Das musst du wissen

  • Die anspruchsvollsten Labels werden als Typ I oder Ecolabels bezeichnet, ein Beispiel ist Knospe von Bio Suisse.
  • Was Lebensmittel betrifft, ist der Begriff «Bio» gesetzlich geschützt.
  • Biolabel aus der EU sind weniger empfehlenswert, da die Öko-Verordnung dort weniger streng ist.

Samstagnachmittag im Supermarkt. Als Konsument oder Konsumentin möchte man möglichst nachhaltige Produkte auswählen. Schliesslich hat jeder Einkauf einen Einfluss auf Mensch und Umwelt. Labels sollen uns bei der Kaufentscheidung unterstützen. Der Haken dabei zeigt sich spätestens, wenn man vor den vollen Regalen steht: es gibt eine ganze Menge davon. Wie soll man den Überblick behalten? Welche Labels sind wirklich vertrauenswürdig?

Ecolabels – von der Herstellung bis zur Entsorgung

In Fachkreisen werden verschiedene Labeltypen unterschieden. Die besten unter ihnen werden als Typ I oder Ecolabels bezeichnet. Sie verfügen über ambitionierte Kriterien und betrachten den gesamten Produktzyklus. Von der Herstellung bis zur Entsorgung und möglichen Wiederverwertung werden alle positiven und negativen Einflüsse des Produktes auf die Umwelt betrachtet. Ecolabels werden also nur an Betriebe vergeben, welche sehr strenge Kriterien befolgen.

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Eines der prominentesten Schweizer Beispiele ist die Knospe von Bio Suisse. Um ihren Anforderungen zu entsprechen, muss ein Betrieb eine ganze Reihe von Massnahmen ergreifen. Diese betreffen einerseits den Schutz der Umwelt, beispielsweise durch die Förderung der Biodiversität oder den Verzicht auf chemisch-synthetische Spritzmittel. Aber auch Bedingungen wie die schonende Verarbeitung der Lebensmittel, den Verzicht auf Gentechnik und besonders artgerechte Tierhaltung gehören dazu. Auch soziale Aspekte kommen nicht zu kurz: Faire Löhne, Gleichberechtigung im Betrieb und Arbeitssicherheit müssen gewährleistet sein. Und nicht zuletzt müssen 90 Prozent der Rohstoffe aus der Schweiz stammen.

International bekannte Ecolabels, denen man auch in der Schweiz hin und wieder über den Weg läuft, sind der blaue Engel aus Deutschland sowie der nordische Schwan aus den skandinavischen Staaten. Beide sind aus Initiativen der jeweiligen Regierungen entstanden. Sie unterscheiden sich vom Bio Suisse Label einerseits darin, dass sie nicht nur für Lebensmittel, sondern für viele verschiedene Produktkategorien vergeben werden, wie beispielsweise Kosmetik oder Möbel aber auch Hotels und Restaurants. Dabei sind die Anforderungen nicht in allen Kategorien gleich streng. Man kann auch nicht alle Ecolabels mit Biolabels gleichsetzen. Bei den Anforderungen, welche ein Gastronomiebetrieb erfüllen muss, um sich mit dem nordischen Ecolabel schmücken zu können, müssen beispielsweise nicht alle Lebensmittel aus biologischer Produktion stammen. Gemeinsamer Nenner ist aber, dass die Umweltverträglichkeit über das gesamte Leben der Produkte hinweg analysiert wird und dabei sicherlich besser ist als der Durchschnitt der Branche.

Bui Suisse Labelwww.biosuisse.ch

Das Bio Suisse Label stellt anspruchsvolle Anforderungen an die Produkte.

Spartenlabels – die kleine Schwester der Ecolabels

Die sogenannten «Typ I – ähnlichen» Labels, auch Spartenlabels genannt, können mit der ganzheitlichen Betrachtung der Ecolabels nicht ganz mithalten. Sie beziehen sich jeweils auf nur ein Merkmal des Produkts. Ein Beispiel ist das MSC Label für Fisch und Meeresfrüchte. Dieses Label wird an Produkte vergeben, welche aus nachhaltiger Fischerei stammen, also nicht zur Überfischung der Weltmeere beitragen. In dieser Hinsicht gelten sehr hohe Standards, weshalb MSC-Fisch sicherlich empfehlenswert ist. Gleichzeitig fehlen aber Anforderungen in anderen Kategorien, unter anderem was Fairness und soziale Arbeitsbedingungen angeht.

Eines aber haben die Typ I und Typ I–ähnlichen Labels gemeinsam: sie werden von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle kontrolliert. Damit haben beide einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Typ II Labels. Als solche werden Selbstdeklarationen von Unternehmen bezeichnet. Dabei kann es sich um den einfachen Slogan «aus nachhaltiger Produktion» auf einer Milchpackung handeln. Auch Produkte von Migros Sélection oder Qualité & Prix bei Coop fallen unter diese Kategorie. Diese sind potenziell problematisch, denn wenn die Befolgung der festgelegten Kriterien nur intern überprüft wird, ist nicht ausgeschlossen, dass eine Nicht-Einhaltung unter den Teppich gekehrt würde. Leider ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, ob ein Label unabhängig zertifiziert ist. Klarheit lässt sich durch eine kurze Internetrecherche schaffen.

Bio ist nicht gleich Bio

Innerhalb der Biolabels gibt es in den Supermarktregalen eine grosse Vielfalt. Nicht alle erfüllen die gleichen Standards. Die meisten von ihnen befolgen allerdings die ganzheitliche Betrachtungsweise der Ecolabels. Was Lebensmittel betrifft, ist der Begriff «Bio» gesetzlich geschützt. Das heisst es wurden in der Schweizer Bio-Verordnung gewisse Anforderungen festgelegt, welche ein Bioprodukt erfüllen muss. Ist das nicht der Fall, kann der Produzent verklagt werden. Die Anforderungen von Bio Suisse sind allerdings deutlich strenger als gesetzlich vorgeschrieben. Auch befolgt werden diese Kriterien dort, wo im Coop Naturaplan draufsteht.

Das «Migros Bio» Label hält sich was die Produktion im Inland betrifft ebenfalls an die Anforderungen von Bio Suisse. Bei der Verarbeitung und dem Handel der Produkte entsprechen die Kriterien allerdings nur der Schweizer Bio-Verordnung und sind damit weniger streng als diese von Bio Suisse. Für Produkte aus dem Ausland gelten sogar nur die Richtlinien der europäischen Öko-Verordnung, welche noch weniger strenge Vorgaben vertritt.

Damit ist auch klar, weshalb das EU-Biolabel (grünes Blatt bestehend aus Sternen) weniger empfehlenswert ist, als die oben genannten Schweizer Biolabels. Auch dieses orientiert sich nämlich an der Öko-Verordnung der europäischen Union. Auf gleicher Stufe wie das europäische Biolabel befinden sich auch «Natur aktiv» von Aldi oder «Natur pur» von Spar. An dieser Stelle sei allerdings betont, dass auch diese Labels immer noch höhere Standards befolgen, als Lebensmittel aus Produktionen, welche über keine Zertifizierung verfügen.

EU Bio Siegelwikipedia

Das EU-Biosiegel ist nicht in allen Punkten streng, aber trotzdem besser als konventionelle Produkte.

IP: integrierte Produktion

Neben den Biolabels begegnet man beim Einkauf auch dem Begriff der integrierten Produktion, kurz IP. Diese Art der Lebensmittelproduktion wird oft als Kompromiss zwischen biologischer und konventioneller Landwirtschaft gesehen. Wert gelegt wird vor allem darauf, dass Produktion und Verarbeitung ausschliesslich in der Schweiz stattfinden. Ausserdem ist der Gebrauch von chemischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln eingeschränkt, allerdings nicht so stark wie bei Bio-Betrieben.

Labelmässig erkennt man Produkte aus IP-Produktion entweder am roten Marienkäfer von IP-Suisse oder, als Migroskunde oder -kundin, am TerraSuisse Logo. Beide Labels wurden bei einer von der Stiftung Pusch, dem WWF, Helvetas und der Stiftung für Konsumentenschutz verfassten Studie 2015 als empfehlenswert eingestuft und erzielten sogar eine höhere Punktzahl als das Biolabel der EU. Mit den Standards von Bio Suisse kann IP-Suisse allerdings nicht mithalten. Für die Tierhaltung gelten beispielsweise nur die gesetzlichen Mindestanforderungen, an die sich auch Betriebe ohne jegliche Zertifizierung halten müssen. Ausserdem fehlen der integrierten Produktion die sozialen Anforderungen, an welche sich Bio-Betriebe halten müssen.

Science-Check ✓

Studie: Bewertung der Lebensmittel-Labels 2015 KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsIn der Studie erfassten die Autorinnen und Autoren die Massnahmen in verschiedenen Kategorien wie Tierwohl, Biodiversität, Boden, Wasser, Klima, soziale Standards, Kontrolle, Transparenz und weitere. Die Massnahmen wurden verschieden gewichtet und so kam jedes Label am Schluss auf eine andere Punktzahl. Es handelt sich um die Richtlinien, also den Anspruch der Labels. Kontrollen wurden keine durchgeführt. Labels, die externe Kontrollen beinhalten, wurden aber höher gewichtet. Die Studie gibt demnach eine gute Übersicht – ein Abbild der Realität ist sie aber nicht unbedingt. Mehr Infos zu dieser Studie...

Produkte aus dem globalen Süden

Am nachhaltigsten ist der Kauf von regionalen Produkten. Wenns doch mal etwas exotischer sein soll, können Labels wiederum zu einem bewussten Einkauf beitragen. Beim Kauf von Kakao oder tropischen Früchten begegnet man oft dem Fairtrade Label von Max Havelaar. Dieses wurde in der bereits erwähnten Studie als sehr empfehlenswert eingestuft. Befolgt werden einerseits ökologische Kriterien wie der Verzicht auf Gentechnik oder Waldrodungen. Zentral sind aber auch die sozialen Aspekte, korrekte Schulung der Mitarbeitenden, faire Löhne und Antidiskriminierungsmassnahmen. Aber Achtung! Max Havelaar funktioniert nach dem Prinzip «All that can be Fairtrade – must be Fairtrade». Bei zusammengesetzten Produkten wie beispielsweise Schokolade ist es also möglich, dass nicht alle Zutaten aus zertifizierten Betrieben stammen. Dies allerdings nur, wenn keine Möglichkeit besteht, sie aus einem Fairtrade-Betrieb zu beschaffen. Es lohnt sich also, genauer hinzuschauen – die Vertreiber müssen nämlich auf der Verpackung den Prozentsatz der zertifizierten Zutaten angeben.

Weitere Labels für Produkte aus dem globalen Süden sind die Rainforest Alliance sowie UTZ. Sie wurden in der oben erwähnten Studie beide als empfehlenswert eingestuft, hinken aber dem Fairtrade Label in praktisch allen bewerteten Kategorien etwas hinterher.

Informationen sind leicht zugänglich – Eigeninitiative ist gefragt!

Neben den in diesem Text behandelten wichtigsten Labels existiert eine Vielzahl an weiteren Produktedeklarationen. So verwirrend und unübersichtlich die Labels manchmal auch scheinen, sich zurechtzufinden ist gar nicht so schwer. Achte bei Produkten, welche du regelmässig konsumierst, darauf, ob sich auf der Verpackung ein Zeichen befindet. Auf Labelinfo lässt sich ganz einfach überprüfen, ob es sich um ein unabhängig zertifiziertes Label handelt und inwiefern es empfehlenswert ist. Das braucht nicht viel Zeit und allmählich wirst du die wichtigsten Labels sowieso auswendig kennen. Somit näherst du dich Schritt für Schritt einem bewussteren Konsum an und blickst hoffentlich bald durch im Label-Dschungel.

Der vorliegende Beitrag entstand im Rahmen der Sommerakademie «Nachhaltigkeit – People, Planet and Profit unter verschiedenen Gesichtspunkten» der Schweizerischen Studienstiftung und wurde redaktionell begleitet von reatch.

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