Das musst du wissen

  • Auf dem Mars bebt es jeden Tag, wie Messungen der Mars-Mission InSight-Lander zeigen.
  • Marsbeben haben typischerweise eine Magnitude von 3 bis 4 – und sind damit weniger stark als übliche Beben auf der Erde.
  • Die Wellen eines Bebens verraten viel über die Geologie und die innere Struktur des Planeten.

Lebten wir auf dem Mars, dann wären unsere Häuser definitiv erdbebensicher. Denn auf dem Mars bebt es täglich, wie vorläufige Resultate der InSight-Mission zeigen. Sie wurden in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht.

Der InSight-Lander ist am am 26. November 2018 mitten in einem Krater auf dem Mars gelandet. Seither misst er dort die «Lebenszeichen» des Planeten. Zu diesen gehört unter anderen die seismische Aktivität, also das Beben des Untergrunds. Zuständig für den Marsbebendienst ist ein
Team von Forschenden unter der Leitung von ETH-Professor Domenico Giardini.

Die Bedingungen auf dem Mars sind harsch: Es herrschen Temperaturen von minus 80 bis null Grad Celsius und es weht ein heftiger Wind. Bei diesen Zuständen macht das Seismometer Bewegungen im Untergrund sichtbar. Der Wind zerrt und rüttelt allerdings am Instrument, was zu vielen Störgeräuschen führt und die Interpretation der Daten schwierig macht. Vorgänger-Missionen scheiterten genau daran: Die Seismographen konnten den widrigen Bedingungen nicht standhalten und lieferten nur unbrauchbare Daten. Der Seismograph der InSight-Mission ist deshalb durch eine Kuppel vor Wind und Wetter geschützt. Es ist deshalb das erste Mal, dass auf dem Mars so genaue Daten gemessen wurden.

Science-Check ✓

Studie: The seismicity of MarsKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDiese Studie präsentiert verlässliche seismologische Daten und hat die Erwartungen der Autoren übertoffen. Die Daten korrekt zu interpretieren und Störgeräusche zu ignorieren, bleibt jedoch eine hohe Kunst. Auch die Lokalisation eines Bebens ist nach wie vor schwierig. Die Autoren äussern sich betreffend Tiefenstruktur des Mars vorsichtig. Mehr Infos zu dieser Studie...

Während der Messperiode im Jahr 2019 sind nun 174 Marsbeben festgehalten worden. Seither liefen die Messungen weiter, sodass mittlerweile insgesamt 450 Marsbeben beobachtet wurden – das bedeutet: Im Schnitt bebt der Boden auf dem Mars einmal pro Tag. Das tönt zwar nach viel, die seismologische Aktivität wird aber als mässig eingestuft. Mit einer Magnitude von drei bis vier ist ein Marsbeben weniger stark als ein Erdbeben. In der Schweiz kommt es etwa alle acht bis fünfzehn Jahre zu einem Erdbeben mit einer Magnitude von mindestens 5. «Marsbeben weisen ähnliche Eigentschaften auf, wie sie bereits während der Apollo-Ära auf dem Mond beobachtet wurden. Sie dauern lange, rund zehn bis zwanzig Minuten, da ihre Wellen aufgrund von Eigenheiten der Marskruste stark gestreut weren», erklärt Mitautor Domenico Giardini in einer Mitteilung.

Dennoch verraten die Wellen einiges über den Aufbau des Mars. «Basierend darauf, wie die verschiedenen Wellen durch die Kruste fortschreiten, können wir geologische Schichten im Planeten unterscheiden und die Distanz und Lage zum Ursprung des Bebens bestimmen», erklärt Vedran Lekic, ausserordentlicher Professor für Geologie an der University of Maryland und Co-Autor einer weiteren Studie in der gleichen Zeitschrift. So fanden die Forschenden heraus, dass sich in einiger Tiefe dieser Kruste kristallines Grundgebirge befindet, ähnlich dem der Erde. Unter der Kruste folgen der obere und der untere Mantel, dann der Kern. Der obere Mantel dämpft die Marsbeben-Wellen stärker als der untere Mantel, er ist also dichter.

Das Seismometer liefert allerdings nicht nur Informationen, wie der Mars unter der Oberfläche beschaffen ist. Zusätzlich zeichnen Daten zum Wetter ein genaueres Bild vom roten Planeten. Sie zeugen von Tiefdrucksystemen und Wirbelwinden. Dass die Winde – und mit ihnen die Störgeräusche – vom frühen Abend bis um Mitternacht abebben, ist der Grund, wieso zu dieser Zeit die meisten Beben gemessen werden. In dieser Zeitspanne können mit dem hoch sensiblen Seismometer auch ganz schwache Vibrationen und Grollen aus grösseren Tiefen aufgezeichnet werden. Mit einem Modell zur Ausbreitung der Wellen im Marsboden konnte der wahrscheinliche Herd zweier dieser Beben ausfindig gemacht werden. Die Mission wird im ganzen Jahr 2020 fortgeführt, eventuell noch länger.

Weshalb aber interessieren sich Forschende überhaupt für die Beschaffenheit des Mars? Weil sie nach Bedingungen suchen, in denen Leben im All existieren könnte. Lebensformen tauchen in Nischen mit aussergewöhnlichen Umweltbedingungen auf, so zum Beispiel in hydrothermalen Tiefseespalten. Falls man flüssiges Magma auf dem Mars entdeckt und herausfindet, wo auf dem Planeten die geologisch aktivste Region ist, kann man dort zukünftig Sonden hinschicken, um das Potential für Leben zu ermitteln. Die Spurensuche nach dem Leben im All geht also weiter.

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