Das musst du wissen

  • Der Verlust eines Angehörigen hat komplexe, individuelle Einflüsse auf Körper und Psyche.
  • Emotionaler Stress kann sogar tödlich sein – aufgrund einer akuten Herzstörung namens Broken-Heart-Syndrom.
  • Ablenkung und Gesellschaft sind die besten Wege, einen Todesfall zu verarbeiten.
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Mit dem Tod eines Familienmitglieds, Freundes oder Partners müssen sich die meisten Menschen irgendwann auseinandersetzen. Auch Forschende beschäftigen sich seit Ende des Zweiten Weltkriegs systematisch mit Tod und Trauer. Dabei wollen sie herausfinden, was Trauer genau mit Körper und Psyche macht. Auf diese Frage gibt es bis heute nur wenige klare Antworten – aber viele Theorien.

In den Anfängen der Trauerforschung erlangten sogenannte Phasen-Theorien an Beliebtheit, die das Verarbeiten eines Verlusts als linearen Prozess beschreiben, den jeder durchläuft. Das bekannteste Beispiel dafür ist vermutlich das Kübler-Ross-Modell, das die Phasen Verleugnung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz beschreibt. Solche Erklärungsansätze sind heutigen Psychologen und Psychiaterinnen allerdings zu einfach.

Denn: Die Reaktion auf den Tod eines geliebten Menschen ist sehr individuell, situationsabhängig und komplex. Typischerweise wird sie als eine Mischung zwischen Traurigkeit und Sehnsucht beschrieben. Dazu gehören auch immer wiederkehrende Erinnerungen an die verstorbene Person. In diesen zu schwelgen kann dazu führen, dass die Hinterbliebenen immer weniger Interesse an den alltäglichen Geschehnissen zeigen. Manche Trauernde zeigen auch andere emotionale Reaktionen wie Feindseligkeit, Wut, Angst oder Schuldgefühle. Diese Gefühle klingen mit der Zeit bei den allermeisten Menschen ab, wenn der Tod der geliebten Person akzeptiert und verarbeitet wird.

Was Trauer mit dem Körper macht

Ein emotionaler Einschnitt, wie ein Todesfall, hat auch konkrete Folgen für unseren Körper. Beispielsweise schütten wir wegen des psychologischen Stresses mehr Kortisol aus, ein Hormon, das das Immunsystem dämpft. Dadurch sind Trauernde eher anfällig für Entzündungen und reagieren weniger stark auf Antikörper bei Impfungen.

Science-Check ✓

Studie: A Systematic Review of the Association Between Bereavement and Biomarkers of Immune FunctionKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Übersichtsstudie stützt sich auf 33 experimentelle Studien, welche in Methodik und Qualität stark variieren. Die Autoren betonen, dass die Forschungsresultate aus dem Feld spärlich seien, was auch daran liegt, dass die Folgen von Trauen sehr schwierig zu erforschen sind: Nur wenige Trauernde wollen sich als Probanden zur Verfügung stellen. Auch sind Langzeitfolgen von Trauer nicht erforscht. Die vorhandenen Studien zu den Folgen von Trauer auf das Immunsystem wurden in dieser Studie aber sauber zusammengefasst und können so belastbare Hinweise geben.Mehr Infos zu dieser Studie...

Auch dem Herzen macht Trauer zu schaffen. 20 bis 53 Prozent der Übersterblichkeit bei Hinterbliebenen, die ihre Ehepartner verloren haben, sind auf Herzkreislauferkrankungen zurückzuführen. Dies könnte daran liegen, dass der Blutdruck aufgrund des Stresses steigt: In einer Studie stellten Forschende fest, dass alle untersuchten Probanden in den ersten zwei Wochen nach dem Todesfall eines Angehörigen einen höheren Blutdruck aufwiesen als sechs Monate nach dem Verlust. Diese Personen hatten allerdings noch Glück, denn Trauer kann dem Herz noch viel mehr schaden.

Ein gebrochenes Herz kann tödlich sein

Das Broken-Heart-Syndrom ist eine Störung des Herzmuskels, die meist unmittelbar nach grossem körperlichem oder emotionalem Stress auftritt. Der Tod eines geliebten Menschen kann ein Grund sein – aber auch zum Beispiel eine Operation. Die Symptome – Schmerzen in der Brust, Atemnot oder Schwindel – ähneln stark denen eines Herzinfarkts. Allerdings hebt sich das Broken-Heart-Syndrom von anderen Herzkrankheiten ab, weil sich kurzzeitig die linke Herzkammer ausdehnt und später wieder zusammenzieht.
Die Krankheit kommt am häufigsten bei Frauen nach der Menopause vor, kann aber Personen aller Geschlechter und in jedem Alter betreffen.

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Etwa fünf Prozent der Patienten mit dem Broken-Heart-Syndrom sterben an den Herzproblemen – eine ähnlich hohe Zahl wie beim Herzinfarkt. Der Rest der Patienten erholt sich wieder. Der linke Herzmuskel zieht sich dann von alleine zusammen und nach durchschnittlich drei Wochen sind die Herzfunktionen von etwa 95 Prozent der Überlebenden wieder normal. Da über die Auslöser der Krankheit wenig bekannt ist, behandeln Spitäler Patienten mit dem Broken-Heart-Syndrom konservativ. Das heisst: Die Herzfunktionen beobachten, Symptome, wie erhöhten Blutdruck, bekämpfen und abwarten.

Wie wir Trauer überwinden können

Für die meisten Menschen wirkt sich der Verlust eines Angehörigen aber weniger auf den Körper, sondern mehr auf die Psyche aus. Doch das Verarbeiten und Überwinden eines Todesfalles ist nicht einfach. Erinnerungen spielen dabei eine grosse Rolle. Denn wir erinnern uns nicht nur an bestimmte Fakten und Ereignisse, wir koppeln unsere Erinnerungen auch an Emotionen. Wenn also eine nahestehende Person stirbt, verändert sich die Bedeutung und Reaktion auf mit ihr verbundene Erinnerungen. Schöne Erinnerungen werden plötzlich bittersüss. So muss unser Hirn ziemlich viel Arbeit leisten, um unser Denken umzukrempeln. Was dabei helfen kann, trotz dieser Erinnerungen in einen geregelten Alltag zurück zu finden ist Ablenkung, sei dies im Beruf, durch Haus- oder Freiwilligenarbeit. Letztendlich ist es vor allem wichtig, nicht allein zu sein. Mit anderen über den Verlust zu reden, hilft die eigenen Gefühle zu verarbeiten, sei dies ein Familienmitglied, eine Freundin oder ein Psychologe.

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