Die Inspiration, auf biologischen Reisanbau umzustellen, fand der japanische Reisbauer Takao Furuno in Rachel Carsons Buch «Silent Spring». Das 1962 unter dem deutschen Titel «Der stumme Frühling» erschienene Sachbuch der Biologin wird häufig als Ausgangspunkt der weltweiten Umweltbewegung und als eines der einflussreichsten Werke des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Nachdem Furuno zehn Jahre lang biologischen Reisbau in der japanischen Stadt Fukuno betrieben hatte, lernte er 1989 die Reisanbaumethode mit Enten kennen, die Aigamo-Methode. Enten wurden erstmals in der Heian-Zeit (794−1185) als Geflügel vom chinesischen Festland nach Japan eingeführt. Toyotomi Hideyoshi soll derjenige gewesen sein, der in der Azuchi-Momoyama-Periode (1568−1598) die Verwendung von Enten als natürliches Abwehrmittel gegen Insekten und Parasiten förderte. Der Reisbauer Takao Furuno musste bei seinem Einsatz von Enten allerdings einige Hindernisse überwinden. In der ersten Saison zerstörte ein Pilzbefall die gesamte Ernte. Während der ersten drei Jahre frassen Hunde immer wieder seine Reisenten. Er spannte einen Elektrozaun, worauf er Raubvögel abwehren musste, die für eine schnelle Mahlzeit in die Reisfelder flogen.

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Bei der Aigamo-Methode geht es um einen pestizid- und herbizidfreien Anbau von Reis. Entenküken paddeln durch das Wasser an den Reispflanzen vorbei und fressen das Unkraut. Etwa 15 Enten «bearbeiten» so eine Fläche von 1000 Quadratmeter Reisfeld, indem sie auch Insekten, Würmer und anderes Ungeziefer verschlingen, wodurch das Reisfeld frei von Parasiten wird. Die Enten reichern zudem das Wasser mit Sauerstoff an, in dem der Reis wächst. Denn durch ihr Hin- und-Her-Schwimmen rühren sie den Boden ständig auf. Da vor allem die jungen Enten das Unkraut fressen, können die Reissetzlinge gut gedeihen, denn sie werden nicht von Konkurrenten im Wachstum bedrängt. Und der Entenkot sorgt in den Reiskulturen für wichtige Nährstoffe.

Gesunder Reis

Die Entenküken werden etwa ein bis zwei Wochen nach der Auspflanzung der Setzlinge auf dem Reisfeld ausgesetzt. Für die Enten sind Unterkünfte erforderlich, damit sie vor dem Regen Schutz finden. Das ist jedoch kein genügender Schutz vor Räubern, deshalb müssen die Reisfelder auch eingezäunt werden. Seinen Entenreis bezeichnet Takao Furuno als gesund und schmackhaft, trotz geringen Arbeitsaufwands. Denn der Reisbauer erspart sich das mühsame Bücken, um Unkraut mit der Hand zu ziehen. Das manuelle Jäten von Reisfeldern beansprucht nämlich pro Jahr etwa 240 Personenstunden pro Hektar. Zudem ist Reis, der mit der Aigamo-Methode angebaut wird, auch resistenter gegen Unwetter.

Die Ente Aigamo ist eine Kreuzung aus Wild- und Hausente, die nicht wandert. Wenn es im Herbst Zeit wird, den Reis zu ernten, sind die Enten fett geworden und können als Fleisch verkauft werden. In Asien, wo sich die Menschen über den übermässigen Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pestiziden Sorgen machen, gilt die Aigamo-Methode als gute Alternative. Denn sie ist auch kostenmässig attraktiv, weil die Reisbauern keine teuren chemischen Düngemittel oder Pestizide mehr kaufen müssen und die ausgewachsenen Enten einen Zusatzverdienst abwerfen.

Durch Experimente entdeckte Takao Furuno auch, dass die Zugabe von bestimmten Fischen und das stickstofffixierende Unkraut Azolla oder Wasserlinse auf den Feldern das Reiswachstum fördern und gleichzeitig die Enten besser ernähren. Furuno kann seinen biologischen Entenreis mit einem Aufschlag von 20 bis 30 Prozent gegenüber konventionell angebautem Reis verkaufen. Inzwischen wirft sein Anbau die gleiche Menge wie mit konventioneller Methode ab.
Mehr als 75 000 Bauern in Japan, Korea, China, Vietnam, den Philippinen, Laos, Kambodscha, Malaysia, Bangladesch, Iran und Kuba wenden heute die Aigamo-Methode beim Reisanbau an. Sie steigert das Einkommen der Landwirte, verringert ihre Arbeitsbelastung und reduziert Umweltschäden und erhöht gleichzeitig die lokale und regionale Ernährungssicherheit.

Tessiner Reis

Seit über 20 Jahren wird im Tessin Reis angebaut. Allerdings nicht im Nassanbau, weil im Tessin die Böden zu durchlässig sind. Beim Trockenanbau wird nur ein Viertel der Wassermenge benötigt, zudem sind die Reis-setzlinge auch weniger kälteempfindlich. Angebaut werden im Tessin die Risotto-Sorten Loto Carnaroli und Arborio, die zu 75 Prozent im Tessin verkauft werden.
Dieser Beitrag erschien erstmals im doppelpunkt.
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