Das musst du wissen

  • Permafrost ist der «Kitt» der Alpen: Der immer gefrorene Boden und das Eis halten Felsbrocken zusammen.
  • Der Permafrost schmilzt aber immer mehr, was zu Felsstürzen führt.
  • Forschende haben nun am Matterhorn eine riesige Datenmenge gesammelt, um Felsstürze vorauszusagen.

Der Permafrost, der ständig gefrorene Boden der Alpen, taut auf. Die Folge sind Bergstürze, die jedoch unberechenbar sind. Ein Schweizer Forschungsteam unter der Leitung der ETH Zürich hat dieser Unberechenbarkeit den Kampf angesagt. 2006 begannen sie deshalb mit dem Projekt PermaSense: Beim Matterhorn, wo 2003 Felsbrocken so gross wie zwei Einfamilienhäuser abgebrochen waren, installierten die Forschenden an 29 verschiedenen Stellen Sensoren. Auf 3500 Metern Höhe war die Installation extrem aufwändig. Das Ziel: Die Veränderungen beim Permafrost, im Fels und im Klima so genau zu messen, wie noch nie. Ingenieure und Geografen arbeiteten mit.

Schon vor 27 Jahren ein Thema: Ein Beitrag von Beat Glogger zum Auftauen des Permafrosts vom 21. Mai 1992 in der Sendung MTW auf SF DRS (heute SRF).

«Dieser Datensatz ist wohl einer der längsten, dichtesten und diversesten Datensätze in der Geschichte der Permafrostforschung überhaupt», sagt Jan Beutel, Senior Researcher am Institut für Technische Informatik und Kommunikationsnetze der ETH Zürich in einer Mitteilung. Er ist einer der Hauptautoren der Studie, welche das Team nun in dem Magazin Earth System Science Data publiziert hat. Besonders an den Daten ist nicht nur die lange Zeitdauer von über zehn Jahren, sondern auch, dass 17 verschiedenen Sensoren zum Einsatz kamen. Verschiedenste Veränderungen sind also gemessen worden. Zum Sensornetzwerk zählt unter anderem eine automatische Spiegelreflexkamera, die alle zwei Minuten Bilder von der Abbruchstelle schiesst. Auch die Abstände der Felsspalten werden überwacht, Neigungsmesser und GPS-Sensoren verfolgen, wich sich einzelne Felsen talwärts neigen. Auch Erschütterungen, Töne und Temperaturen sind erfasst.

Sensoren und Kameras sind auf 3500 Metern auf dem Hörnligrat befestigt.Weber et al. /ESSD

Sensoren und Kameras sind auf 3500 Metern auf dem Hörnligrat befestigt.

Dahinter steckt das Ziel, zu verfolgen, wie sich der Permafrost verändert, und die Destabilisierungen von Felsen zu verstehen. So wollen die Forschenden Felsstürze vorhersagen. «Vor allem die Seismik hat es uns in den letzten drei Jahren der Messkampagne erlaubt, das zu messen, was wir von Anfang an wollten: Steinschlag und Felsstürze. Wir konnten damit in den Signalen vom Berg Muster erkennen, die solche Ereignisse quantitativ erfassbar machen», sagt Beutel.

Die Daten liefern Erkenntnisse und technologische Möglichkeiten, welche zum Beispiel in Bondo angewandt werden könnten. Dort kam es 2017 am Piz Cengalo im Bergell zu einem Felssturz. Mehrere Millionen Kubikmeter Fels fielen in sich zusammen und rissen acht Wanderer in den Tod. Geröllmassen begruben das nahegelegene Dorf Bondo teilweise unter sich. Seither wird der Berg mit Radar rund um die Uhr überwacht. Ein Sensornetzwerk wie am Matterhorn könnte genauere Daten liefern – und den Einwohnern von Bondo eine weitere Überraschung ersparen.

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