Das prominenteste Beispiel ist wohl Viagra: Ursprünglich als Herz-Kreislauf-Medikament gedacht, schlucken heute Millionen Männer die Potenzpille wegen ihrer ursprünglichen Nebenwirkung. Dass eine Arznei mehr als eine nützliche Wirkung aufweist, ist nicht ungewöhnlich. Erst kürzlich entdeckten britische Forscher, dass ein für die Alzheimer-Therapie entwickeltes Medikament auch bewirkt, dass Zahnlöcher von selbst wieder zuwachsen – bisher zumindest bei Mäusen.

Oder der Alleskönner Botulinumtoxin: Bei seiner Entdeckung 1822 wurde das aus Bakterien stammende Gift gegen nervöse Störungen eingesetzt, später entdeckte man seine Wirkung gegen Schielen und spastische Lähmungen in Gesicht und Beinen, heute glättet es unter dem Markennamen Botox Falten. Derzeit testen Forscher die Substanz sogar als Mittel gegen Depressionen.

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Soll helfen, wenn im Schlafzimmer mehr Pfupf vonnöten ist: Die heutige Potenzpille Viagra war ursprünglich ein Herz-Kreislauf-Medikament.

«Medikamente wirken zwar auf bestimmte Moleküle des Körpers», sagt Hanns Ullrich Zeilhofer, Pharmakologe an der Uni Zürich, «dieselben Moleküle können aber bei verschiedenen Krankheiten eine Rolle spielen.» Eine solche Zweitwirkung entdecken Forscher häufig durch Zufall. Manchmal auch in gross angelegten Studien, in denen sie viele Patienten über lange Zeit hinweg beobachten. Der Befund kann dann zum Ausgangspunkt weiterer Forschungsarbeiten werden.

Schlummert also noch reichlich Potenzial in bereits heute erhältlichen Medikamenten? Pharmakologe Zeilhofer sagt: «Sehr wahrscheinlich.»

Die Erstversion dieses Beitrags erschien am 20. Januar 2017.
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