Das musst du wissen

  • Der Musikgeschmack transportiert Informationen über Menschen. Viele drücken zum Beispiel ihre Meinung mit Musik aus.
  • Forscher haben getestet, inwiefern Studierende anhand ihrer Playlist von anderen Studierenden erkannt werden können.
  • In den Experimenten reichten in manchen Fällen schon drei Musikstücke aus, um den Musikliebhaber dahinter zu entlarven.
Den Text vorlesen lassen:

Was verrät es über uns, welche Musik wir hören? Musik kann ein Statement sein: Viele Menschen drücken mit ihrem Musikgeschmack auch ihre Meinung aus, Freundeskreis definieren sich teilweise über die gleiche Musik, die sie hören – und bisherige Forschung hat unter anderem gezeigt, dass sich aus Musikpräferenzen Faktoren der Persönlichkeit berechnen lassen. Immer mehr Menschen streamen Musik beispielsweise von Spotify oder AppleMusic. Das heisst aber im Gegenzug auch, dass diese Datensätze dazu haben, welchem Nutzer welche Art von Musik gefällt. Das hat zwei Forscher aus Israel nun auf eine Frage gebracht: Können Menschen identifiziert werden anhand ihrer Lieblingsstücke? In ihrer Studie, die im Fachmagazin «Telematics and Informatics» erschienen ist, kommen sie zum Schluss: Es reichen unter Umständen nur drei Lieder aus einer Playlist aus, um eine Person zu identifizieren.

Science-Check ✓

Studie: Privacy disclosure by de-anonymization using music preferences and selectionsKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsUnklar ist, wie viel die Studierenden tatsächlich voneinander wussten und ob es beispielsweise offensichtliche äussere Merkmale gab, wie ein Irokesenschnitt beispielsweise oder Rasta-Locken. Zudem handelt es sich bei der Stichprobe um eine sehr homogene Gruppe, da es sich bei allen um israelische Studierende handelt. Die Stichprobe pro Experiment war auch nicht besonders gross. Letztlich standen zudem pro Playlist lediglich fünf potentielle Studierende zur Wahl, die diese erstellt haben könnten. Die Studie kann deshalb nicht verallgemeinert werden, und die Resultate müssen durch weitere Forschung bestätigt werden. Inwiefern Streamingdienstleister tatsächlich allein aus dem Musikgeschmack auf eine Person schliessen können, steht auf einem anderen Blatt.Mehr Infos zu dieser Studie...

Mitstudierende müssen raten

Für ihre Experimente teilten Ori Leshman von der Tel Aviv Universität und Ron Hirschprung von der Ariel Universität 125 Studierende zweier Universitäten in vier Gruppen ein, die jeweils unterschiedliche Experimentbedingungen hatten. Die Studierenden kannten sich nur «vage» und besassen kein Vorwissen über die musikalischen Vorlieben der anderen.

Jeweils fünf Personen wählten dann ihre drei Lieblingssongs aus und beschrieben gegenüber Mitgliedern einer der anderen Gruppen, inwiefern die Songs sie repräsentieren, ohne diese zu nennen. Auf dieser Grundlage rieten die Mitglieder der «Rategruppe», welche der fünf Personen welche Playlist ausgewählt hatte. Im zweiten und dritten Experiment geschah das Gleiche, nur dass die fünf Probanden angaben, wieso sie die Musikstücke ausgewählt hatten. Im vierten Experiment gab es schliesslich keine weitere Information – lediglich die ausgewählten Musikstücke. Die Bandbreite des Musikgeschmacks reichte dabei von Eminem über die Beatles bis zu traditioneller israelischer Musik.

Playlist auf Youtube charakterisiert dich

In der ersten Runde ordnete jeweils die Mehrheit der Befragten dem richtigen Probanden die entsprechende Playlist zu, in den drei weiteren Runden gelang diese ebenfalls meistens. Allerdings funktionierte das Zuordnen nicht bei allen Probanden. Dem vierten Probanden beispielsweise ordneten in der ersten Runde sieben Gruppenmitglieder die richtige Playlist zu, insgesamt 15 stimmten jedoch für eine der anderen vier Playlists. In der Gesamtauswertung werten die Forscher dies aber als «richtig identifiziert» – obwohl sich die Rategruppe offenbar sehr uneinig war. Die Forscher kommen dennoch zum Resultat, dass der Musikgeschmack die auswählenden Probanden meist verriet: Die Mitstudierenden hatten bei der Identifikation der Person hinter der Musik eine Trefferrate zwischen achtzig und hundert Prozent.

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«Musik kann zu einer Form der Charakterisierung und sogar zu einem Identifikator werden», warnen die Autoren in einer Mitteilung. Noch dazu sei das für die Nutzer nicht intuitiv: «Der Besuch von YouTube wird von der normalen Person als eine harmlose Handlung wahrgenommen, aber diese Studie zeigt, dass er eine Menge über diese Person verraten kann.»

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