Das musst du wissen

  • Cannabis ist in der Schweiz auf dem Schwarzmarkt die zweitlukrativste Droge nach Kokain.
  • Forschende wollen in Pilotstudien in der Schweiz nun testen, was eine legale Abgabe von Cannabis bewirkt.
  • Je höher der THC-Gehalt des Cannabis ist, desto höher sind die Risiken.

Mehr als ein Drittel der Schweizer Bevölkerung hat in ihrem Leben schon einmal gekifft, obwohl Cannabis seit 1951 als illegales Betäubungsmittel gilt. Anbau, Handel und Konsum sind verboten. Geraucht wird es hierzulande trotzdem, zumal der Besitz von bis zu zehn Gramm Cannabis für den Eigenkonsum nicht unter Strafe steht. Das ist einer von vielen Widersprüchen in der Handhabung der Droge. Der Bund schätzt, dass mindestens 220 000 Menschen mindestens einmal im Monat Cannabis konsumieren. Das Cannabis-Verbot ist also nur bedingt erfolgreich – und gerät auch deshalb immer stärker ins Wanken. Eine Befragung im Juli 2021 ergab, dass ein Drittel der Bevölkerung einer Legalisierung klar zustimmt und ein weiterer Drittel eher dafür ist. Eine parlamentarische Initiative zur Legalisierung ist derzeit hängig.

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Studie: Einstellung Regulierung und Legalisierung CannabisKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsEs handelt sich um eine Umfrage und beruht damit auf Selbstangaben. Ob das Resultat in einer allfälligen Volksabstimmung gleich herauskommen würde, ist ungewiss. Die Umfrage kann lediglich als Anzeige einer Tendenz verstanden werden.Mehr Infos zu dieser Studie...

Was eine Cannabis-Legalisierung in der Schweiz gesellschaftlich und bezüglich Volksgesundheit bewirken würde, ist derzeit unbekannt, da Studien bisher am Rechtsrahmen scheiterten. Das hat sich nun geändert: Seit diesem Jahr dürfen Kantone, Gemeinden und Universitäten Pilotversuche zur Legalisierung des nichtmedizinischen Konsums von Cannabis durchführen. 2022 starten die ersten Cannabis-Studien in der Schweiz.

Der illegale Status von Cannabis behindert dessen Erforschung seit Jahrzehnten – sowohl bezüglich medizinischen als auch nichtmedizinischen Konsums. Deshalb gibt es viele Wissenslücken und Mythen kursieren. Es gibt aber erste Erkenntnisse. Ein Überblick.

Was ist Cannabis?

Cannabis ist der lateinische Name für die Hanfpflanze. Die weiblichen Hanfpflanzen produzieren verschiedene Stoffe, darunter mehr als hundert sogenannte Cannabinoide. Die beiden wichtigsten sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Diese docken im Körper an sogenannte Cannabisrezeptoren an, denn: Der Körper produziert eigene Cannabinoide, die sogenannten Endocannabinoide. Eines davon ist zum Beispiel Anandamid. Dieser Stoff spielt eine wichtige Rolle in der Regulierung von Schmerz, Schlafverhalten aber auch von Appetit und ähnelt in seiner molekularen Struktur THC und CBD.

Diese Cannabisrezeptoren kommen an den verschiedensten Orten im Körper vor – im Gehirn, im Nervensystem, im Immunsystem, im Verdauungstrakt, in den Blutgefässen und an den Organoberflächen. Deshalb wirken Cannabinoide auf vielen verschiedenen Ebenen.

«Cannabis-Medikamente sind in vielen Fällen sicherer als die gängigen Psychopharmaka, sie haben weniger Nebenwirkungen und helfen den Patienten, das sehen wir hier in der Praxis.»Barbara Broers, Ärztin für Suchtmedizin

Die Erforschung der medizinischen Wirkung von Cannabinoiden ist schwierig, weil Cannabis in vielen Ländern illegal ist. Die meisten Erkenntnisse beruhen deshalb auf Tier- oder Zellstudien. «Es gibt nur wenige doppelblinde, randomisierte und Placebo-kontrollierte Studien zu CBD», sagte Gabriela Gobbi, Psychiaterin und Neurowissenschaftlerin an der McGill University in Montreal 2019 gegenüber dem Fachmagazin Nature. «Die Beweislage in der Forschung bezüglich CBD und THC ist eher schlecht – es ist schwierig, randomisierte klinische Studien mit einer homogenen Gruppe zu machen», sagt auch Barbara Broers. Sie ist Vizepräsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Cannabis in der Medizin und Ärztin für Suchtmedizin am Universitätsspital Genf. Die medizinische Wirkung von Cannabinoiden ist deshalb oft noch ungenügend belegt.

Welche Wirkung hat THC auf den Körper?

THC ist die wichtigste psychoaktive Substanz im Cannabis und verursacht ein «High». THC dockt im Körper an die Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn an und aktiviert diese, was das Erinnerungsvermögen, die Stimmung, den Appetit und das Schmerzempfinden verändern kann. Die Substanz erhöht den Herzschlag und kann Herzrasen, Angst und Benommenheit auslösen.

Barbara Broerssgcm-sscm.ch

Barbara Broers, Suchtexpertin Universitätsspital Genf.

Bei sehr häufigem Konsum mindert THC die Gedächtnisleistung sowie die Konzentration und beeinträchtigt Lern-, Planungs- und Entscheidungsfähigkeiten – vor allem bei Jugendlichen. Bei Jahrzehntelangem Konsum von mehreren Joints täglich verändert sich zudem die Hirnstruktur. Auch Konsum in jugendlichem Alter kann solche Effekte haben. Diese Veränderungen können aber reversibel sein.

Ausserdem könnte THC das Auftreten von Psychosen bei jenen, welche dafür genetisch veranlagt sind, begünstigen, vor allem bei häufigem Konsum von hohen Konzentrationen. Die Kausalität ist hier allerdings nicht bewiesen. Vielleicht rauchen Menschen mit mentalen Problemen auch eher Cannabis – grosse Studien dazu fehlen. Bei Menschen mit Schizophrenie, die sich meist im Alter über zwanzig zeigt, kann THC zudem zum Ausbruch der Krankheit führen.

Und: «THC sollten jene Leute nicht konsumieren, welche unter Angstzuständen leiden, denn sie könnten Panikattacken bekommen», sagt Barbara Broers vom Universitätsspital Genf.

Wie wird THC medizinisch angewandt?

Trotz den Risiken und den psychoaktiven Eigenschaften wird THC medizinisch eingesetzt, denn es hilft gegen Übelkeit, Schmerzen und Appetitlosigkeit. Bei Krebspatienten nach einer Chemotherapie zum Beispiel verschreiben es Ärztinnen und Ärzte gegen Übelkeit. Aids-Patienten können THC-Medikamente helfen, weil diese den Appetit anregen. Und auch bei chronischen Schmerzen können THC-Medikamente Abhilfe schaffen.

Welche Wirkung hat CBD auf den Körper?

CBD kann den negativen Effekten von THC entgegenwirken. Denn: CBD dockt ebenfalls an die Cannabinoid-Rezeptoren an, mindert ihre Aktivität aber. CBD kann zudem Proteine und Rezeptoren hemmen, die Krämpfe respektive Schmerzen und Entzündungen auslösen.

Zu den negativen Nebenwirkungen gehören Schwindel, Müdigkeit und Reizbarkeit. Auch kann die Substanz die Konzentration von bestimmten Medikamenten im Blut erhöhen – wie dies auch Grapefruitsaft tut.

Grundsätzlich aber ist CBD unproblematisch. Die WHO kommt in ihrem CBD-Bericht von 2018 zum Schluss: «CBD zeigt keine Effekte, die ein Missbrauchs- oder Suchtpotenzial in sich tragen (…) Bisher gibt es keine Hinweise auf Probleme bezüglich der öffentlichen Gesundheit bei dem Konsum von purem CBD». CBD untersteht in der Schweiz denn auch nicht dem Betäubungsmittelgesetz, ist also legal. Auch Cannabis, das weniger als ein Prozent THC aufweist und einen hohen CBD-Gehalt hat, darf verkauft werden.

Ein Mann hält ein Pippetenfläschchen mit CBD-Öl in den Händen.unsplash/Enecta Cannabis extracts

Es gibt zahlreiche CBD-Produkte zum Einnehmen, wie zum Beispiel CBD-Öl. Die positiven Effekte auf die Gesundheit sind aber nicht eindeutig nachgewiesen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben vor kommerziell erhältlichen CBD-Produkten jedoch gewarnt: 2017 analysierten Forschende 84 CBD-Produkte, die sie online einkauften, chemisch. Nur ein Drittel davon war bezüglich des CBD-Gehalts korrekt angeschrieben. Und vor allem: Viele davon waren mit THC, Schwermetallen, Pestiziden und giftigen Stoffen aus dem Herstellungsprozess verunreinigt. Auch in der Schweiz tauchen immer wieder verunreinigte CBD-Produkte auf.

Wie gut ist der medizinische Nutzen von CBD erwiesen?

Legales CBD wird von vielen Herstellern von Lifestyle-Produkten als Allerheilmittel gegen alles Mögliche angepriesen. Die positiven Effekte von CBD auf die Gesundheit sind aber in vielen Fällen noch nicht eindeutig nachgewiesen – selbst bei medizinischen Anwendungen nicht. Als Medizin ist CBD aber interessant, weil es im Gegensatz zu THC kaum Nebenwirkungen hat und vor allem nicht psychoaktiv wirkt.

Am besten belegt ist die Wirkung von CBD unter anderem bei sehr seltenen Formen von Epilepsie bei Kindern, wie das Dravet-Syndrom und das Lennox-Gastaut-Syndrom, bei denen andere Medikamente kaum wirken.

Ein weiteres Feld, in dem sich Fachleute eine medizinische Wirkung von CBD versprechen, sind mentale Störungen und Krankheiten – von Schlaflosigkeit über Angststörungen bis zu Schizophrenie. Auch gegen Depressionen erhoffen sich Forschende einen Effekt, denn CBD wirkt im Gehirn ähnlich wie Antidepressiva. Zudem hängt an CBD auch die Hoffnung, chronische Schmerzen besser behandeln zu können.

Und das Spektrum der potenziellen medizinischen Anwendungen von CBD reicht noch weiter: Es könnte eine antibakterielle Wirkung haben. Ausserdem zeigten Studien, dass CBD gewisse Krebszellen darin hemmt, sich zu vermehren. Ein erwiesenes Mittel gegen Krebs ist CBD damit aber noch lange nicht.

Ein Problem bei der medizinischen Anwendung von CBD ist auch: Die Wirkung hängt stark von der Dosierung ab. Eine Dosis von dreihundert Milligramm kann einer Patientin beispielsweise gegen Angst helfen, hundert oder neunhundert Milligramm würden bei derselben Person aber nichts bringen. Die optimale Dosierung ist dabei nicht nur je nach Symptomen unterschiedlich, sondern auch von Mensch zu Mensch.

Darf Cannabis in der Schweiz medizinisch angewandt werden?

Was Produkte mit einem THC-Gehalt von mehr als einem Prozent angeht, ist in der Schweiz ein einziges Medikament gegen Spastik bei Multipler Sklerose zugelassen. Ärztinnen und Ärzte können Cannabis-Medikamente mit mehr als ein Prozent THC auch bei anderen Erkrankungen wie bei chronischen Schmerzen, schweren Depressionen oder ADHS verschreiben – allerdings müssen sie hierzu für jedes einzelne Rezept eine Ausnahmebewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) einholen. 2019 erteilte das BAG rund 3000 solche Bewilligungen. Jüngst hat das Parlament einer Gesetzesänderung zugestimmt, welche diese Hürde abschafft.

Blühende Hanfpflanzen.unsplash/Jhon David

Blühende Cannabispflanze.

Doch: Cannabis-Behandlungen werden von den Krankenkassen auch künftig nicht übernommen. Aus Sicht der Ärztin Broers ist das unglücklich: «Cannabis-Medikamente sind in vielen Fällen sicherer als die gängigen Psychopharmaka, sie haben weniger Nebenwirkungen und helfen den Patienten, das sehen wir hier in der Praxis.» Und sie seien günstig.

Tatsächlich hat der Bund denn auch bereits prüfen lassen, ob Cannabis-Medikamente für eine Vergütung durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung in Frage kämen. Der Befund fiel uneindeutig aus. Das Problem: Der medizinische Nutzen von Cannabis ist in vielen Fällen nur unzureichend belegt.

Eignet sich nicht-medizinisches Cannabis zur Selbstmedikation?

«Für uns Ärztinnen und Ärzte ist Selbstmedikation problematisch, wenn eine Krankheit vorliegt, die behandelt werden muss», sagt die Ärztin Barbara Broers. Es sei sicherer, die Dosierung mit der Fachperson zu besprechen und Risiken abzuklären. Das Problem sei ausserdem der Schwarzmarkt: «Das Cannabis hat dann viel zu viel THC, aber auch Pestizide und andere Verunreinigungen drin», warnt die Ärztin.

Ist nichtmedizinischer Cannabis-Konsum gesundheitsschädlich?

Cannabis wird meist geraucht und bringt dementsprechend theoretisch alle Gesundheitsschäden des Rauchens mit sich, also Atemwegs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Allerdings kiffen die meisten nicht am Laufmeter. Die Risiken von üblichem Konsum sind also kleiner als beim Rauchen von Tabak. «Der durchschnittliche Raucher pafft zehn Zigaretten am Tag – bei Kiffern ist es meist nicht mehr als ein Joint pro Woche», sagt Reto Auer. Er ist Studienleiter der Berner Cannabis-Studie und forscht an der Universität Bern unter anderem zu den Auswirkungen des Rauchens. «Es gibt moderate Daten, die zeigen, dass kein Effekt von Cannabiskonsum auf Lungenkrebs besteht. Das ist erstaunlich», sagt Auer. In grossen Kohortenstudien, die Konsumenten über dreissig Jahre verfolgten, verglichen Forschende die Lungenfunktion bei Rauchern, bei Kiffern und bei Konsumenten von beidem und konnten keine negativen Effekte von gelegentlichem Cannabiskonsum entdecken. Auch negative Effekte bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen, Nieren und Leber traten bei Kiffern nicht häufiger auf.

Frank Zobelfinder-research.com

Frank Zobel, Vizedirektor Sucht Schweiz.

Bezüglich der Risiken von THC und CBD auf den Körper kommt es aber stark auf das jeweilige Cannabis an. Seit den 1960er-Jahren wurden Hanfpflanzen so gezüchtet, dass ihr THC-Gehalt immer höher ausfiel. Während in den sechziger Jahren Cannabis-Produkte weniger als drei Prozent THC enthielten, bewegt sich der THC-Gehalt heute zwischen zehn und zwanzig Prozent. Ein grosser Joint kann heute bis zu hundert Milligramm THC enthalten. «Aus polizeilichen Daten wissen wir, dass Cannabis in Form von Gras, also Marihuana, in der Schweiz durchschnittlich zwölf bis dreizehn Prozent THC enthält», sagt Frank Zobel. Er ist Vizedirektor von Sucht Schweiz und seit Jahrzehnten in der Drogenforschung und in der Drogenpolitik aktiv. Bei Harz, also Haschisch, liege der Wert mit etwa 25 Prozent viel höher.

Je höher der THC-Gehalt, desto höher sind die Risiken für unerwünschte Nebenwirkungen. CBD wirkt diesen entgegen. Doch: Der Schwarzmarkt bringt oft verunreinigte Produkte hervor, deren Inhalt die Konsumentinnen und Konsumenten nicht kennen. Das ist ein Hauptargument für die Legalisierung. «Für Cannabis überwiegen sehr deutlich die negativen Effekte des Verbots», sagt die Ärztin Barbara Broers.

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Wo der problematische Konsum anfängt, darüber hat sich in der Fachwelt noch kein Konsens gebildet. Wer mindestens drei Mal pro Woche, häufig aber jeden Tag kifft, pflegt in den Augen vieler Forschender einen schweren Konsum. Wie häufig konsumiert wird, sei aber nur ein Faktor, sagt Barbara Broers. «Auch die Menge, der Zeitpunkt sowie die persönliche Situation ist entscheidend.»

Macht Cannabis abhängig?

«Ob Cannabis abhängig macht, darüber herrschte lange eine grosse Debatte», sagt Frank Zobel. «Mittlerweile hat sich aber der Konsens herauskristallisiert, dass eine Abhängigkeit entstehen kann. Jedoch weniger häufig als bei Alkohol oder Tabak.» Letzterer sei es denn auch vor allem, was beim Cannabisrauchen abhängig mache, sagt Barbara Broers, Suchtexpertin vom Universitätsspital Genf. Das Abhängigkeitspotenzial von Cannabis selber sei sehr gering, die Entzugserscheinungen marginal. «Kein Vergleich zu Alkohol oder Opioiden», betont auch sie. Eine psychische Abhängigkeit könne aber freilich entstehen.

Macht Cannabis antriebslos?

«Das ist eine grosse, ungelöste Frage, ob das sogenannte motivational syndrome tatsächlich existiert», sagt Drogenexperte Frank Zobel. Das Problem sei, dass die Hälfte aller Konsumenten unter 25 Jahre alt sei. Cannabis ist also eine Jugenddroge. Genau in diesem Lebensabschnitt treten jedoch auch pubertäre Phänomene auf. Die Frage ist also: Ist Cannabis Ursache oder Wirkung für die beobachtete Antriebslosigkeit? Die wissenschaftliche Antwort darauf steht noch aus.

Wie sieht der Schwarzmarkt in der Schweiz aus?

Cannabis ist in der Schweiz auf dem Schwarzmarkt die zweitlukrativste Droge nach Kokain. Dies zumindest legt eine Studie aus dem Kanton Waadt nahe, in der Forschende von Sucht Schweiz und dem Institut für Kriminologie der Universität Lausanne den Betäubungsmittel-Markt unter die Lupe genommen haben. Demnach dürfte der Jahresumsatz im Kanton Waadt bis zu 46,3 Millionen Franken erreichen. Hochgerechnet auf die gesamte Schweiz ergäbe das bis zu 500 Millionen Franken Umsatz. Zum Vergleich: 2019 setzte die Feldschlösschen Getränke AG in der Schweiz rund 910 Millionen Schweizer Franken um. Der Markt ist sehr heterogen, der lokale Kleinanbau macht zumindest im Kanton Waadt rund einen Zehntel aus.

Ein Mann raucht einen Jointunsplash/Elsa Olofsson

Rauchen ist eine gängige Form, Cannabis zu konsumieren.

Das grosse Problem auf dem Schwarzmarkt ist, dass die Konsumenten nicht wissen, was sie bekommen. «Besonders gefährlich sind hier die synthetischen Cannabinoide, die jüngst aufgetaucht sind», sagt Frank Zobel. Es gibt Menschen, die legales CBD-Cannabis kaufen, in China synthetische Cannabinoide bestellen, diese auf das Cannabis sprühen und es dann auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Diese synthetischen Substanzen sind oft viel stärker als das THC des Cannabis und können verschiedene negative Konsequenzen haben. Es sind sogar Todesfälle dokumentiert – wenn auch nicht in der Schweiz.

Was wären mögliche Folgen einer Legalisierung?

Eine Legalisierung geht meist mit einem Anstieg der Konsumentenzahlen einher. «Das war auch bei CBD in der Schweiz so», sagt Frank Zobel. «Als sich der Verkauf von CBD im Jahr 2016 als ‹legales Cannabis› entwickelte, gab es zuerst einen CBD-Boom – dieser Neugier-Effekt war allerdings nach gut einem Jahr verflogen.» Wäre das bei THC-haltigem Cannabis ähnlich? «Wie sich eine Legalisierung über zehn, fünfzehn Jahre hinaus auswirken würde, wissen wir nicht», sagt Zobel. Er hat jüngst eine Übersichtsstudie über die Auswirkungen der Legalisierung in den USA und anderen Ländern verfasst. Denn Cannabis ist in 18 Bundesstaaten in den USA legalisiert, ausserdem unter anderem in Kanada und Uruguay. Die Studie zeigt: Kurzfristig führt die Legalisierung zu einem Konsumentenwachstum – allerdings nur bei Volljährigen.

«Die meisten Leute benutzen Cannabis als Genussmittel und nur wenige sind an einem Rausch, also einem hohen THC-Gehalt, überhaupt interessiert.»Reto Auer, Studienleiter Berner Cannabis-Studie

Viele Fragen seien aber noch unbeantwortet, so Zobel. Wie verlagert sich zum Beispiel der Konsum von Tabak und Alkohol auf Cannabis? Trinken die Leute dafür weniger Alkohol? Werden sie eher zu Rauchern? Kurz: Was ist der Nettoeffekt auf die Gesundheit? Eine der zentralen unbeantworteten Fragen sei zudem, ob es bei legalem Cannabis mehr regelmässig Konsumierende gebe. «Problematisch ist vor allem ein regelmässiger Konsum über längere Perioden, wie bei Alkohol auch», sagt Zobel. Die Personen, die am meisten gefährdet sind, seien diejenigen, die täglich oder fast täglich Cannabis konsumierten – und dies über Monate oder Jahre.

Die Art und Weise des heutigen Cannabis-Konsum ist kaum erforscht. «Bisher wurde der Cannabis-Konsum brutal einfach gemessen», sagt Frank Zobel. Von der Bevölkerung weiss man nur, an wie vielen Tagen konsumiert wird. In welchen Mengen, Konzentrationen und auf welche Art aber, wissen wir meistens nicht. «Das ist, wie wenn man nur fragen würde, an wieviel Tagen man Alkohol trinkt, ohne zu berücksichtigen, ob man Schnaps oder Bier, nur ein Glas oder die ganze Flasche trinkt», erklärt der Drogenexperte.

Was wollen die Schweizer Cannabis-Studien nun erforschen?

Einige dieser Fragen sollen nun die Schweizer Cannabis-Studien beantworten, die in Bern, Basel, Zürich, Genf und Lausanne vorgesehen sind.

Vorreiter auf dem Gebiet der Cannabis-Studien ist die Stadt Bern, die bereits 2017 ein Gesuch für eine Cannabis-Studie einreichte, das aber abgelehnt wurde, weil damals noch kein Rechtsrahmen bestand. Ziel der Studie war, die Auswirkungen eines regulierten Cannabisverkaufs in Apotheken zu untersuchen. Zurzeit ist ein revidiertes Projekt in Planung. «Es geht unter anderem darum, zu schauen, ob Konsumenten zu weniger schädlichen Konsumformen neigen und was Abgabe in der Apotheke bringt», sagt Reto Auer, Studienleiter des Berner Versuchs. Zum Beispiel bezüglich des THC-Gehalts: «Die meisten Leute benutzen Cannabis als Genussmittel und nur wenige sind an einem Rausch, also einem hohen THC-Gehalt, überhaupt interessiert.»

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