Was du für 4 kleine oder 2 grosszügige Portionen brauchst:

  • 75g Zucker in einer Pfanne karamellisieren.
  • 3dl Milch ablöschen und so lange köcheln, bis sich der Zucker vollständig gelöst hat.
  • 3 Eigelb
  • 50g Zucker zu einer weisslichen, schaumigen Masse schlagen
  • 1 TL Maizena darunter rühren.
  • Die heisse Zucker-Milch-Mischung zur Ei-Masse dazugeben und durchrühren. Dann das ganze zurück in die Pfanne geben und bei kleiner bis mittlerer Hitze unter ständigem Rühren bis vors Kochen bringen.
  • Creme erkalten lassen.

Vor dem Servieren:

  • 1dl Rahm Schlagen, unterheben.
Rezept mit geringfügigen Änderungen übernommen aus: Elfie Casty: Eine Prise Leidenschaft, Zürich 2015.

Nichts einfacher als das, dachte ich mir vor zwei Wochen, und stürzte mich in die Küche. In ein paar Stunden sollte meine Familie kommen, und in meinem Kopf präsentierte ich schon stolz das allseits geliebte Kindheitsdessert: Eine weiche, süsse, nach Karamell duftende gebrannte Creme. Aber natürlich kam es anders: Nach einer Stunde karamellisieren, rühren, köcheln war das, was ich auf den Tisch stellte, eine schmackhafte, aber trotzdem ziemlich dünne Suppe.

Denn das Schwierigste beim Zubereiten einer gebrannten Creme ist, sie so zu erhitzen, dass sie fast – und nur fast – kocht und so ihre dickflüssige Konsistenz gewinnt. Meist erhitzt man sie allerdings zu wenig, und es entsteht eine Suppe – wie bei mir. Oder du erhitzt sie zu sehr, und die Creme bildet gummige Klumpen. Damit dir das nicht passiert, musst du wissen, wie die Chemie hinter der Creme funktioniert.

Das Problem ist das Ei. Es besteht vor allem aus Eiproteinen, Wasser und Fett. Am wichtigsten für die Creme sind die Proteine: Im intakten Ei sind sie gefaltet und kümmern sich nicht umeinander, denn sie sind negativ geladen und stossen sich gegenseitig ab. Werden sie erhitzt, entfalten sie sich zunächst, was als Denaturierung bezeichnet wird. Auch bewegen sie sich immer schneller, was dazu führt, dass sie irgendwann trotz ihrer gleichen Ladung aufeinanderprallen und sich neu verbinden. Es entstehen dreidimensionale Proteinnetze. Der Moment, in dem diese Verbindungen zu entstehen beginnen, wird auch als Coagulationspunkt bezeichnet. Aber nicht nur Hitze hat diesen Effekt: Auch wenn du Eier schaumig schlägst oder sie in Salz einlegst, werden die Proteine dazu angeregt, sich miteinander zu verbinden. Und je nachdem wie stark sich die Proteinmoleküle binden, können unterschiedliche Konsistenzen entstehen: von flüssig über gummig bis hin zu einem trockenen Spiegelei. Denn wenn sich die Proteine sehr stark binden, dann wird das Protein-Netz zu eng und die darin gefangenen Wassermoleküle haben nicht mehr genügend Platz: Das Wasser scheidet sich.

Doch wie hältst du die Eiproteine in deiner eigenen Küche unter Kontrolle?

Die Krux liegt im Gelben vom Ei: Denn das Eigelb hat aufgrund seiner anderen Zusammensetzung einen höheren Coagulationspunkt als das ganze Ei oder ein Eiweiss. Es verdickt sich ab ungefähr 62 Grad Celsius und wird bei rund 70 Grad Celsius fest. Werden – wie in der gebrannten Creme – noch Milch, Zucker oder andere Zutaten eingerührt, verdünnt das die Creme, was den Coagulationspunkt noch höher treibt.

Konkret heisst das für dich: idealerweise wird eine solche Creme bei rund 80 Grad Celsius gekocht. Je mehr du das Ei aber erhitzen musst, desto eher kommst du in des Teufels Küche: Denn so steigt auch das Risiko, dass du die perfekte Temperatur überschreitest und das Proteinnetzwerk so eng «kochst», dass sich die Creme scheidet.

Für eine perfekte Gebrannte Creme braucht man natürlich kein Kochthermometer. Es ist einfacher: Du kannst sie auf einem Wasserbad oder höchstens bei mittlerer Hitze ganz langsam erwärmen. Sobald sie so dickflüssig ist, dass sie am Holzlöffel hängen bleibt, musst du sie sofort vom Herd nehmen.

Vielleicht warst du trotzdem ziemlich ungeduldig und hast die Hitze hochgedreht: Die Creme kocht und verklumpt. Und das, obwohl du noch Maizena oder eine Prise Mehl verwendet hast, dessen Stärkekörner sich mit Flüssigkeit vollsaugen und so die Eiproteine mässigen. Aber auch jetzt musst zu nicht verzagen. Schon meine Grossmutter wusste einfachen Rat: Streiche die Creme einfach durch ein Sieb und die verklumpten Teilchen bleiben zurück.

So, fertig! Zumindest fast: Auch beim Auskühlen lauern noch letzte Tücken. Damit deine Creme sich nämlich nicht plötzlich in ein festes Gel verwandelt, solltest du sie während des Kühlprozesses immer mal wieder umrühren. Im Eisbad geht es schneller, dann musst du allerdings öfters umrühren. Und wenn du nicht willst, dass sich eine ledrige Haut auf deiner seidigen, dicken Creme bildet, musst du sie dazwischen abdecken, am besten mit etwas gebuttertem Back- oder Wachspapier.

So. Schnell noch etwas Schlagrahm darunter rühren (den man bitte nicht zu Butter schlägt, aber mehr davon ein andermal) – und ab auf die Teller! En guete!

Im Kochtopf finden grundsätzliche biochemische Prozesse statt, die entscheiden, ob etwas schmeckt oder eben nicht. Wir gehen ihnen auf den Grund – mithilfe eines amerikanischen Küchenklassikers: Mit «On Food and Cooking – The Science and Lore of the Kitchen» begründete Harold McGee 1984 gleich das eigene Genre der wissenschaftlichen Kochliteratur und inspirierte nicht zuletzt die Abenteuer der Molekularküche.

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