Das musst du wissen
- Demenz wird in unserer Gesellschaft aufgrund des steigenden Alters immer häufiger.
- Meist tritt sie wegen einer Alzheimererkrankung auf.
- Was diese Erkrankung auslöst, ist nicht restlos geklärt – es besteht aber ein Zusammenhang zu negativen Denkmustern.
In der Schweiz leben über 128 000 Menschen, die an Demenz leiden, meist aufgrund einer Alzheimererkrankung. Jedes Jahr kommen 30 000 Neuerkrankte dazu – Tendenz steigend. Denn aufgrund des demografischen Wandels gibt es immer mehr betagte Menschen, darum wird auch Demenz häufiger. Ein Heilmittel dagegen gibt es nicht, auch die auslösenden Faktoren sind nicht restlos geklärt. Nun hat ein internationales Forscherteam entdeckt, dass negative Gedankenmuster mit einem höheren Demenzrisiko verknüpft sind. Diese Resultate hat das Team im Fachjournal Alzheimer’s & Dementia publiziert.
Zukunftssorgen und Grübelei
Die Forschenden haben 360 gesunde Männer und Frauen im Alter von über 55 Jahren während mehrerer Jahre periodisch untersucht. Zum einen haben sie mit einem Fragebogen ermittelt, wie häufig und stark bei den Probanden negative Gedankenmuster ablaufen. Von negativen Gedankenmustern sprechen Ärzte und Psychologen, wenn Menschen immer wieder an Vergangenem herumgrübeln oder sich laufend Sorgen um die Zukunft machen, und diese Gedanken kaum loslassen können.
Science-Check ✓
Studie: Repetitive negative thinking is associated with amyloid, tau, and cognitive declineKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie zeigt eine Korrelation von negativen Gedankenmustern und Demenz, kann aber keine Kausalität belegen. Sie gibt aber einen Hinweis für weitere Forschung.Mehr Infos zu dieser Studie...Zum anderen haben die Probanden Tests zu ihrer geistigen Leistungsfähigkeit absolviert, etwa zum Gedächtnis oder zur Aufmerksamkeitsfähigkeit. Bei einem Teil der Testpersonen wurde zudem mit Hirnscans untersucht, ob sie Alzheimer-typische Proteinablagerungen aufwiesen. Denn man weiss, dass solche Ablagerungen schon 15 bis 20 Jahre vor den ersten Symptomen nachweisbar sind.
Auf diese Weise fanden die Forschenden einen klaren Zusammenhang zwischen negativen Gedankenmustern und dem Risiko von geistigem Abbau. Auch hatten Probanden, die zu negativen Denkmustern neigten, eher Alzheimer-typische Ablagerungen im Gehirn. «Dennoch wäre es verfrüht zu sagen, negative Denkmuster seien ein Auslöser für Demenz», sagt Stefan Klöppel, Demenzforscher bei den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern. Denn der Zusammenhang könnte auch umgekehrt entstehen: Erste Alzheimer-Symptome könnten Patienten pessimistischer machen.
Stefan Klöppel
Stefan Klöppel ist Ärztlicher Direktor der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern und spezialisiert auf nicht-medikamentöse Therapieformen bei kognitiven Störungen. Er erforscht und entwickelt beispielsweise Gedächtnisspiele, die Patienten in einem frühen Alzheimerstadium helfen sollen, ihr Gedächtnis zu trainieren. Das soll den Verlauf der Krankheit verlangsamen und Patienten helfen, im Alltag besser zurechtzukommen. Zudem untersucht er mittels bildgebenden Verfahren die Lernmechanismen des Gehirns und erprobt, wie sich das Gedächtnis während bestimmten Schlafphasen unterstützen und trainieren lässt.
Meditieren gegen negative Gedanken?
Plausibel seien negative Gedanken als Auslöser aber durchaus, sagt Klöppel. So war zuvor schon bekannt, dass Menschen mit Depressionen ein höheres Alzheimerrisiko haben. Und aus der Persönlichkeitsforschung weiss man, dass das auch für Menschen mit einem neurotischen Persönlichkeitsteil gilt, der ebenfalls mit negativen Denkmustern verknüpft ist. Wichtig ist aber: «Es geht dabei um chronische Denkmuster über eine längere Zeit, nicht um jede Grübelei oder Sorge, die man sich macht», sagt Klöppel. «Wenn wir jeden negativen Gedanken als Schritt zur Demenz auffassen, erzeugt dies vermutlich nur noch mehr negative Gedanken, vielleicht auch Depressionen.»
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Das Forschungsteam empfiehlt jedenfalls, künftig mehr Augenmerk auf Strategien zu legen, um solche Muster loszulassen, etwa mit Meditation. Der nächste Schritt des Teams ist nun eine Studie, die den Effekt von Meditation auf das Demenzrisiko prüfen will.