Das musst du wissen

  • Forschende haben sehr hohe Mengen von Mikroplastik in Obst und Gemüse nachgewiesen.
  • Die Teilchen gelangen über den Boden und aus der Luft in die Pflanzen.
  • Die gesundheitlichen Folgen von Mikroplastik im Körper sind jedoch unklar.
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Nicht nur im Wasser, in Bier und in Fisch ist Mikroplastik mittlerweile enthalten. Forschende der Universität Catania haben jüngst auch in Obst und Gemüse die kleinen Kunststoffteilchen nachgewiesen. Ihre Studie ist im Fachmagazin Environmental Research erschienen. Bei Mikroplastik handelt es sich um Plastikpartikel, die kleiner als fünf Millimeter sind.

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Studie: Micro- and nano-plastics in edible fruit and vegetables. The first diet risks assessment for the general populationKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Früchte und das Gemüse stammen allesamt von Verkaufsstellen in Sizilien. Die Resultate sind also nicht ohne weiteres verallgemeinerbar. Auch ist die Stichprobe relativ klein. Die Aussagekraft der Studie ist deshalb beschränkt. Weiter Forschung muss die Resultate bestätigen.Mehr Infos zu dieser Studie...

Um die Verunreinigungen nachzuweisen, wendete das Forscherteam aus Sizilien eine eigene, patentierte Methode an. Damit gelang es den Forschenden, Teilchen mit einem Durchmesser kleiner als zehn Mikrometer aufzuspüren – also ungefähr fünf Mal kleiner als ein menschliches Haar. Andere Forscher detektierten bis dahin überwiegend Teilchen im Millimeterbereich.

Die Forschenden stiessen mit ihrem neuen Verfahren auf sehr hohe Mengen von bis zu 223 000 Plastikteilchen je Gramm Obst oder Gemüse. Sie untersuchten Brokkoli, Salat, Karotten, Kartoffeln, Birnen und Äpfel. Je wasserhaltiger das Lebensmittel, desto mehr Kunststoff fanden sie darin. Äpfel waren unter den Früchten am höchsten belastet. Beim Gemüse fielen Karotten besonders negativ auf. Salat indes enthielt weniger Kunststoffteilchen.

Rechnet man diese Funde auf einen ganzen Apfel hoch, enthielte dieser über eine Million Partikel. Das ist gewaltig: Zuvor schätzten Forscher, dass Menschen aufs Jahr nur etwas mehr als hunderttausend Teilchen aufnehmen würden. Die Belastung muss der italienischen Studie zufolge erheblich nach oben korrigiert werden.

Plastik fällt vom Himmel

Die Umweltchemikerin Gea Oliveri Conti, Mitautorin der Studie, erklärt die drastischen Befunde gegenüber higgs so: «Der Fruchtkörper bei Obst und Gemüse ist mit vielen Gefässen durchzogen, damit diese ausreichend Nährstoffe bekommen. Das Gewebe ähnelt der Plazenta bei Schwangeren. Weil die Plastikteilchen einen ähnlichen Durchmesser wie Nährstoffe haben, reichern die Pflanzen dies an».

Das Plastik stamme aus Klärschlamm, mit denen landwirtschaftliche Nutzflächen in der Vergangenheit vielfach gedüngt wurden. In der Schweiz ist diese Praxis seit 2006 verboten, in Deutschland hingegen nicht.

Andere Studien legen nahe, dass ein Teil der Plastikverunreinigungen auch aus der Luft stammen kann. Französische Forschende zum Beispiel fanden im Staubregen über den Pyrenäen Mikroplastik aus verschiedenen Verpackungskunststoffen. Auf das Jahr gerechnet würden auf französischem Boden 2000 Tonnen Mikroplastik herabrieseln, schätzten die Fachleute.

Mikroplastik im Körper

Wie gefährlich die Kunststoffpartikel sind, ist jedoch umstritten. Bisher hält die Mehrheit der Fachleute Mikroplastik im Menschen für unbedenklich. Nicht so die Forscherin Conti: «Ich glaube, so viele und derart kleine Partikel aus Kunststoff sind gefährlich», sagt sie mit Blick auf eine zur Veröffentlichung anstehende Arbeit. Darin untersucht sie den Übergang von Nanoplastik, also Teilchen kleiner als 100 Nanometer, vom Darm ins Blut. «Aber nanometergrosse Teilchen können sehr wohl zwischen den Geweben wandern.»

So kann Mikroplastik eine Entzündungsreaktion in menschlichen Zellen hervorrufen, wie Zellversuche zeigten. Labortests ergaben zudem, dass die Partikel mechanische Schäden an Zellen verursachen könnten. Es bedarf aber weiterer Forschung, um die Folgen für die Gesundheit zu bestimmen.

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