Das musst du wissen

  • In Schweizer OP-Sälen arbeiten Chirurgen immer mehr mit Robotern zusammen.
  • Das habe kaum Vorteile, sagt das Swiss Medical Board (SMB) – zumindest nicht bei Prostata- oder Gebärmutter-OPs.
  • Anders sieht das ein Urologie-Chefarzt. Gerade bei schwierigen Eingriffen seien Roboter wichtige Instrumente.

Wird ein Patient in der Schweiz in den OP-Saal geschoben, besteht die Chance, dass ein Roboter den Eingriff vornimmt. Gerade bei der sogenannten Schlüssellochtechnik kommen vermehrt Maschinen zum Einsatz. Anders als bei einer offenen Operation, wo ein grosser Schnitt nötig ist, werden bei dieser Methode nur kleine Löcher gemacht. Nun kritisiert ein Fachgremium des Swiss Medical Board (SMB) diese Form der roboterassistierten OP. Der Roboter mache denselben Job nur in Ausnahmefällen besser als ein ausgebildeter Mediziner und habe somit kaum Vorteile, heisst es im Bericht. Die Untersuchung beschränkte sich auf die Prostata- und die Gebärmutterentfernung.

Auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis falle ins Gewicht. Der Kaufpreis des verbreiteten Roboter-Systems «Da Vinci», wovon 33 in Schweizer Operationssälen stehen, beträgt rund 1,8 Millionen Franken. Die Mehrkosten beliefen sich bei einer roboterassistierten Entfernung der Prostata oder der Gebärmutter auf 4000 bis 5500 Franken. So rät das SMB dazu, auf konventionelle Verfahren zu setzen.

Über «Da Vinci»


«Da Vinci» ist ein vierarmiger Roboter, der von einem Chirurgen gesteuert
wird. Dazu sitzt der Arzt an einer Steuerkonsole und koordiniert mit einem
Joystick die Bewegungen des OP-Roboters. Mit Da Vinci führen Chirurgen
sogenannte minimalinvasive Operationen durch, Eingriffe also, die so
wenig Gewebe wie möglich verletzen sollen. Vor allem im gynäkologischen und urologischen Bereich ist dieses Verfahren üblich.

Unmittelbar um OP doch klare Vorteile

Anderer Meinung ist Michael Müntener, Chefarzt der Klinik für Urologie am Stadtspital Triemli. «Diese Diskussionen sind recht müssig.» Es komme darauf an, wann man die Verfahren miteinander vergleiche: Ein Jahr nach Eingriff finde man meist keine relevanten Unterschiede mehr. «Aber während und unmittelbar nach der OP sind bei der Schlüssellochtechnik klare Vorteile festzustellen», sagt Müntener. Vorteile wie weniger Blutverlust, geringere Schmerzen nach der Operation und eine schnellere Genesung. «Der Da-Vinci-Roboter hilft dabei, die Schlüssellochtechnik und ihre Vorteile auf Eingriffe anwendbar zu machen, die ohne Roboter sehr schwierig durchzuführen sind.» Bei anspruchsvollen Eingriffen, wie etwa der Entfernung der Prostata, sei die Roboter-Assistenz daher kaum mehr wegzudenken.

Da Vinci wie eine Marionette

Müssig sei die Diskussion aber auch wegen eines anderen Punktes, sagt Müntener: «Die roboterassistierte Technik ist in der Schweiz bereits so flächendeckend etabliert, dass angehende Urologen die offene OP praktisch gar nicht mehr erlernen können.» Natürlich sei ein Roboter keine Zaubermaschine. «Sondern ein chirurgisches Instrument – wie eine Marionette, die vom Operateur gesteuert wird.» Dass ein Eingriff mit einem Roboter mehr koste als ohne, sei keine Frage. «Die Frage ist eher, wie viel es uns wert ist, dass der Patient weniger blutet, nach der OP weniger Schmerzen hat und schneller wieder auf den Beinen ist.»

Diesen Beitrag haben wir ursprünglich für nau.ch geschrieben.
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