Das musst du wissen

  • Königsfelden war zu seiner Blütezeit im 14. Jahrhundert eines der bedeutendsten Klöster der Schweiz.
  • Bisher lagerten die Klosterschriften im Staatsarchiv des Kantons Aargau – nun sind sie online frei verfügbar.
  • Mit Suchfunktion und Querverweisen können Forschende in Minuten erfahren, was bisher viele Stunden Recherche erforderte.

Die Mittelalter-Geschichtsforschung hat ein nicht zu unterschätzendes Problem: Den Umgang mit Quellen. Diese sind zwar reichlich vorhanden – in Schweizer Archiven lagern unzählige mittelalterliche Schriften. Doch die Quellenrecherche gestaltet sich schwierig: Die empfindlichen Dokumente müssen vorsichtig behandelt werden, die Handschriften sind für viele unleserlich und die Suche nach dem richtigen Text ist langwierig. Die Lösung des Problems liegt wie so oft in der Digitalisierung. Ein kürzlich abgeschlossenes Projekt der Universität Zürich hat das Schriftgut des Klosters Königsfelden im aargauischen Windisch digital aufbereitet und als Online-Edition für Forschende wie auch Laien frei zugänglich gemacht.

Wie in Königsfelden ein prächtiges Kloster entstand

Die Schriftensammlung aus Königsfelden ist ein vielfältiges Zeugnis des mittelalterlichen Klosterlebens. Sie erzählt vor allem aus der Blütezeit im 14. Jahrhundert: 1308 wurde der Habsburger Albrecht I., König des Heiligen Römischen Reiches, im heutigen Aargau ermordet. Die Königswitwe Elisabeth stiftete daraufhin das Kloster Königsfelden zu seinem Gedenken. Dieses wurde zu einem wichtigen Zentrum des Adelsgeschlechts.
Im Jahr 1317 zog Agnes von Ungarn, Witwe des ungarischen Königs und Tochter Alberts I., nach Königsfelden. Agnes führte das Kloster in eine Blütezeit. Als Beraterin ihrer Familie war sie Zeit ihres Lebens eine einflussreiche Politikerin. Ihr Netzwerk setzte sie ein, um das Kloster weiter mit Rechten, Ländereien und Gütern auszustatten. Dabei entstand in Königsfelden unter anderem die prächtigste Ordenskirche der Schweiz mit ihrem kunstgeschichtlich bedeutenden Glasfensterzyklus. Das Wirken von Agnes wie auch von den Ordensschwestern und -brüdern wurde in zahlreichen Dokumenten festgehalten: Klosterordnungen, Lehnsverträge und Verfügungen.
Die Schriftensammlung von Königsfelden dokumentiert also nicht nur die Geschichte des Klosters, sondern erzählt auch eine aussergewöhnliche Biografie: Agnes, die als eine Art weltliche Herrscherin über die klösterlichen Besitztümer auftrat, war eine mächtige Frau in einer von der Geschichtsschreibung als männerdominiert dargestellten Epoche. Agnes war mit den Mächtigen auf Augenhöhe und trat unter anderem als Vermittlerin zwischen der Eidgenossenschaft und den Habsburgen auf.

In der digitalen Sammlung finden sie nicht nur Fotografien der Originale in hoher Qualität, sondern auch digitale Textkopien mit Querverweisen, Erklärungen und einer Suchfunktion. Die Bearbeitung eines gesamten Archivbestands hebt das Projekt von anderen ab: Zwar würden immer wieder ausgesuchte mittelalterliche Texte transkribiert. «Dass aber ein Gesamtbestand in bearbeiteter Version vorliegt, ist speziell», betont Colette Halter-Pernet, Mitherausgeberin der Online-Edition. Das bringe viele Vorteile mit sich, sagt Halter-Pernet. Denn mit wenigen Klicks könne man so alle Dokumente zu einer bestimmten Person, einer Ortschaft oder Sache finden. Bisher hätte dies oft stundenlange Recherche in den Archiven bedeutet. «Jetzt kann man zum Beispiel einfach ‹Mühle› im Suchfeld eingeben,» so Halter-Pernet, «und alle Dokumente aus Königsfelden zu diesem Thema werden aufgelistet.» Zudem bietet das digitale Medium neue Möglichkeiten in der Visualisierung: Die Texte wurden im Kloster immer wieder neu geordnet und bearbeitet, was in der Online-Edition grafisch dargestellt werden kann. Das ermöglicht Rückschlüsse auf die Bedeutung der einzelnen Dokumente.

Mit der Bearbeitung der Texte hat das Projekt darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur digitalen Handschriftenerkennung geleistet: Das Programm «Transkribus» soll einst unleserliche Schriften KI-gesteuert entziffern können. Dank der über 1200 transkribierten Texte aus Königsfelden konnte die Texterkennungs-KI weiter geschult werden.

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