Benedikt Meyers Zeitreise
Die Legende geht so: Als die thebäische Legion gegen Norden zog, marschierte auch eine junge Ägypterin namens Verena mit. Nachdem die Legion bei Agaunum hingerichtet worden war, reiste sie weiter nach Salodorum (Solothurn), wo sie als Einsiedlerin in einer Schlucht lebte. Sie fastete, betete, heilte Besessene, Blinde und wirkte Wunder. Immer mehr Leute suchten ihren Rat, sodass es ihr irgendwann zu viel wurde. Verena packte ihre Sachen, wanderte aareabwärts nach Tenedo (Bad Zurzach), wo sie Alte und Kranke heilte, Heiden bekehrte, Alemannen taufte und damit die Bäderkultur begründete.
Ob es Verena gegeben hat, ist nicht gesichert; die ältesten schriftlichen Quellen wurden ein halbes Jahrtausend nach ihrem Tod verfasst. Sicher ist hingegen, dass Tenedo zu «Verenas» Zeit ein wichtiger Brückenkopf über den Rhein und nach dem Rückzug der Römer gar zum Kastell ausgebaut worden war. Hier lebte damals eine christliche Gemeinde und diese baute im 5. Jahrhundert über dem Grab einer von der Bevölkerung verehrten Person ein Kirchlein. Das Grab war Teil eines Gräberfeldes, das nach römischer Sitte an der Strasse nach Vindonissa (Windisch) angelegt worden war. Wegen der Kirche wurde der Strasse ein kleiner Schlenker aufgenötigt, der sich bis heute erhalten hat.

Die Einsiedelei St. Verena in Solothurn.
Dass Verena Leute taufte, ist durchaus realistisch, allerdings dürfte es sich dabei um gallorömische Provinzbewohner und nicht um Alemannen gehandelt haben. Selbst wenn Verena so alt geworden wäre, wie manche Überlieferungen behaupten, wäre sie doch deutlich vor deren Ankunft in Tenedo gestorben – sie starb irgendwann zwischen 320 und 344. Sicher ist auch, dass beim Kastell im 5. Jahrhundert eine Kirche mit Taufbecken für die Erwachsenentaufe gebaut wurde; also einem Becken in dem diese mit ganzem Körper eintauchen konnten. Wo Verena – falls es sie gab – getauft hat, ist hingegen unklar. Auch ob sie tatsächlich die Zurzacher Badekultur begründete, ist Gegenstand von Spekulationen. Und Marketing.
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