Das musst du wissen

  • 68 Prozent von Forschung und Entwicklung in den OECD-Ländern wird durch die Industrie übernommen.
  • Eine Studie, die vom privaten Sektor finanziert wird, verfolgt meist ein Ziel. Unseriös macht sie das noch nicht.
  • Studien können beeinflusst werden – oder landen in der Schublade, wenn sie nicht die gewünschten Resultate erzielten.

Tausende von Forschern sind genau jetzt daran, in unzähligen Studien neue Erkenntnisse zu gewinnen, Millionen pro Studien erscheinen pro Jahr. Doch: Forschung ist teuer. Wer steckt da finanziell eigentlich dahinter?

In den OECD-Ländern wurden 2015 rund 68 Prozent von Forschung und Entwicklung über Industrie-Firmen finanziert. 18 Prozent kamen von den Universitäten und 11 Prozent wurden staatlich finanziert. Nur zweieinhalb Prozent fielen ab auf gemeinnützige Organisationen.

Es gibt also grundsätzlich zwei Sorten von Auftrag- und Geldgebern: Öffentliche Geber in Form von Universitäten, Forschungsinstitutionen und Forschungsprojekten. Und dann gibt es die Privaten: Unternehmen und Non-Profit-Organisationen wie Stiftungen.

Die Privaten erstellen oft eigenen Studien – oder beauftragen Institute damit. Viele Firmen, zum Beispiel solche aus der Pharma-Industrie, sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Produkte mittels Studien zu prüfen. Klinische Studien, also solche am Menschen, müssen in der Schweiz und in der EU von den Ethikkommissionen der jeweiligen Länder bewilligt werden.

Private verfolgen klare Ziele

Eine Studie, die vom privaten Sektor finanziert wird, verfolgt meist ein klares Ziel. Unseriös muss eine von Privaten finanzierte Studie zwar nicht sein. Auch sind gesponserte Studien methodisch nicht unbedingt schlechter gemacht als nicht gesponserte, wie Analysen zeigen, zumal Pharma-Firmen beispielsweise ganze Abteilungen haben, die sich nur um die Methodik kümmern. Trotzdem kommen gesponserte Studien tendenziell häufiger zu positiven Resultaten, wie eine Studie bei Arzneimitteln zeigt. Dies könnte aber auch daran liegen, dass zum Beispiel Pharma-Firmen ihre Studien im Vorfeld besser absichern, beispielsweise über Vorgängerstudien. Bei Medikamenten herrschen zudem sehr strikte Regeln: So müssen hier jeweils zwei unabhängige Studien die Wirksamkeit belegen.

Die Forscher von gesponserten Studien könnten aber auch befangen sein – hiervon sind aber auch staatlich finanzierte Wissenschaftler nicht gefeit.

Studien-Ergebnisse beeinflussen

Es gibt eine Reihe von Tricks, die Auftraggeber – sowohl staatliche wie private – anwenden können, um ein Studienresultat zu beeinflussen. Dies passiert bei weiten nicht bei allen Studien – ist aber theoretisch möglich.

  • Sie stellen Fragen, deren Antwort nur Ja sein kann. Zum Beispiel: Nehme ich ab, wenn ich weniger esse? Natürlich!
  • Sie wählen minderwertige Vergleichsprodukte, um wahrscheinlicher zu machen, dass ihre Produkte besser abschneiden.
  • Sie verwenden eine nicht repräsentative Stichprobe aus Probanden. Zum Beispiel: Für eine Diät werden nur Leute untersucht, die sowieso schnell abnehmen.
  • Wenn sie hingegen das Gewünschte ergibt, wird die Studie mehrmals publiziert: Zuerst als einzelne Studie und dann als sogenannter Review – also als Übersicht über bestehende Studien.
  • Der Auftraggeber macht nur so lange Überblicksstudien, wie es nicht genügend Studien gibt, die seinen Interessen zuwiderlaufende Schlüsse ziehen. Ein Getränkehersteller würde also dann einen Review machen, wenn der Grossteil der bisher veröffentlichten Studien zum Schluss kommen, dass ihr Süssgetränk nicht dick macht. Wenn die Mehrzahl der Studien aber zum Schluss kommt, dass das Getränk dick macht, also ein Konsens besteht, wird das Unternehmen kein Review in Auftrag geben.
  • Studien benutzen manchmal die Sprache, um zu verschleiern. So geben sie zum Beispiel dem Abstract, also der Kurzzusammenfassung, einen positiven Dreh, obwohl ein negatives Resultat herausgekommen ist. Dies kann bewusst oder unbewusst geschehen.
  • Auftraggeber erstellen manchmal statt einer Studie eine Umfrage – denn diese muss keine wissenschaftlichen Standards erfüllen. Dies ist ein Instrument der PR-Industrie. Diese Umfragen werden entweder persönlich, telefonisch oder online geführt.
  • Wenn das Studienresultat nicht wie gewünscht ausfällt, verschwindet die Studie in der Schublade.

Nicht alle Studien landen in der Öffentlichkeit

Dieser letzte Punkt ist keine Seltenheit und ist als «publication bias» bekannt: Sind die Resultate einer Studie nicht positiv, nicht neu oder komplex, stossen sie auf weniger Interesse. Sie werden weniger häufig bei Fachmagazinen eingegeben und schaffen es auch weniger häufig hinein. Die Fachmagazine spiegeln also eine verzerrte Realität wieder.

Grundsätzlich gilt also: bei weitem nicht alle Studien werden veröffentlicht. Selbst bei den klinischen Studien – also den Tests an Menschen – bei denen in vielen Ländern eine Veröffentlichungspflicht gilt, passiert dies nicht immer und oft mit mehreren Jahren Verzögerung.

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