In Mitteleuropa und insbesondere in der Schweiz sind in den nicht alpinen Regionen Laubbäume heimisch, sie werden die Fichte (Picea abies) wieder verdrängen. Dieser Prozess wird begünstigt durch die Bestrebungen, von Fichtenmonokulturen zu natürlichem Mischwald zurückzukehren, und durch den Klimawandel.

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Laubholz und insbesondere die Buche (Fagus sylvatica) hat eine höhere Festigkeit als das im Holzbau mehrheitlich eingesetzte Fichtenholz. Brettschichtholz aus Laubholz wird trotz diesem Vorteil nur selten eingesetzt, unter anderem wegen des höheren Einheitspreises. Deshalb ist die Buche den meisten Leuten einzig als gutes Brennholz bekannt. Um diesen Umstand zu ändern, hat die Fagus Suisse SA zusammen mit Forschenden des Instituts für Werkstoffe und Holztechnologie IWH der BFH das Buchenstabschichtholz entwickelt.

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Der Trend zu filigranen Strukturen fordert höhere Tragfähigkeit
von Holz. Buchenstabschichtholz bietet Hand.

Neue Marktchance für Schweizer Buche

Mit der Innovation des Buchenstabschichtholzes werden Träger mit einer Biegefestigkeit von über 60 Megapascal (MPa) möglich. Zum Vergleich: Das momentan auf dem Markt erhältliche Brettschichtholz aus Fichte hat eine Festigkeit von 24 bis 32 MPa, und mit den aktuell bekannten Prozessen wird bei Laubholz-Brettschichtholz eine Festigkeit von 48 MPa erreicht. Diese anvisierte Steigerung der Festigkeit von 25 bis 150 Prozent auf 60 MPa schafft neue Marktchancen für das Holz aus Schweizer Wäldern.

Höhere Festigkeit

Weil die Länge des Rohmaterials begrenzt ist, müssen Bretter in einem Brettschichtholzträger gestossen werden. Im Gegensatz zum Brettschichtholz sind bei hochfestem Stabschichtholz diese Stösse kontrolliert und versetzt angeordnet. Damit wird der negative Einfluss der Stösse auf die Festigkeit auf ein Minimum reduziert, und es können höhere Festigkeiten garantiert werden. Ein grosser Vorteil von Brettschichtholz ist der sogenannte Lamellierungseffekt, der zu einer Homogenisierung der Eigenschaften führt und gleichzeitig die Grösse einzelner Holzmerkmale limitiert. Beim Stabschichtholz wird dieser Effekt sogar in zwei Richtungen ausgenutzt. Zusätzlich bewirkt diese zweifache Lamellierung, dass das benötigte Rohmaterial einen kleineren Querschnitt hat. Dies bringt eine höhere Ausbeute bei höheren Festigkeiten.

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Mit der Innovation des Buchenstabschichtholzes werden Träger
mit einer Biegefestigkeit von über 60 Megapascal (MPa) möglich.

Klebefuge ist nicht die Schwachstelle

Die Verklebung des Stabschichtholzes geschieht mittels Hochfrequenzpresse. Diese Technologie ermöglicht eine Reduktion der Presszeiten von Stunden auf Minuten. Das Verfahren wurde bislang noch nicht für die Verklebung von Buchenholz für tragende Elemente angewendet. Die bei Fichtenholz erprobten sowie bekannten Parameter und Klebstoffe führten bei Buche zu keiner Verklebung, die die Anforderungen der Normen an die Festigkeit und Dauerhaftigkeit erfüllt.

Die Qualität einer tragenden Verklebung wird meist mit der Beständigkeit gegen Delaminierung geprüft. Bei dieser Prüfung wird das Holz zuerst in einem Imprägnierungsprozess komplett mit Wasser gesättigt. Je nach Holzart nimmt es etwa das Ein- bis Dreifache des Eigengewichts an Wasser auf. Diese Wasseraufnahme führt zu einer deutlichen Quellung des Holzes. Nach der Sättigung mit Wasser wird der Prüfkörper innerhalb kurzer Zeit (ca. 20 Stunden) wieder rückgetrocknet. Dieser Wasserverlust führt dazu, dass die trockeneren Zonen im Holz wieder schwinden und Zwängungskräfte entstehen, die Risse erzeugen.

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Parallel zu den Forschungsarbeiten hat die Fagus Suisse SA im jurassischen Les Breuleux das Produktionswerk aufgebaut.

Ziel muss sein, dass sich diese Risse im Holz und nicht in der Klebefuge bilden. Damit ist garantiert, dass die Festigkeit der Verklebung höher ist als jene des Holzes. So ist die Klebefuge auch keine Schwachstelle im Träger. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden mittels Parameterstudie verschiedene Klebstoffe evaluiert und die Parameter für eine normgerechte Verklebung definiert.

Hohe Festigkeiten erfordern eine zuverlässige Sortierung

Holz ist ein Naturprodukt, dessen Eigenschaften stark variieren, dies gilt auch für die Festigkeit und die Steifigkeit (E-Modul). Für das E-Modul gibt es etablierte zerstörungsfreie Messverfahren. Die Festigkeit wird über verschiedene messbare und visuelle Parameter abgeschätzt. Die bekannten Korrelationen zwischen der Dichte, dem E-Modul und der Festigkeit verlieren die Gültigkeit, wenn das untersuchte Brett Holzmerkmale wie zum Beispiel Äste, Risse sowie starke Faserneigung aufweist. Die Bestimmung des Einflusses der Holzmerkmale auf die Festigkeit wurde durch eine visuelle Aufnahme der Holzmerkmale sowie eine Messung von Dichte und E-Modul mit anschliessender zerstörerischer Bestimmung der Zugfestigkeit durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden über 250 Stäbe mit einem Querschnitt von 40 × 40 mm in unterschiedlichen Längen geprüft. Die mittlere Festigkeit der Stäbe ist mit ca. 64 MPa erfreulich hoch, dies zeigt zusammen mit dem maximalen Wert von 125 MPa das enorme Potenzial der Buche als Bauholz. Gleichzeitig zeigt der tiefste Wert von ca. 4 MPa, wie wichtig es ist, das Holz zu sortieren und den Einfluss der Holzmerkmale auf die Festigkeit zu kennen.

Im Rahmen des Projekts wurden die notwendigen Parameter erarbeitet, die dem Wirtschaftspartner unter Berücksichtigung der Ausbeute eine Sortierung des Rohmaterials nach Festigkeitsklassen erlauben.

Forschung und Wirtschaft Hand in Hand

Parallel zu den Forschungsarbeiten an der BFH hat die Fagus Suisse SA im jurassischen Les Breuleux das Produktionswerk aufgebaut. Mit dessen Inbetriebnahme ist inzwischen der letzte Schritt im Projekt angelaufen. Aktuell werden die Forschungserkenntnisse in die Industrie transferiert und die Resultate validiert. Dies geschieht nicht nur durch das Testen der Produkte, sondern auch durch die intensive Zusammenarbeit der beiden Projektpartner, des BFH-Instituts für Werkstoffe und Holztechnologie und der Fagus Suisse SA. Forschungsmitarbeitende der BFH schulten deshalb im Produktionsbetrieb vor Ort die Mitarbeitenden der Fagus Suisse SA und halfen mit ihrem Know-how beim Anpassen der Produktionsparameter an die Gegebenheiten der industriellen Produktion. Dieses Vorgehen ermöglichte einen intensiven und effektiven Wissenstransfer zum Wirtschaftspartner.

Dieser Beitrag stammt von der Berner Fachhochschule BFH. Er erschien erstmals im BFH-Magazin «spirit biel/bienne» 2020/2.
Kontakt zum Projektverantwortlichen: Dr. Martin Lehmann, Stv. Leiter Kompetenzbereich Klebstofftechnologie und Polymerchemie, BFH.
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Berner Fachhochschule BFH

Hier präsentiert die Berner Fachhochschule BFH Geschichten aus der Forschung.
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