerikaner ordneten 26 Prozent der Artikel besser ein, Inder rund 17 Prozent. Einige trauten aber zum Teil auch Überschriften der traditionellen Medien etwas weniger.

Da in Indien allerdings ein grosser Anteil der Menschen keinen Zugang zum Internet hat, wurden dort auch Menschen im persönlichen Gespräch, also analog, mit der gleichen Aufgabe konfrontiert. In dieser Gruppe zeigten die Tipps keinen Effekt. Die Forschenden vermuten, dass dort die grundlegende Medienkompetenz als Basis fehlt, die benötigt wird, damit die Tipps überhaupt wirken können.

Effekt verblasst

Nach etwa drei Wochen wurden die Probanden erneut vor die gleiche Aufgabe gestellt, dieses Mal mit einer anderen Auswahl an Schlagzeilen. In den USA konnte ein Nachwirken des Effekts beobachtet werden. Noch immer wurden mehr als 13 Prozent der Artikel besser eingeordnet, als in der Kontrollgruppe ohne die Tipps. In Indien hingegen gab es keinen anhaltenden Effekt.

Was heisst das nun? «Die Ergebnisse scheinen positiv, jedoch sind sie mit Vorsicht zu geniessen», sagt Josephine Schmitt vom deutschen Center for Advanced Internet Studies gegenüber dem Science Media Center. «Die Effekte sind sehr klein, grosse Stichproben bergen die Gefahr falsch-positiver Ergebnisse und es sind kurzzeitige Effekte, die schnell zu verblassen scheinen.»

Die Forschenden gehen trotzdem davon aus, dass regelmässiges Training dauerhaft dazu führen könnte, dass die Medienkompetenz steigt und Fake News besser erkannt werden. Auch die Ausweitung der Sensibilität auf nicht politische Themenbereiche ist denkbar. Der Politikwissenschaftler und Hauptautor der Studie Andy Guess sagte dazu in einer Mitteilung: «Wir sehen keinen Grund, warum dies nicht bei jeder Art von Fehlinformation funktionieren sollte.» Er bezieht sich in der Mitteilung auf die vielen irreführenden oder sogar gefährlichen Informationen über Covid-19, die derzeit verbreitet werden. Auch ihnen könnte man mit ähnlichen Interventionen entgegenwirken.

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