Das musst du wissen

  • Ein Drittel der Zecken in der Schweiz übertragen den Erreger der Borreliose.
  • Erkennt man die Krankheit früh, zum Beispiel an Hautrötungen, kann man sie gut behandeln.
  • Doch immer mehr Leute glauben, wegen Symptomen wie Müdigkeit und Gelenkschmerzen an Spätfolgen zu leiden. Ein Irrtum.

Müdigkeit, Gelenkschmerzen und pochender Kopf. Tut man das Unvernünftige und befragt Dr. Google, diagnostiziert dieser erstaunlich oft: chronische Borreliose. Immer mehr Menschen finden ihre Leiden auf langen Symptomlisten im Internet – die Krankheit ist eine regelrechte Modeerscheinung geworden. Allerdings ist die Diagnose umstritten, die deutsche Ärztezeitung bezeichnet sie gar als Hirngespinst.

Entstehen kann eine Borreliose durch einen Zeckenstich. Sie gehört wie die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zu den zeckenübertragenen Krankheiten. Während zwei bis drei Prozent der Zecken in Endemiegebieten FSME-Viren in sich tragen, finden sich Borreliose-Erreger schweizweit in etwa 30 Prozent der Zecken.

Erkennen kann man eine Borreliose unter anderem an einer Hautrötung um die Einstichstelle, der sogenannten Wanderröte. Sie entsteht im Mittel sieben bis zehn Tage nach dem Stich. Geht man damit rechtzeitig zum Arzt, lässt sich die Krankheit gut mit Antibiotika behandeln.

Schlimme Spätfolgen

Problematisch kann es werden, wenn man die Hautrötung nicht bemerkt oder diese sich trotz Erkrankung nicht ausbildet, was bei etwa der Hälfte der Patienten der Fall ist. Dann kann die Borreliose fortschreiten, die Bakterien greifen das zentrale Nervensystem an, die grossen Gelenke können sich entzünden, selten ist auch das Herz betroffen. Doch diese Spätfolgen sind sehr selten und betreffen nur wenige Prozent der Erkrankten.

Trotzdem gehen Patienten mit Symptomen wie Müdigkeit oder Gelenkschmerz zu einem Arzt und bitten diesen, ihr Blut auf eine mögliche Borrelien-Infektion zu untersuchen, erzählt der Infektiologe und Oberarzt am Universitätsspital Basel, Aurélien Martinez. «Es gibt Ärzte, die sich nicht an die Richtlinien halten, und im Blut nach Borreliose-Antikörpern suchen, obwohl es dafür keine klinische Notwendigkeit gibt.»

Dieser Bluttest falle dann oft positiv aus und dies bestätige die Internet-gestützte Selbstdiagnose vieler Patienten, die dann oft eine Therapie forderten. «Borreliose ist deswegen für viele Infektiologen schon zum Reizwort geworden», sagt Martinez.

Bluttest nicht aussagekräftig

Denn ein positiver Bluttest allein hat wenig Aussagekraft. Dies, weil etwa 10 bis 30 Prozent der Menschen in der Schweiz zwar Antikörper gegen die Borrelien-Bakterien im Blut tragen. Von denen leidet aber nicht mal jeder Zehnte an einer akuten Borreliose – die Antikörper stammen von einer früheren und oft vollständig ausgeheilten Infektion mit Borrelien. Um zu erkennen, ob die Symptome Spätfolgen einer Borreliose sind, ist nicht der Bluttest ausschlaggebend, sondern eine Differenzialdiagnose, bei der andere Symptomursachen Schritt für Schritt ausgeschlossen werden.

Trotzdem diagnostizieren einige Ärzte in der Schweiz in Fällen mit diffuser Symptomatik eine chronische Borreliose und behandeln diese über einen langen Zeitraum mit Antibiotika, erzählt Martinez. Die Patienten nehmen diese Medikamente, die oft erhebliche Nebenwirkungen haben, dann über Monate, sogar Jahre. Davon, Antibiotika bei Borreliose länger als vier Wochen einzusetzen, rät die Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie ab. Das sieht auch Aurélien Martinez so: «Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise, dass die Patienten von so einer Therapie profitierten», sagt er.

So schützt du dich vor Zecken und durch sie übertragbare Krankheiten

  • Beim Streifen durch Gebüsch und Wald langärmlige Oberteile und lange Hosen tragen. Hosen in die Socken stecken.
  • Zeckenschutzspray kann helfen.
  • Nach dem Aufenthalt im Wald die Kleidung und den Körper nach Zecken absuchen. Helle Kleidung hilft, die Tierchen besser zu erkennen. Beim Körper besonders auf Kniekehle, Achselhöhle und Leiste achten, bei Kindern auch Kopf und Nacken untersuchen.
  • Hat eine Zecke es geschafft, greife sie vorsichtig mit einer feinen Pinzette direkt über der Haut und ziehe sie mit einem kontinuierlichen Zug heraus. Die Einstichstelle desinfizieren. Je schneller du die Zecke entfernst, desto geringer die Chance auf eine Übertragung von Borrelien.
  • Mit der App „Zecke“ behältst du deinen Zeckenbiss im Auge, um Hautveränderungen nicht zu verpassen (higgs berichtete).
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