Während auf Sizilien erst kürzlich mit 48,8 Grad Celsius im Raum Syrakus ein europäischer Rekord gemessen wurde, kämpft die Türkei nach den Flammen des vergangenen Sommers mit Überschwemmungen. Diese extremen Phänomene behandelt der jüngste alarmierende Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses über Klimaveränderung der Vereinten Nationen (IPCC), der im August veröffentlicht wurde.
Intensivere und häufigere Phänomene
Die Botschaft des führenden internationalen Gremiums der Vereinten Nationen zur Bewertung des Klimawandels ist unmissverständlich: Den Schlussfolgerungen des Berichts zufolge ist der Klimawandel, der für die Zunahme der Häufigkeit und Intensität katastrophaler Wetterphänomene wie Überschwemmungen oder Hitzewellen verantwortlich ist, «beispiellos» und «zweifelsohne» vom Menschen verursacht.
Die Studie basiert auf einer Analyse von mehr als 14 000 wissenschaftlichen Artikeln von über 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt.
Sie ist die bisher umfassendste und kommt zu dem Ergebnis, dass es im Vergleich zur Mitte des letzten Jahrhunderts in neunzig Prozent der Regionen der Welt intensivere Hitzewellen gegeben hat. Diese haben zum Ausbruch von Grossbränden beigetragen, und die globale Erwärmung hat auch andere extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen beeinflusst.
Die zündelnde Menschenhand
Jedes Jahr verwüsten Waldbrände grosse Landstriche auf der ganzen Welt. Dabei kommt man nicht umhin, zu bemerken, dass die Ursache dieser Brände allzu oft menschengemacht ist – sei es unabsichtlich oder absichtlich, beispielsweise zur Erweiterung von Weideflächen.
Wie entstehen sie, was sie bedeuten sie und wie, falls überhaupt, können Waldbrände kontrolliert werden? Wir sprachen darüber mit Marco Conedera, Forstingenieur und Leiter der Forschungseinheit für Ökologie der Lebensgemeinschaften an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).
Herr Conedera, wie lassen sich Grossbrände verhindern, bzw. wie kann man solche Phänomene besser kontrollieren?
Die Verhütung von Waldbränden muss auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Auf regionaler Ebene, zum Beispiel im Tessin, gibt es drei wichtige Achsen.
Mittel- bis langfristig hängt die Möglichkeit der Entstehung von Grossbränden von der Art und Bewirtschaftung der Landschaft ab. Der Grundtyp der Vegetation hängt natürlich vom Klima ab. Hierzulande entwickelt sich beispielsweose das mediterrane Ökosystem – die so genannte Macchia – auch nach einem Brand nicht. Die Bewirtschaftung des Waldes durch den Menschen ist ebenfalls entscheidend für die Art und Menge des potenziellen Brennstoffs, der dadurch entsteht. In der Natur hat das Feuer die Aufgabe, pflanzliche Biomasse – also Holz, Äste und Blätter, die sich durch das Wachstum der Vegetation angesammelt haben – zu entfernen. Je mehr Biomasse sich ansammelt, desto grösser ist die Gefahr von Grossbränden.
«Die Aufgabe der traditionellen Landwirtschaft ist in Europa eine der Ursachen für die Zunahme der Brandintensität.»
Die Landbewirtschaftung, wie unter anderem Landwirtschaft, Weidewirtschaft, gute Trennung und Ausgewogenheit zwischen bewaldeten und landwirtschaftlichen Flächen und menschlicher Infrastruktur, kann dazu beitragen, das Risiko grossflächiger, intensiver Brände auf Dauer gering zu halten. Die Aufgabe der traditionellen Landwirtschaft und die extensive Landbewirtschaftung durch den Menschen ist in Europa eine der Ursachen für die Zunahme der Brandintensität.
Eine zweite Achse der Prävention ist die Information der Bevölkerung über Brandgefahren. Neben der allgemeinen Information über das Phänomen ist auch die Erteilung von Feuerverboten im Fall von akuter Brandgefahr von grundlegender Bedeutung.
Die dritte Achse ist der Grad der technischen und taktischen Vorbereitung und Organisation der Feuerbekämpfungs-Kräfte am Boden und in der Luft, sowie der Feuerbekämpfungs-Infrastruktur, beispielsweise Wassertanks für Hubschrauber oder das Hydrantennetz. Auf globaler Ebene und langfristig ist es auch wichtig, die aus dem Klimawandel resultierenden Klimaextreme zu bekämpfen, um zu verhindern, dass es weiterhin zu gefährlichen Bränden kommt.
Welche Rolle spielt der menschliche Faktor?
Neben der Lava von Vulkanausbrüchen, die Brände in der Umgebung verursachen kann, ist der wichtigste natürliche Brandauslöser der Blitz. Sogenannte Blitzbrände sind in den borealen Wäldern Nordamerikas, Skandinaviens und Sibiriens weit verbreitet.
Sie können aber auch in unseren Gebirgen auftreten, vor allem bei Nadelbäumen auf sehr exponierten Anhöhen. Gegenwärtig werden rund dreissig Prozent der Brände in der Schweiz durch Blitzschlag verursacht.
«Im Mittelmeer-Raum sind schätzungsweise mindestens 95 Prozent der Brände menschlichen Ursprungs.»
Bei den restlichen siebzig Prozent sind es immer menschliche Aktivitäten oder Infrastrukturen, welche die Zündenergie liefern. Im Mittelmeer-Raum sind schätzungsweise mindestens 95 Prozent der Brände menschlichen Ursprungs – ob absichtlich oder nicht.
Der Faktor Mensch ist daher in unseren Breitengraden sehr wichtig, sowohl bei der Entstehung des Brennstoffs – die bereits erwähnte Landbewirtschaftung – als auch als direkte Ursache für die Auslösung eines Waldbrands.
Welche Bedeutung haben die absichtlich gelegten, kontrollierten Brände zu Präventionszwecken? Könnten sie ein wirksames Instrument sein?
Kontrollierte Brände sind eine Technik, die unter günstigen Wetterbedingungen angewandt wird: Die Bodenfeuchtigkeit muss hoch genug sein, um eine unkontrollierte Ausbreitung des Feuers zu verhindern, die Feuchtigkeit der Kraut- und Strauchschicht niedrig genug, um ein langsames Abbrennen des Brennstoffs zu gewährleisten.
Es handelt sich dabei um eine sehr komplexe Technik, die eine sorgfältige Vorbereitung und die Anwesenheit von Fachpersonal erfordert. Ziel ist es, den Brennstoff, also trockene Äste, Blätter und so weiter, zu reduzieren und die ökologischen Vorteile des Feuers zu nutzen. Gleichzeitig aber auch die Möglichkeit schwerer, unkontrollierbarer Brände während der Gefahrensaison zu verhindern.
Wie werden sie kontrolliert, und welche Auswirkungen haben sie auf die Fauna?
Solche Brände werden kontrolliert, indem man ein günstiges Wetterfenster wählt und das Feuer auf einen bestimmten Teil des Gebiets lenkt.
«Auf der Asche des Brandes entstehen neue Pflanzenarten.»
Für einige Arten von Wirbellosen, die auf dem Boden und in der Streu leben, ist dies natürlich ein Problem, aber die meisten Tiere haben genügend Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Und die Auswirkungen sind weitaus geringer als im Fall eines unkontrollierten und sehr intensiven Feuers. Auf der Asche des Brandes entstehen dann neue Pflanzenarten, die Licht brauchen, um sich zu entwickeln. Und es werden auch neue Lebensräume für andere Tierarten geschaffen.
Gibt es eine Zeitspanne, die nach einem Waldbrand verstreichen muss, bevor Bäume auf den abgebrannten Flächen angepflanzt werden können?
Eine Bepflanzung nach einem Brand ist in vielen Fällen gar nicht erforderlich, da die an das Feuer angepasste Vegetation daran gewöhnt ist, nach einem Brand zu reagieren, wie zum Beispiel Buschland. Und weil sie in der Regel schnell eine neue Generation von Pflanzen entweder aus Samen oder aus Trieben aus dem Stumpf hervorbringt. Anpflanzungen sind notwendig, wenn man davon ausgeht, dass sich die Natur in einem Gebiet zu langsam erholt und ein Wald zum Schutz vor Naturgefahren schneller benötigt wird. Dies kann hier in den Alpen der Fall sein, wenn ein Feuer keine verbrannten Bäume mehr zurücklässt, wie es bei Nadelbäumen der Fall sein kann.