Das musst du wissen
- Eine Studie der University of Waterloo untersuchte, wie sehr die Wortwahl unsere Meinung beeinflussen kann.
- Sie fanden heraus, dass wir Handlungen eher zustimmen, wenn sie mit positiven Worten beschrieben werden.
- Und je mehr Unsicherheit über die Umstände herrschte, desto einfacher liessen sich die Probanden manipulieren.
Ob Fake News in den Sozialen Medien, Werbungen oder Wahlreden: In der heutigen Zeit ist die – zumindest versuchte – Manipulation allgegenwärtig. Doch wie anfällig sind Menschen auf solche sprachlichen Beeinflussungen? Das hängt von der Ausdrucksweise ab: Einer mit positiven Worten beschriebenen Handlung stimmen wir eher zu als einer mit negativer Umschreibung. Dies legt eine Studie der Universität Waterloo in Kanada nahe, die im Fachmagazin Cognition erschienen ist.
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Studie: Controlling the narrative: Euphemistic language affects judgments of actions while avoiding perceptions of dishonestyKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Anzahl Probanden ist relativ klein, was die Aussagekraft der Studie einschränkt. Zudem stammen alle Teilnehmenden aus den USA. Die Resultate können also nicht verallgemeinert werden. Weitere Einschränkungen sind zum einen, dass die Probanden nichts über die Person wussten, die die Sätze geäussert hat. Im echten Leben würde das beeinflussen, wie die Aussage aufgenommen wird. Zum anderen hängt es von den Empfängern ab, wie überzeugend eine Nachricht auf sie wirkt. Die Stärke der Beeinflussung ist also individuell.Mehr Infos zu dieser Studie...Für ihre Untersuchung führten Forschende aus dem Gebiet der Psychologie eine Serie von vier Studien durch, in denen je zwischen drei- und achthundert US-Einwohner einen Online-Fragebogen ausfüllten. Sie wollten herausfinden, wie sich positive oder negative Umschreibungen auf die Bewertung einer Handlung auswirken. Im ersten Fall sprechen Fachleute von sogenannten Euphemismen, bei negativen Umschreibungen von Dysphemismen. Die Forschenden legten den Probanden also Sätze vor, die Handlungen beschreiben und jeweils einen Eu- oder Dysphemismus enthielten. Zum Beispiel: «Emily arbeitet in einer Schlachterei.» Oder: «Mitchell, ein politischer Extremist, protestiert vor der Stadthalle.» Die andere Gruppe erhielt die Sätze «Emily arbeitet in einem Fleischverarbeitungsbetrieb.» Und «Mitchell, ein politischer Aktivist, protestiert vor der Stadthalle.»
Dann mussten die Probanden einschätzen, wie sehr sie den Aussagen zustimmen. Zum anderen bewerteten sie, wie wahr, glaubhaft, moralisch korrekt, kritikwürdig oder irreführend sie die Handlungen fanden. Hierbei haben die Forschenden zum Vergleich auch erkennbare Lügen unter die zu bewertenden Sätze gemischt. So zum Beispiel die Aussage: «Mitchell griff bei einem Protest vor der Stadthalle brutal politische Gegner an.» Eine beigelegte Beschreibung machte jedoch klar, dass es gar nicht zu Gewalt gekommen war. So konnten die Psychologen herausfinden, ob die Teilnehmer zwischen irreführenden, aber nicht grundsätzlich falschen Umschreibungen und tatsächlichen Lügen unterscheiden können.
Was dabei heraus kam: Die Probanden stimmen einer Handlung, die mit einem Euphemismus beschrieben wurde, mehr zu als einer negativ formulierten. Allerdings verringerte sich der Unterschied, wenn das Forschungsteam im Fragebogen zusätzlich auch die Umstände der Handlung genauer beschrieb. Oder umgekehrt: Je mehr Unsicherheit über eine Handlung, ein Ereignis oder eine Idee herrschte, desto leichter konnten die Meinungen darüber manipuliert werden. Zudem empfanden die Teilnehmenden Aussagen, in denen lediglich irreführende, aber nicht falsche Umschreibungen verwendet wurden, als glaubwürdiger, moralischer und weniger kritikwürdig als Lügen. Auf der anderen Seite glaubten die Befragten negativ formulierten Aussagen eher als solchen mit positiver Wortwahl und fanden sie insgesamt weniger irreleitend. Auf den ersten Blick scheint das überraschend. Es zeigt aber: Wenn die Möglichkeit bestand, dass etwas schöngeredet wurde, waren die Befragten mehr auf der Hut.
Damit zeigt diese Studie, dass schon kleine Änderungen in der Wortwahl beeinflussen können, was man über eine Handlung denkt. Obwohl sie nicht klären konnten, woran genau das liegt, vermuten die Forschenden Folgendes: Eine positive Umschreibung einer Situation weckt auch positivere Gefühle als eine negative. Dadurch begegnet man ihnen mit mehr Wohlwollen. Das eine einflussreiche Person, wie zum Beispiel ein Politiker, mit seiner Formulierung die Massen so zu seinen Gunsten beeinflussen kann, ist laut den Psychologen beunruhigend. Und zwar nicht weniger, als wenn man jemanden durch falsche Behauptungen manipuliert. Denn während man eine Lüge als solche enttarnen kann, ist eine irreführende Formulierung an sich keine Unwahrheit. Dennoch kann sie verwendet werden, um die öffentliche Meinung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ein wenig Abhilfe schafft hierbei Wissen, wie die Ergebnisse nahelegen: Wer mehr über eine Handlung weiss, läuft weniger Gefahr, durch Sprache manipuliert zu werden.