In fernen Ländern können Reisende auf exotische und manchmal giftige Tiere treffen. Zwar sind solche Begegnungen selten tödlich. Doch manche Gifte lösen unerwartete Reaktionen aus – etwa einen Gedächtnisverlust oder eine ungewollte Erektion. Dabei handle es sich um unglückliche Nebenwirkungen, meint der Evolutionsbiologe Wolf Blanckenhorn von der Uni Zürich. Tatsächlich wirken die Gifte bei Menschen teilweise völlig anders als bei dem eigentlich vorgesehenen Beutetier oder Feind. «Die Tiere wollen niemandem böswillig schaden», sagt Blanckenhorn. «Sie wollen alle bloss überleben.» Will das auch der Mensch, sollte er nach einem unerfreulichen Kontakt mit einem giftigen Tier besser einen Arzt aufsuchen.

Unscheinbarer Giftfisch

easydive24.de

Gut getarnt: Das Petermännchen.

Das Petermännchen zählt zu den giftigsten Tieren Europas. Der bis zu dreissig Zentimeter lange Fisch gräbt sich in Strandnähe im Meeresboden ein – beispielsweise in der Ostsee oder im Mittelmeer. Das Gemeine: Wer beim Baden auf ihn tritt, dem bohren sich mehrere Giftstacheln in den Fuss. Das ist sehr schmerzhaft und verursacht starke Schwellungen, die teils wochenlang anhalten können. Bei einem Stich hilft es, den Fuss in heisses Wasser zu tauchen. Das zerstört einige der im Gift enthaltenen Bestandteile und lindert so die Schmerzen.

Gedächtnisraubende Schlange

J. Schlüter

Heimtückisch: Der indische Krait.

Der indische Krait ist für fast die Hälfte aller Schlangenbisse in Indien verantwortlich. Der Biss der schwarzweiss geringelten Giftnatter ist heimtückisch: Die ersten Symptome sind herabhängende Augenlieder und Bauchkrämpfe. Danach breitet sich eine Lähmung im ganzen Körper aus. Selbst wenn Ärzte das Gegengift rechtzeitig verabreichen, bleiben Gebissene teilweise noch tagelang bewusstlos. Nach dem Aufwachen kämpfen viele längere Zeit mit massiven Gedächtnisverlusten und können sich nicht länger als ein paar Minuten zurückerinnern.

Giftmischender Skorpion

A. Tiertz

Der flexible Dickschwanzskorpion

Ein gerissener Jäger ist der südafrikanische Dickschwanzskorpion: Er mischt die Bestandteile seines Giftes für jedes Opfer neu zusammen – und das in Sekundenschnelle. Will der Skorpion etwa ein Insekt fressen, setzt er eine Mischung ein, die es lediglich betäubt. Für einen grösseren Gegner hingegen – beispielsweise eine Maus – mixt er ein viel stärkeres Gift, das den Herzmuskel und die Atmung lähmt. Beim Menschen verursacht ein Stich brennende Schmerzen und kann unbehandelt rasch zum Tod führen. Da die Tiere nur in Wüsten leben, kommt das allerdings selten vor.

Kampflustiges Schnabeltier

S. Kraft

Auch pelzige Tiere können Giftig sein. Beim Schnabeltier ist Vorsicht geboten.

Das in Australien lebende Schnabeltier kann ungemütlich werden: Die Männchen des eierlegenden Säugetiers besitzen an den hinteren Fersen eine Art zusätzliche Kralle, aus der sie Gift absondern können. Diese setzen sie hauptsächlich im Kampf gegen Rivalen ein. Aber auch Menschen bekommen sie manchmal zu spüren. Das Gift daraus verursacht Schwellungen, die monatelang anhalten können. Nicht einmal Morphium hilft gegen den quälenden Schmerz. Da das Tier so selten gesichtet wird, kommt es glücklicherweise nur zu wenigen Zwischenfällen.

Potente Spinne

Die Bananenspinne lebt eigentlich in Südamerika. Doch in seltenen Fällen ist sie auch hierzulande anzutreffen. Dann nämlich, wenn ein Exemplar in einer Bananenkiste übers Meer reist und in hiesigen Supermärkten für Panik sorgt. Das Gift der Spinne hat eine spezielle Wirkung: Es verursacht nicht nur Atemlähmungen, sondern bei Männern auch eine ungewollte und schmerzhafte Erektion. Diese kann unbehandelt sogar zu Impotenz führen. So endet jedoch nicht jeder Biss der Spinne. Denn die Produktion des Giftes kostet sie so viel Energie, dass sie es nicht jedes Mal einsetzt. Der Biss bleibt aber auch so äusserst schmerzhaft.

Wehrhafte Raupe

Centro de Informações Toxicológicas de Santa Catarina

Die Giftraupe weiss sich zu wehren

Die Seidenspinner-Raupe namens Lonomia obliqua ist eine der giftigsten der Welt und lebt in den Wäldern von Brasilien. An Baumstämmen ist sie äusserst gut getarnt und wird darum oft zur Gefahr für unachtsame Wanderer, welche sich in einer Verschnaufpause anlehnen und dabei das Tier berühren. Dessen feine, mehrere Zentimeter lange Giftstacheln bohren sich in die Haut. Im besten Fall entstehen durch das Gift lediglich kleine Blutergüsse. Doch es kann auch Hirnblutungen oder Nierenversagen verursachen und zum Tod führen.

Dieser Erstversion dieses Beitrags erschien am 15. Juli 2016.
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