Das musst du wissen

  • Viele empfinden den Montag als den schwierigsten Tag der Woche. Forschende wollten wissen, warum das so ist.
  • Sie fanden heraus: Schuld ist unter anderem der starke Kontrast zum Wochenende.
  • Den Montagsblues können wir aber auch an anderen Wochentagen spüren. Entscheidend ist der Beginn der Arbeitswoche.
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Wer kennt diese Situation nicht: Montagmorgen, der Wecker klingelt gefühlt viel zu früh. Wir sind griesgrämig, erschöpft, müde. Und überhaupt nicht motiviert, die neue Arbeitswoche in Angriff zu nehmen. Dabei haben viele von uns doch gerade zwei volle Tage Erholung hinter sich. Müssten wir da nicht beflügelt aus dem Bett springen? Mit einem inneren Akku, der zu hundert Prozent wieder aufgeladen ist? Wie kommt es, dass wir ausgerechnet am Montag so antriebslos sind?

Dieses bleierne Gefühl lässt sich wissenschaftlich erklären: Forschende der Universität Leipzig sprechen vom «Blue-Monday»-Effekt. Woher er kommt und wie er sich erklären lässt, haben sie kürzlich herausgefunden. In ihrer Studie zur Erholung im Verlauf der Sieben-Tage-Woche baten sie 87 Personen, ihr Wohlbefinden über einen Zeitraum von zwölf Tagen zu bewerten. Dreimal täglich hielten die Teilnehmenden fest, wie müde und wie vital sie sich gerade fühlten. Die Forschenden fokussierten in ihrer Analyse unter anderem auf den Übergang vom Sonntag auf den Montag. Denn eine ihrer Hypothesen lautete: Die menschliche Energie nimmt vom Sonntag auf den Montag ab. Eine Annahme, die sich bewahrheitet hat. Der Grund, warum wir am Montagmorgen kaum aus den Federn kommen, ist der Kontrast zum Wochenende. Hinter uns liegen entspannte Tage mit Familie, Freunden und Freizeit, vor uns zeichnet sich ein vollbepackter Arbeitstag ab. Der Montag stellt nach zwei Tagen mit viel Schlaf und Erholung unseren Biorhythmus auf den Kopf – und unsere Tagesabläufe.

Science-Check ✓

Studie: Continuity in transition: Combining recovery and day-of-week perspectives to understand changes in employee energy across the 7-day weekKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie basiert auf einem durchschnittlichen Datensatz, befragt wurden Personen aus unterschiedlichen Berufen. Das Geschlechterverhältnis ist jedoch mit siebzig Prozent Frauen nicht im Gleichgewicht. Insofern ist die Stichprobe nicht repräsentativ für die Bevölkerung – auch wenn andere Studien zum Blue Monday mit einer repräsentativen Stichprobe zu einem ähnlichen Schluss kommen. Weiter basiert die Studie auf einer subjektiven Beurteilung des Wohlbefindens, nicht auf Messungen. Die untersuchten Personen hatten ein ähnliches Bildungsniveau sowie ein gemeinsames Interesse an Psychologie. So befanden sich unter den Befragten nicht ausschliesslich Berufstätige, sondern auch Personen, die neben dem Beruf noch ein Psychologiestudium absolvieren. Auch dadurch ist das Ergebnis nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragbar. Die Studie macht zudem keine Angaben über geschlechterspezifische Unterschiede.Mehr Infos zu dieser Studie...

Die Erholung verpufft

«Diese Umstellung macht den Energiegewinn vom Wochenende wieder zunichte», erklärt Arbeitspsychologe Oliver Weigelt, der Leiter der Studie. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir ein besonders erholsames Wochenende hinter uns haben oder es zeitweise anstrengend war. Unerheblich ist auch, ob es einen, zwei oder sogar drei Tage dauerte. In jedem Fall schwindet im Übergang zum Montag das gewonnene Energiedepot und wir fühlen uns weniger fit, weniger vital als noch tags zuvor. Diesen Kontrast nehmen wir in den Morgenstunden besonders stark wahr. Denn wir brauchen schlicht eine Weile, bis wir uns am Montag an den neuen Tagesrhythmus gewöhnt haben – bis wir «auf Betriebstemperatur» sind, wie Oliver Weigelt sagt. Deswegen betrifft der Montagsblues vor allem den Montagmorgen. Nachmittags – wir kennen es – ist die Müdigkeit oft schon wieder verflogen und wir haben uns mit der neuen Woche angefreundet.

Wie stark wir den Montagsblues spüren, hängt unter anderem davon ab, wie viel und wie gut wir in der Nacht zuvor geschlafen haben. Wälzen wir uns schlaflos im Bett, fühlen wir uns am nächsten Morgen ausgelaugt und müde – das fällt zum Wochenstart gleich doppelt ins Gewicht. Und doch schlafen viele Menschen gerade in der Nacht auf den Montag zu wenig. Das wiederum hat mit unserem natürlichen Biorhythmus zu tun. Denn dieser entscheidet am Wochenende zwei Tage lang über Wachsein und Schlafen. Folge: Wir sind erholt und könnten am Sonntagabend ewig wach bleiben. Der Schlafdruck bleibt aus, wir gehen zu spät ins Bett. Und wenn am Montagmorgen der Wecker schrillt, folgt das böse Erwachen. Deswegen ist es ratsam, auch am Wochenende den Schlafrhythmus der Arbeitswoche einzuhalten – auch wenn es schwerfällt.

Versüss dir den Wochenstart!

Der Montagsblues lässt sich auch mit weiteren Kniffen bodigen. Arbeitspsychologe Oliver Weigelt empfiehlt positive Erwartungen – etwa Vorfreude auf die neue Woche. Doch was heisst das konkret? Sollten wir schon am Sonntagabend auf einem Zettel notieren, was wir am Montag Spannendes bei der Arbeit anpacken wollen? Jene Pendenzen hervorheben, die uns leichtfallen werden? «Die Idee ist nicht schlecht, doch der Schuss kann auch nach hinten losgehen», sagt Weigelt. «Denn wenn wir uns schon in der Freizeit mit der bevorstehenden Arbeit befassen, machen wir den Erholungseffekt schnell zunichte», erklärt er. Stattdessen rät er: «Überlegen Sie sich am Freitag, was Sie zu Beginn der neuen Woche vorhaben – und gestalten Sie den Wochenstart entsprechend.» Wir sollten für den Montagmorgen also Aufgaben einplanen, die uns keine Mühe machen. So kommen wir schnell in einen guten Arbeitsfluss – und der Montag ist überstanden, ehe wir uns versehen.

Nicht nur den Montag anprangern

Dieser Ratschlag gilt übrigens auch für jene, die nicht am Montag in die Arbeitswoche starten – sondern vielleicht erst am Dienstag oder am Mittwoch. Denn sie kämpfen vermutlich auch an diesen Tagen mit dem Blue-Monday-Effekt. «Der Begriff Montagsblues ist etwas irreführend und nicht ganz korrekt», sagt Oliver Weigelt. Nicht per se der Montag ist mit diesem Effekt verbunden, sondern letztlich einfach der Beginn der Arbeitswoche.

Gegen die Müdigkeit zum Wochenstart hält der Arbeitspsychologe weitere Tipps bereit. Er rät zu flexiblen Arbeitszeiten. «Wenn wir den Arbeitsalltag nach unserem individuellen Biorhythmus ausrichten können, hilft uns das.» Also: Wer nicht gern früh aufsteht, fährt am Morgen eben etwas später ins Büro – und arbeitet dann zwar bis später in den Abend, aber letztlich effizienter. Und wer um sieben Uhr morgens kreativer ist als um zehn, erledigt besser in der Früh eine Aufgabe, die einen wachen Geist verlangt. Im Gegenzug ermüden wir bei starren Präsenzzeiten schneller – und kämpfen mit dem Montagsblues.

Energieschub am Freitag

Das Gegenstück zum Montagsblues ist ein Hoch, das viele Menschen kurz vor dem Wochenende empfinden. Ein Motivationsschub, im Volksmund bekannt als der «Thank-God-it’s-Friday»-Effekt. Diesen beobachteten auch die Forschenden der Universität Leipzig in ihrer Studie. Die befragten Personen verspürten mehr Energie, je näher das Wochenende rückte. Hier gilt es allerdings abzuwägen, woher der Motivationsschub genau kommt: «Im Idealfall freuen wir uns darüber, was wir während der Arbeitswoche erreicht haben», sagt Oliver Weigelt. «Und nicht darüber, dass wir die Arbeit endlich hinter uns haben.» Für die erste Perspektive spricht immerhin: Die Teilnehmer der Studie fühlten sich auch an strengen Arbeitstagen im Job energiegeladen. «Anstrengung und Vitalität müssen sich also nicht ausschliessen», schlussfolgert Oliver Weigelt. Für den Freitag gibt er darum folgenden Tipp: «Nutzen Sie den Motivationsschub zum Ende der Woche für kreative Aufgaben.» Ein Brainstorming mit den Arbeitskollegen an einem Freitag ist also sinnvoll. Danach blicken wir bestimmt mit einem guten Gefühl dem Montag entgegen.

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