Das musst du wissen

  • In vielen Dörfern der Schweiz ist es üblich, dass die Gemeindeversammlung über Einbürgerungen entscheidet..
  • Bei knappen Resultaten spielt der Zufall eine grosse Rolle, ob jemand den Schweizer Pass bekommt oder nicht.
  • Eine Analyse dieser knappen Resultate zeigt: Wer den Schweizer Pass erhält, hat es auf dem Arbeitsmarkt leichter.

Wenn es um die Einbürgerung geht, gibt es zwei Theorien: Die eine besagt, dass die Einbürgerung am Schluss eines gelungenen Integrationsprozesses steht – quasi als Krönung. Laut der zweiten Theorie ist eine Einbürgerung Teil der Integration und trägt positiv dazu bei.

Eine neue Studie mit Daten aus der Schweiz stützt nun die zweite Theorie. Forschende der ETH Zürich und der London School of Economics kamen zum Schluss, dass Eingebürgerte langfristig eine bessere Lohnentwicklung haben als Menschen, deren Einbürgerungsgesuch abgelehnt wird.

Science-Check ✓

Studie: The effect of citizenship on the long-term earnings of marginalized immigrants: Quasi-experimental evidence from SwitzerlandKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsSpannendes Studiendesign: Indem nur knappe Resultate ausgewertet wurden, entstanden zwei Gruppen, die praktisch durch den Zufall unterteilt wurden. Die Forschenden sprechen von einem «natürlichen Experiment». Dank einer ansehnlichen Stichprobe kann man davon ausgehen, dass die Resultate aussagekräftig sind – dennoch ist nicht auszuschliessen, dass andere Faktoren als der rote Pass für den Lohn ausschlaggebend waren.Mehr Infos zu dieser Studie...

Für ihre Studie, die sie in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht haben, haben die Autoren zwei Gruppen verglichen: Menschen, die bei Abstimmungen ihrer Gemeindeversammlung knapp eingebürgert wurden und solche, die den Schweizer Pass nur mit wenigen Stimmen verpasst haben. Das Ergebnis: Die Eingebürgerten verdienten 15 Jahre später rund 13,5 Prozent mehr.

Am meisten von einer Einbürgerung profitiert haben Menschen aus der Türkei und Ex-Jugoslawien – es sind laut den Studienautoren in dem untersuchten Zeitraum die am meisten ausgegrenzten Gruppen.

Die Forschenden stellten sicher, dass die eingebürgerte und die nicht-eingebürgerte Gruppe wirklich vergleichbar waren, indem sie nur die knappen Resultate berücksichtigten. Sie argumentierten, dass bei knappen Einbürgerungs-Abstimmungen der Zufall entschieden hätte. Willkürliche Faktoren wie zum Beispiel das Wetter oder aktuelle Ereignisse hätten hier den Ausschlag geben. Die Gruppen sind sich also sehr ähnlich und somit vergleichbar. So gewannen die Forschenden die Sicherheit, dass auch wirklich der Schweizer Pass für das höhere Einkommen verantwortlich war.

Was könnten die Gründe dafür sein? Frühere Forschung hat gezeigt, dass Arbeitgeber davon ausgehen, dass Menschen mit Migrationshintergrund generell geringere Fähigkeiten haben und das Land mit grösserer Wahrscheinlichkeit wieder verlassen. Sie werden deshalb weniger eingestellt, befördert und gefördert. Unternehmen könnten einen Schweizer Pass als Zeichen einer erfolgreichen Integration deuten und deshalb denjenigen eher eine Chance geben, die einen bekommen haben.

Ein Schweizer Pass kann also bei einer gelungenen Integration ins Arbeitsleben helfen, kommen die Forschenden zum Schluss. Weil dadurch höhere Steuereinnahmen generiert werden und möglicherweise Sozialkosten gespart werden können, profitiert auch die Schweiz davon.

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