Epidemiologisch ist völlig klar, wie man eine Infektionskrankheit ausrotten kann: indem man eine genügende hohe Zahl Menschen dagegen impft.
So hat sich zum Beispiel die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Welt ohne Kinderlähmung (Polio) zum Ziel gesetzt. Polio wird durch ein Virus von Mensch zu Mensch übertragen. Seit 1994 sind Nord- und Südamerika poliofrei, der westpazifische Raum seit 2000, der europäische Raum seit 2002. Noch tritt die Krankheit jedoch in einigen wenigen Regionen wie beispielsweise Afghanistan und Pakistan auf.
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Bei Masern hätten wir es auch fast geschafft. Zum Beispiel in der Schweiz: 1998 gab es hierzulande noch 7600 Maserfälle. Im 2018 waren es nur noch 50. Doch letztes Jahr hat die Zahl wieder auf über 200 erhöht, weil noch zu viele Familien ihre Kinder nicht impfen wollen.
Könnte man da nicht einfach eine Impfpflicht verhängen, um das Ziel zu erreichen? Werden wir eine Impfpflicht gegen Covid aussprechen können? Oder sogar gegen die saisonale Grippe? Zumindest für Leute, die im Gesundheitswesen arbeiten, damit diese nicht ihre Kunden und Patienten anstecken.
Nein, lautet die Antwort.
Warum aber können dann Spitäler vom Personal verlangen, dass es sich, um in gewissen Bereichen arbeiten zu dürfen, gegen Hepatitis impft?
Die Antwort ist juristisch und vertrackt.
Wenn das Spital vom Personal die Hepatitis-Impfung verlangt, ist das, wie wenn ein Bauunternehmen von seinen Angestellten das Tragen eines Helms oder von Stahlkappenschuhen vorschreibt. Es geht um den Schutz des Arbeitnehmers. Weil, wenn etwas passiert, trägt dieser die Verantwortung. Verglichen mit Hepatitis oder einem zertrümmerten Fuss ist eine Grippe relativ harmlos. Nach zwei Wochen ist die infizierte Person wieder arbeitsfähig. Das Risiko ist überschaubar. Darum ist Grippeschutz nicht Arbeitnehmerschutz. Sagt das Gesetz.
Offenbar wiegt das Recht auf zwei Wochen «Grippeferien», das gewisse Angestellte in Anspruch nehmen, mehr als der Schutz von Kundinnen und Patienten. Das finde ich als Kunde, der auch ein Recht auf Schutz fordert, echt skandalös. Darum frage ich, wenn ich während der Grippesaison mal Kontakt mit einer MPA oder einem Physiotherapeuten habe, ob sie oder er gegen Grippe geimpft sei. Wer es nicht ist, behandelt mich nicht. Und das mache ich so lange, bis sich alle impfen und mich so schützen.
Und wie ist es jetzt bei Covid-19? Wird es hier eine Impflicht geben, wenn es dann einmal den Impfstoff gibt? Es wird nochmals komplizierter. Eigentlich sieht das Epidemiegesetz vor, dass der Bundesrat in besonderen Fällen für bestimmte Personen – also zum Beispiel Spitalpersonal – einen Impfzwang verhängen kann. Ob er das aber machen wird, wenn es den Impfstoff gibt, ist offen.