Das musst du wissen

  • Elektrische Textilien sind Stoffe, welche Informationen über elektrische Signale weitergeben können.
  • Mit neuen, faserförmigen Sensoren ist es nun möglich, die Bewegungen eines Stoffes zu registrieren.
  • So kann zum Beispiel die Atmung eines Patienten oder einer Patientin aufgezeichnet werden.

Unsere Kleider könnten bald unsere Gesundheit überwachen. Zumindest im Spital: «Stellen Sie sich Laken für Krankenhausbetten oder Kleidungsstücke vor, die die Atmung von Patienten überwachen oder die messen können, wenn einem Patienten Druckstellen durchs lange Liegen drohen», sagt Andreas Leber, Materialforscher und Doktorand an der ETH Lausanne. Er hat nun zusammen mit seinem Gruppenleiter Fabien Sorin elektronische Textilien entwickelt, die das möglich machen. Die Resultate dazu sind im Fachmagazin Nature Electronics veröffentlicht worden.

Science-Check ✓

Studie: Soft and stretchable liquid metal transmission lines as distributed probes of multimodal deformations.KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsEs handelt sich um einen proof-of-concept, es konnte also im Labor gezeigt werden, dass solche Textilien herstellbar sind und funktionieren. Wie sie in der konkreten Anwendung aber tatsächlich einsetzbar sind, muss sich noch zeigen.Mehr Infos zu dieser Studie...

Ziel dabei ist, den Stoff mit Sensoren zu versehen, die registrieren, wie dieser sich bewegt. Bisher setzten Forschende hierfür meist auf Raster einzelner Punktsensoren, wie sie für harte Oberflächen sehr gut funktionieren, etwa bei Touchscreens. Allerdings ist es ungleich schwieriger, solche Sensoren auf Textilien zu platzieren, weil diese weich, beweglich und elastisch sind. Ausserdem können Punktsensoren je nur eine einzige Eigenschaft messen, Druck auf den Stoff zum Beispiel. «Um Bewegungen zu registrieren, reicht das aber nicht», sagt Leber. «Dafür muss man mehrere Verformungen gleichzeitig messen können – Druck, aber auch Dehnung und Drehmoment im Stoff.»

2 Männer vor einer Art WebstuhlzVg

Andreas Leber und Fabien Sorin von der ETH Lausanne bei ihrer Forschung zu den elektronischen Textilien

Elektrische Impulse im Stoff

Um das zu erreichen, haben die Forschenden nun elektrische Fasern entwickelt, die dünn, biegsam und dehnbar sind und sich darum leicht in Textilien einarbeiten lassen. Zudem registrieren die Fasern mehrere Gewebeverformungen gleichzeitig: wo und wie stark etwas auf den Stoff drückt, wie stark der Stoff gedehnt und ob er verdreht wird.

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Das Ganze funktioniert über elektrische Impulse. Dafür braucht es einen Impulsgeber, das ist ein winziges, etwa ein Zentimeter grosses Kästchen. Die Fasern stehen also unter Strom, aber nur in ihrem Inneren, wo die Fasern mit leitenden Kanälchen durchsetzt sind, welche die elektrischen Impulse reflektieren, sobald sich der Stoff verformt. Durch die Zeitverzögerung zwischen einem gesendeten und einem reflektierten Impuls sowie der Intensität des Signals lässt sich dann auf Ort, Stärke und Art der Verformung schliessen. Aussen sind die Fasern aus einem Kunststoff, der keinen Strom leitet.

zVg

Für Roboter mit Gefühl

In Zukunft könnten die neuen Textilsensoren auch für die Robotik interessant sein, sagt Gruppenleiter Sorin. Eines der Probleme von Robotern ist nämlich, dass ihnen eine präzise Rückmeldung ihrer Bewegungen fehlt, etwa wenn sie einen Gegenstand greifen oder einen Menschen berühren – eine Art Druckgefühl, wie wir Menschen es auf der Haut spüren. Ein solches Gefühl könnten ihnen elektronische Textilien vermitteln, in der Robotik spricht man dann von Smart Skins. Als erstes werden die Sensor-Fasern aber wohl im Gesundheitsbereich eingesetzt.

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