Seit über 30 Jahren betreibe ich Wissenschaftsjournalismus. Zuerst 14 Jahre lang im sicheren Schoss des damaligen SF DRS (heute SRF). Seit 1999 als selbständiger Unternehmer auf der freien Wildbahn des Medienmarktes. Ich war Volontär, Redaktor, Moderator, Redaktionsleiter, habe vom kurzen Magazinbeitrag über die grosse Livekiste bis zum ausgewachsenen Dokumentarfilm jedes audiovisuelle Format produziert. Habe im Print-Journalismus (zusammen mit einem tollen Team) während 7 Jahren Wissen für «20 Minuten» aufbereitet und tue dies derzeit für einige Deutschschweizer Regionalzeitungen. Daneben sind PR-Texte für Hochschulen und Firmen entstanden, sowie zwei Science Thriller.

Ich habe also so ziemlich alles gemacht, was man in diesem Metier machen kann. Gelernt habe ich vor allem eines: Wissen ist kein Geschäft. Und soll es auch nicht sein. Darum braucht es ein neues Modell.

higgs – ein neues Modell

Seit dem 11. Januar 2018 ist higgs online: eine neue Website sowie Social-Media-Kanäle mit Inhalten aus der Welt der Wissenschaft mit Relevanz für die Gesellschaft. Doch higgs ist viel mehr als nur eine Plattform. Es ist ein neues System. Denn higgs beschreitet in zweierlei Hinsicht neue Wege: bei der Finanzierung und bei der Verteilung.

Beat Glogger stellt higgs vor:

Unsere Redaktion wird seit dem Jahr 2010 zu einem grossen Teil durch die Gebert Rüf Stiftung finanziert (früher noch zusammen mit der Stiftung Mercator Schweiz). Insgesamt wurden wir so mit gut 3 Millionen Franken gefördert. Wir überlassen unsere Inhalte den abnehmenden Zeitungen gratis. So will es unser Modell, und die Geldgeber haben erkannt, dass Wissen unters Volk muss.

Wissen ist so wertvoll, dass es gratis sein muss.Beat Glogger

Gleichzeitig hatten wir aber immer den Auftrag von der Stiftung, das Verschenk-Modell in ein Geschäftsmodell überzuführen. Was nie gelungen ist. Die Verleger übernehmen unsere Inhalte zwar sehr gerne und loben auch deren Qualität, doch dafür bezahlen wollen sie nicht. Die Finanzierung über Inserate war ein Misserfolg – gerade mal 20 Prozent des angestrebten Umsatzes haben wir im Versuchsjahr 2016 erreicht. Und je länger ich an Geschäftsmodellen für Wissen herumstudierte, desto klarer wurde mir: Das beste Geschäftsmodell für Wissen ist, kein Geschäftsmodell zu haben: Wissen ist so wertvoll, dass es gratis sein muss.

Die ersten Opfer sind die Sparten

Bei Todesgefahr opfert die Eidechse ihren Schwanz, und die Medien trennen sich in der Krise als erstes von Randressorts. Eines davon ist das Wissen. So gibt es heute in der Deutschschweiz gerade noch vier reine Wissensredaktionen. NZZ, NZZ am Sonntag, SRF (Radio und TV zusammen) sowie Tages-Anzeiger/SonntagsZeitung. Ein paar Medienhäuser leisten sich eine Teil-Redaktion für Wissen, die aber von Feng Shui bis Quantencomputer alles abdecken müssen. Daneben herrscht bezüglich Wissen in der Schweiz die reine Wüste, gäbe es nicht unsere Fachredaktion Scitec-Media und higgs, die ihre hochwertigen Inhalte an die Medien verschenken.

Wissen ist kein Nice to Have

Auch wenn vielleicht Verleger dies so sehen: Wissen ist kein Nice to Have. Wissenschaft ist Basis unserer Gesellschaft, unseres Wohlstandes, unseres heutigen Lebens. Ohne die Gesetze der Optik zu kennen, könnten wir keine Brillen schleifen, ohne Elektrotechnik keine Computer bauen und ohne die Verhältnisse objektiv studiert zu haben, wären Förderprogramme für lernschwache Kinder oder Integrationsmassnahmen für Eingewanderte ein blosses Stochern im Nebel der Vorurteile.

Wissen ist Allgemeingut

Was die Wissenschaft hervorbringt, gehört uns allen, denn wir alle haben ja dafür bezahlt. Ein grosser Teil der Forschungstätigkeit wird mit Steuergeldern bestritten. Also gehören die dabei erzielten Resultate dem Steuerzahler, der Öffentlichkeit.

Die Öffentlichkeit hat nicht nur ein Recht auf die Resultate, sie hat auch ein Recht, sie zu verstehen. Und schliesslich die Pflicht, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Denn nur so können wir alle bei der demokratischen Gestaltung unserer Zukunft mitreden. Und dafür muss das erarbeitete Wissen allen zugänglich gemacht werden.

Offensive gegen Fake News

Die Verbreitung von Inhalten geht heute mittels der elektronischen Medien schneller als je. Und verbreitet wird das, was attraktiv ist. Attraktiv heisst aber nicht richtig. So hat kürzlich eine Studie des Massachusetts Institute of Technology MIT gezeigt, dass sich Fake News auf Twitter siebenmal schneller verbreiten als Fakten. Fake News sind nicht nur verführerisch und attraktiv, sie sind auch gratis. Angesichts dieser Welle wäre es fatal, für Fakten Geld zu verlangen. Wollen wir die Leute erreichen, muss Wissen gratis sein.

News streuen vs. Kanäle offen halten

Und Wissen muss überall verfügbar sein. Zwar verbreitet die Schweizerische Depeschenagentur SDA auch Inhalte aus dem Bereich Wissenschaft. Sie unterhält dafür eine 80-Prozent-Stelle für ihren Dienst in Deutsch und eine 50-Prozent-Stelle für Französisch. Bezahlt sind die Stellen durch die Gemeinschaft der Schweizer Universitäten «swissuniversities», den ETH-Rat, den SNF und die Akademien Schweiz. Doch dies reicht nicht, denn die SDA erreicht nicht alle. Eine Zeitung, die sich keine Wissensredaktion mehr leisten kann, unterhält auch keine Wissens-Seite. Wo also soll sie die Science-News der SDA platzieren? Je skandalträchtiger oder sensationeller die Meldungen sind, desto höher sind die Chancen, dass sie abgedruckt werden. Im besten Fall im Inland-Teil, im schlechtesten unter den vermischten Meldungen zwischen Sex and Crime. Eine kontinuierliche, niederschwellige Versorgung mit Wissen findet nicht statt.

Der Anlass im Kosmos in voller Länge:

higgs leistet hier Abhilfe, indem wir interessante Artikel nicht wie die SDA einfach streuen, sondern indem wir ihre Verbreitung mit einer fixen Wissen-Seite in verschiedenen Zeitungen garantieren. Gegenwärtig sind dies Die Südostschweiz, Freiburger Nachrichten, der Zürcher Oberländer, Aargauer Zeitung (teilweise), Blick am Abend, Blick Online, Nau, Passenger TV. So hält higgs zuverlässige Kanäle für Wissen offen und bietet damit Wissen für alle.

Die Stiftung «Wissen für alle»

Wir haben higgs mit viel Ideen, Idealismus und Enthusiasmus gegründet. Aber mit sehr wenig Geld. Selbstausbeutung ist jedoch kein Zukunftsmodell. higgs braucht finanzielle Sicherheit. Diese wollen wir erreichen, indem wir eine Stiftung gründen, die den Zweck hat, den Betrieb und die Weiterentwicklung von higgs langfristig zu ermöglichen.

Die Stiftung «Wissen für alle» soll mit Beiträgen von Hochschulen und Stiftungen, der Öffentlichen Hand, aus der Wirtschaft, von Privaten und der higgs-Community breit abgestützt sein. Und soll durch aktives Fundraising und Zustiftungen die notwendigen finanziellen Ressourcen für die Erfüllung des Stiftungszweckes erhalten. Doch sie wird noch mehr leisten: Sobald die Grundaufgaben von higgs finanziell gedeckt sind, kann die Stiftung Gesuche um Unterstützung für weitere Inhalte im so genannten Open-Space-Modell entgegennehmen. Das heisst, higgs wird künftig auch Platz für weitere Anbieter von Inhalten anbieten. Wobei diese Projekte immer unseren publizistischen und ethischen Leitlinien entsprechen müssen, und in jedem Fall bei higgs erstpubliziert werden.

Das System wächst weiter

Was wir bisher in vier Monaten erreicht haben, zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Nicht nur die Benutzerzahlen steigen stetig an. Wir werden auch laufend von interessierten Partnern für eine Zusammenarbeit angegangen. Gegenwärtig sind Dutzende von Gesprächen gleichzeitig am Laufen, um die Kooperationen konkret werden zu lassen.

Zwar ist higgs dank der Abnehmerkanäle in Print- und Online-Medien in der Schweiz jetzt schon der Anbieter von Wissens-Inhalten mit der grössten Reichweite. Aber neue Kooperationen machen uns nicht nur grösser, sondern auch attraktiver, aktueller und unverzichtbarer.

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