Die digitale Transformation wird zu einer höheren digitalen Automatisierung der Arbeit führen. Trotz aller Technikeuphorie in der privaten Nutzung digitaler Medien löst die zunehmende Digitalisierung auch Sorgen aus. In unserer Studie, die im Herbst 2018 bei rund 1500 Beschäftigten durchgeführt wurde, befürchteten 27% einen Ersatz menschlicher Intelligenz durch Rechenleistung, mehr als jeder Dritte erwartete eine Abnahme von Menschlichkeit bei der Arbeit und mehr als jeder Zweite stellt sich auf mehr Leistungsdruck aufgrund der Digitalisierung ein.

Mensch muss im Zentrum stehen

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wann die Digitale Transformation im Sinne der Gesellschaft und der Menschen «gelungen» sein wird. Nach unserer Meinung, muss der Faktor Mensch wichtigstes Element der Digitalisierung bleiben. Zum Beispiel sollte im Verhältnis zwischen Mensch und Maschine eine bewusst humane Position angestrebt werden, bei welcher die Technik dem Menschen als Hilfsmittel und Instrument zur Verfügung steht und nicht umgekehrt.

Zudem soll die Digitalisierung einen Beitrag leisten, dass Menschen in ihrer Arbeit weiterhin oder vermehrt noch Sinnvolles vollbringen, moralisch verantwortungsvoll und selbstwirksam handeln, anerkennungsreiche soziale Beziehungen pflegen und ihre Teilhabe an wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Prozessen steigern können.

Doch wo stehen wir heute? Sind die Betriebe und ihre Mitarbeitenden tatsächlich gut auf die Digitale Transformation vorbereitet? Rund zwei Drittel der Teilnehmenden unserer Studie bestätigen dies, wobei es klar die Jüngeren sind, die sich hier im Vorteil wähnen. Auch zwischen den Branchen und Arbeitsfeldern bestehen starke Unterschiede. Interessant ist, dass der Vorbereitungsstand der Arbeitskollegen mehrheitlich schlechter eingestuft wird, was auf ein gewisses Mass an Selbstüberschätzung schliessen lässt. Es braucht also noch Qualifikation bei den sogenannt digitalen Kompetenzen. Diese sind nach Meinung der Studienteilnehmenden a) Flexibilität in der Reaktion auf Veränderungen, b) elektronische Kenntnisse, c) Kompetenzen der Informationsbeschaffung und d) Problemlösungsfähigkeiten. Weitere Faktoren, welche die Befähigung zur Digitalen Transformation begünstigen, sind die Zugehörigkeit zu einer jüngeren Generation, Neugierde sowie Experimentierfreudigkeit mit technologischen Entwicklungen und eine unterstützende Führungs- und Arbeitskultur.

«Digital divide» vermeiden

Die Digitalisierung ist, und das ist ein weiterer Befund aus unserer Studie, noch kein Massenphänomen. Gerade einmal 27 % der Beschäftigten sind der Digitalisierung gegenüber neugierig aufgeschlossen. Das sind Pioniere, bzw. Promotoren, die die Digitale Transformation unterstützen. Ihnen stehen aber 14 % digitale Skeptiker gegenüber. Diese müssen umsichtig in die Digitale Transformation eingebunden werden, um einen «digital divide» zu vermeiden.

Es gibt noch viel zu tun, damit die Digitale Transformation der Arbeit gelingt. Das fängt schon bei einer gut begründeten Digitalisierungsstrategie an. Unsere Studie zeigt, dass nur etwas mehr als die Hälfte der Beschäftigten die Digitalisierungsstrategie ihrer Institution oder Organisation kennen. Bei der anderen Hälfte finden keine bewussten Diskurse über Ziele und Wirkungen sowie Einführung der Digitalisierung statt.

Inwieweit eine «Human Digital Transformation» heute gelingt, zeigt sich an ihren Wirkungen. Bei 60 % der Beschäftigten wird eine Veränderung der Organisationskultur in Richtung mehr Effizienzdenken wahrgenommen. Fast jeder Zweite nimmt eine Zunahme von Regeln, Prozessen und Technik wahr. Nur 12 % beobachten, dass sich die digitalisierte Organisationskultur in Richtung mehr Menschlichkeit entwickelt. So erstaunt es auch nicht, dass bei einem Drittel der Beschäftigten die Digitalisierung im Arbeitsumfeld Sorgen auslöst, während sie nur von gut jedem Fünften positiv aufgenommen wird.

Die Studie zeigt, dass Personalabteilungen im Rahmen der Digitalen Transformation stärker Verantwortung übernehmen müssen. Dazu müssen sie aber, trotz Eigenzuschreibung von hoher Kreativitäts- und Innovationsfähigkeit, noch besser auf die Digitalisierung vorbereitet werden. Im besten Fall können sie mit eigenen Methoden die Digitalisierungsstrategie unterstützen, die herkömmlichen HRM-Instrumente auf den Kontext der neuen Arbeitswelt ausrichten und die Mitarbeitenden mit massgeschneiderten Trainings und Weiterbildungen zur Entwicklung von digitalen Kompetenzen begleiten.

Ob die Digitale Transformation einst als eine Verbesserung der Arbeitswelt wahrgenommen wird, liegt nicht an der Technik, sondern an uns Menschen. Wir sind es, die «bestellen», was «geliefert» werden soll. Diese Verantwortung sollten wir umsichtig übernehmen.

Dieser Beitrag stammt von der Fachhochschule St. Gallen. Er erschien erstmals im FHS-Magazin 2019/1 und lehnt sich an den im Herbst erscheinenden Sammelband «Digital Human Work – eine Utopie?» an. Er umfasst die vom HR-Panel New Work im Jahr 2018 durchgeführte Studie zum Thema Digitalisierung in der Arbeitswelt sowie Gastbeiträge aus Wissenschaft und Praxis.
Kontakt zu den Projektverantwortlichen: Prof. Sebastian Wörwag, Rektor der FHS St.Gallen und Prof. Alexandra Cloots, Co-Leitung HR-Panel New Work

Fachhochschule St. Gallen

Hier präsentiert die Fachhochschule St. Gallen Geschichten aus der Forschung.
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