Das musst du wissen

  • Immer wieder gelangen Himmelskörper aus dem interstellaren Raum in unser Sonnensystem und verlassen dieses wieder.
  • 2017 wurde das erste derartige Objekt entdeckt, ein asteroidenähnlicher Himmelskörper mit dem Namen Oumuamua.
  • Berechnungen zeigen, dass Jupiter solche Objekte ablenken und sie so ins Sonnensystem bringen könnte.

Kometen, die plötzlich am Himmel aufleuchten, nur um nach wenigen Wochen oder Monaten wieder zu verschwinden, faszinieren die Menschheit seit Jahrhunderten. Woher kommen diese exotischen Objekte?

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Nach der gängigen Theorie, die auf den niederländischen Astronomen Jan Oort zurückgeht, schleuderten die Gasplaneten Objekte in die Aussenregionen des Sonnensystems, als dieses noch sehr jung war. Dort bildeten die eisigen Brocken und Staubpartikel eine Art Wolke. Vorbeiziehende Sterne können diese Objekte zurück ins Innere Sonnensystem schicken, wo wir sie als Kometen beobachten. Diese langperiodischen Kometen aus der Oortschen Wolke benötigen oft viel mehr als 200 Jahre für eine Umlaufbahn um die Sonne.

«Wir zeigen einen zweiten möglichen Ursprung für solche Kometen», sagt Tom Hands, Postdoc am Institut für Computergestützte Wissenschaften der Universität Zürich: «Sie können auch vor nicht allzu langer Zeit aus dem interstellaren Raum eingefangen werden.» Zwei interstellare Besucher machten in den letzten Jahren Schlagzeilen. 2017 wurde das erste derartige Objekt entdeckt, ein asteroidenähnlicher Himmelskörper, der den Namen Oumuamua erhielt. Im August 2019 fand der Amateurastronom Gennady Borisov einen weiteren Kometen, der aus dem interstellaren Raum kam und das Sonnensystem wieder verlassen wird.

Oumuamua und Komet Borisov sind beides Überreste der Planetenentstehung in anderen Sternsystemen, so wie unsere Kometen und Asteroiden als Überreste der Planetenentstehung im Sonnensystem angesehen werden.

Simulation von 400 Millionen Objekten

Nach der Entdeckung der ersten beiden interstellaren Objekte untersuchten Tom Hands und Walter Dehnen von der Universität München mit Computersimulationen, wie die Besucher aus den Tiefen des Weltalls von unserem Sonnensystem eingefangen werden könnten. «Diese blinden Passagiere bilden sich um ferner Sterne herum, bevor sie in unsere Richtung geschleudert werden, nach einer Reise über viele Lichtjahre Jupiter begegnen und ins Sonnensystem eingefangen werden», erklärt Hands. «Wir haben 400 Millionen solche Körper simuliert, wie sie sich Sonne und Jupiter nähern.» Dabei verwendeten die Forscher realistische Geschwindigkeiten basierend auf Daten der Gaia-Mission, und untersuchten, wie die Objekte auf ihrem Weg durchs Sonnensystem mit Jupiter wechselwirken.

Ihre Berechnungen führten sie am Vesta-Cluster der Universität Zürich durch. «Wir haben ein Programm verwendet, das auf Grafikprozessoren und nicht auf herkömmlichen Computerprozessoren läuft, um eine so grosse Anzahl von Objekten in kurzer Zeit zu simulieren», erklärt Hands. «Die Berechnungen dauerten insgesamt zwei Tage mit rund 70 Grafikkarten, also etwa 140 Tage, wenn wir nur eine Karte benutzt hätten und viel, viel länger, wenn wir einen normalen Desktop-Computer-Prozessor verwendet hätten.»

Die Ergebnisse der Simulationen, die jetzt in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (MNRAS) veröffentlicht wurden, zeigen, dass Jupiter in einer kleinen Minderheit der Fälle die Bahn der Objekte hinreichend ablenkt, um sie ins Sonnensystem einzufangen. «Obwohl die Wahrscheinlichkeit eines Einfangs gering ist, könnten zwischen einigen hundert und hunderttausend dieser interstellaren Kometen die Sonne umlaufen», sagt der Astrophysiker. Die Bahnen der gefangenen Objekte gleichen jenen von langperiodischen Kometen, welche die Menschheit seit Jahrhunderten beobachtet. Das heisst, sie verstecken sich quasi in Sichtweite. «Wenn wir einen identifizieren könnten, hätten wir eine echte Chance, die Zusammensetzung von Material aus einem anderen Sternsystem genau zu untersuchen», sagt Hands.

Die Esa hat kürzlich eine Mission namens «Comet Interceptor» ausgewählt, die zu einem langperiodischen oder interstellaren Kometen fliegen soll. Die Universität Bern wird für diese Mission das Kamerasystem und das Massenspektrometer zur Verfügung stellen und nach Unterschieden zwischen diesen Objekten und denjenigen Kometen suchen, von denen bekannt ist, dass sie ihren Ursprung in unserem Sonnensystem haben.

higgs präsentiert in dieser Sommerserie zum Weltall Inhalte, die im Rahmen des Forschungsschwerpunkts PlanetS entstanden sind. Diese sind erstmals auf der Webseite des National Centre of Competence in Research PlanetS publiziert worden. Der Forschungsschwerpunkt PlanetS wurde im Juni 2014 vom Schweizerischen Nationalfonds lanciert. Daran beteiligt sind Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Universitäten Bern, Genf und Zürich, sowie der ETH Zürich und der EPF Lausanne.
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