Das musst du wissen

  • Deepfakes sind computergenerierte, sehr real wirkende Videos, die sich rasant im Internet verbreiten.
  • Forschende haben ein Programm entwickelt, das Herzschlag und Atmung im Video erkennt und so Deepfakes enttarnt.
  • Obwohl das Programm vielversprechend ist, könnte es bald Deepfakes geben, die es austricksen.
Den Text vorlesen lassen:

Der Videobeweis ist tot, denn authentisch wirkende, computergenerierte Videos haben das Internet erobert. Sogenannte Deepfakes gibt es schon seit einigen Jahren. Doch die Technologie hat sich durch frei zugängliche Apps stark verbreitet. Heute genügen ein paar Handgriffe mit dem Smartphone und schon hat man ein künstliches Video erstellt. Auf die Zuverlässigkeit von Videomaterial können wir uns also nicht mehr verlassen. US-amerikanische Forschende haben nun ein Programm entwickelt, das Deepfake-Videos enttarnt. Dafür nutzen sie einen feinen Unterschied zwischen realen und computergenerierten Videos: Anzeichen von biologischen Abläufen im menschlichen Körper sind nur in echten Videos zu finden. Eine Studie dazu veröffentlichten die Forschenden in der Zeitschrift IEEE Transactions on Pattern Analysis and Machine Intelligence.

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Wie Computer den Blutkreislauf auf Video erkennen

Herzschlag, Blutkreislauf oder die Atmung sehen wir Menschen in einem Video nicht von blossem Auge – aber ein Computer-Programm schon. Wenn zum Beispiel Blut durch die Adern strömt, verändert sich der Reflexionsgrad der Haut, das Licht wird von der Haut also anders reflektiert.

Doch wie erkennt das ein Computer? Durch ein Verfahren namens Photoplethysmographie oder PPG. Eine Technologie, die zum Beispiel auch einige Smartwatches nutzen, um den Puls am Handgelenk zu messen: Dabei sendet die Uhr Infrarotstrahlen auf das Handgelenk und misst dann die Reflexion der Haut. Der Farbstoff der roten Blutkörperchen absorbiert die Strahlung wesentlich stärker als der Rest des Gewebes und so wird der Blutfluss erkennbar.

Mit einer ähnlichen Methode können Forschende den Puls auch messen, wenn sie nur ein Video von einer Person zur Verfügung haben. Dafür wird erst eine bestimmte Region des Gesichts ausgewählt, meist die Gesichtspartie zwischen Mund und Augenbrauen, da sich dort die meisten Blutgefässe befinden. Danach untersucht ein Computer die Farbzusammensetzung jedes einzelnen Pixels während das Video läuft. Jedes Pixel hat einen durchschnittlichen Farbwert von Rot, Blau oder Grün, der sich wegen der Blutzirkulation stetig verändert. Von blossem Auge ist dies aber nicht zu erkennen. Der Computer rechnet aus, wie stark jede Farbe wann im Gesicht vertreten ist. Mit einer grafischen Darstellung dieser Farbzusammensetzung können Wissenschaftler daran die Herzfrequenz messen.

Nun entwickelten Forschende erstmals ein Programm, das diese Technologie zur Deepfake-Erkennung nutzt. Mittels Gesichtserkennung findet der Computer Gesichter im Video und prüft diese mit dem PPG-Verfahren auf biologische Vorgänge. Sind diese nicht vorhanden oder weichen von normalen Funktionen ab, ist das Video gefälscht. Das Programm testeten die Forschenden an 2008 Videos – die Hälfte davon echt, die andere Deepfakes, generiert aus den echten Videos.

Science-Check ✓

Studie: FakeCatcher: Detection of Synthetic Portrait Videos using Biological SignalsKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie arbeitet mit besonders vielen Videos, die spezifisch für die Forschung zu Deepfakes gesammelt und generiert wurden. Die Probevideos wurden so erstellt, dass sie Videos im Netz in Qualität und Art ähneln. Allerdings stammen die verwendeten Videos aus dem Jahr 2018 und repräsentieren somit den aktuellen technischen Stand von Deepfakes nicht.Mehr Infos zu dieser Studie...

Die Resultate sind vielversprechend: Das Programm identifizierte rund 97 Prozent aller computergenerierten Videos. Damit ist der Kampf gegen Deepfakes aber noch nicht gewonnen. Zwar gibt es bis jetzt kein Programm, das zum Beispiel die Licht-Reflexion der Haut in einem Video nachahmen kann. Doch wegen des rasanten technischen Fortschritts könnte sich das bald ändern. Dann würde selbst die PPG-Methode Deepfakes nicht mehr erkennen. Videos werden ihre Vertrauenswürdigkeit also nicht so schnell wiederbekommen.

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