In Graubünden sind hunderte von römischen Artefakten gefunden worden. Die Funde – darunter ein Dolch, gut erhaltene Schleuderbleie, Münzen, Schuhnägel und ein Teil eines Schildes – blieben vermutlich nach einem Zusammenstoss zwischen Römern und einem lokalen Stamm um 15 v.Chr. auf dem Schlachtfeld zurück.

Begonnen hatte alles mit Lucas Schmid, der ehrenamtlich für den Archäologischen Dienst Graubünden tätig ist: Vor gut zwei Jahren war er in einer abgelegenen Ecke im Südosten der Schweiz, in der Nähe der Crap-Ses-Schlucht zwischen Tiefencastel und Cunter, mit Hilfe eines Metalldetektors auf einen gut erhaltenen römischen Dolch gestossen.

Schon früher waren an diesem Ort Artefakte ausgegraben worden. Fachleute waren aber davon ausgegangen, dass die Fundstelle bei früheren Grabungen leergeräumt worden war.

Lucas SchmidLucas Schmid

Der Zahnarzt Lucas Schmid wird in seiner Freizeit weiterhin nach antiken Fundstücken suchen.

Schmid hatte dennoch weitergesucht und schliesslich diese Einschätzung widerlegt, als er den rund 2000 Jahre alten römischen Dolch entdeckte. «Das Signal des Metalldetektors war sehr unauffällig und leise. Zuerst deutete nichts auf einen derart grossen Fund hin», sagt der Hobbyarchäologe.

«Doch als ich tiefer grub, stieg die Spannung. Ich wusste, dass es sich um einen alten Gegenstand handeln musste», so Schmid weiter. «Als ich ein Ende des Objekts freigelegt hatte, sah ich, dass es ein Dolch war. Als ich dann sah, dass es ein kompletter Dolch ist, war ich überglücklich.»

«Dies ist sicherlich mein bisher spektakulärster Fund. Aber auch kleinere Funde wie Münzen oder Fibeln [Broschen] können sehr wichtig sein, da sie leicht zu datieren sind», sagt Schmid.
Die Entdeckung des Dolchs weckte die Aufmerksamkeit eines Archäologie-Teams der Universität Basel, das letzten September bei der Durchsuchung eines Teils des rund 35 000 Quadratmeter grossen Geländes mehrere hundert weitere Objekte fand. Diese Artefakte werden jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Wie spielte sich die Schlacht ab?

Aufgrund der Funde wird angenommen, dass in der Nähe von Cunter im heutigen Kanton Graubünden eine Schlacht zwischen römischen Truppen und einem lokalen rätischen Stamm stattgefunden hat.

«Es ist das erste Mal, dass Überreste eines römischen Schlachtfeldes in der Schweiz gefunden wurden», sagt Peter Schwarz, Professor für Provinzialrömische Archäologie an der Universität Basel.

«Es scheint, dass die Römer ihre Feinde auf der einen Seite des Tals angriffen und sie dann über einen Fluss auf die andere Seite trieben, bevor sie erneut angriffen.»

Schwarz denkt, dass bis zu 1500 Soldaten an dem Kampf beteiligt waren. Im Vergleich zu anderen römischen Schlachtfeldern in Europa stellt dies ein eher unbedeutendes Scharmützel dar.

Die Münzen und die Art der Schuhnägel sind ein sicherer Beweis für den Zeitraum der Schlacht. Das Forschungsteam hofft jedoch, das Datum noch weiter eingrenzen zu können. Und stellt die Hypothese auf, dass die Schlacht mit einem bekannten Erlass des römischen Kaisers Augustus zusammenhängen könnte, der das Gebiet im Jahr 15 v.Chr. unter römische Kontrolle brachte.

Weiterhin Hobbyarchäologe

«Solange ich mich erinnern kann, haben mich Archäologie und Geschichte interessiert», sagt Schmid, der vor kurzem seine Ausbildung zum Zahnarzt abgeschlossen hat. «Schon als Kind liebte ich es, Schlösser zu besichtigen und zu erforschen.»

Der 26-Jährige hat keine Pläne für einen Berufswechsel in die Archäologie, will aber seinem Hobby mit dem Metalldetektor im Gelände weiterhin nachgehen.

«Ein grosser Teil meiner Tätigkeit besteht aus der Planung mit Luftbildern, Geomodellen und historischen Unterlagen zu allfälligen Fundstellen. Das ist sehr wichtig, denn selbst ein guter Fund verliert seine wissenschaftliche Aussagekraft, wenn er nicht entsprechend dokumentiert wird.»

Weitere Ausgrabungen nächstes Jahr

Gräber wurden auf dem bisher untersuchten Gelände keine entdeckt, und es ist auch nicht bekannt, wie viele Menschen in der Schlacht ums Leben gekommen sein könnten. Um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, werden die Ausgrabungen, die von der Universität Basel in Zusammenarbeit mit kantonalen und eidgenössischen Behörden organisiert werden, im nächsten Jahr weitergehen.

Im Zeitraum der Schlacht siedelten rätische Stämme in den Ostalpen, darunter Teile des heutigen Österreichs und Italiens. Die Römer eroberten die Region und nannten das Gebiet unter Augustus Rätien. Aus dem schweizerischen Teil Rätiens wurde schliesslich der heutige Kanton Graubünden.

Archäologische Zeugnisse der römischen Besiedlung der Schweiz werden regelmässig ausgegraben. Einer der bisher spektakulärsten Funde ist eine Mosaiksammlung in der Westschweizer Stadt Orbe.

Dieser Text erschien zuerst bei swissinfo und wurde von Rita Emch aus dem Englischen übertragen.
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