Das musst du wissen

  • In drei Jahren wird das ESA-Weltraumteleskop «Euclid» ins All geschossen.
  • Seinen Weg berechnen Zürcher Forscher mit einem Supercomputer, dem schnellsten Europas. Er steht in Lugano.
  • Der Rechner besteht aus 5000 PCs. In 80 Stunden hat er ausgerechnet, wofür ein einzelner über 200 Jahre bräuchte.

Wie im Film sieht es aus: Inmitten von summenden und blinkenden Gitterschränken steht Douglas Potter. Er ist Gruppenleiter des IT-Systems der Universität Zürich und herrscht über all die Kabel, Lichter und Schränke. Er ist der Chef des Supercomputers, der grosse Datenmengen innert kurzer Zeit verarbeiten kann. Da immer mehr Institute der Universität Zürich die Server beanspruchen, bauen Potter und sein Team hier ständig noch mehr Server in die Schränke ein, die man im Fachjargon «Nodes» nennt. «Nodes sind wie Subcomputer, die alle zusammen einen Hochleistungsrechner bilden», erklärt sein Teammitglied, der Astrophysiker Joachim Stadel.

Europas schnellster Supercomputer

Das Büro von Stadel ziert neben einer Wand voller Formeln auch ein grosses schwarzes Bild mit gelben Punkten. Was wie abstrakte Kunst aussieht, bildet aber einen Teil des Universums ab. Denn Joachim Stadel arbeitet gerade an einem Projekt der European Space Agency (ESA). An der Vorbereitung für den Start des Weltraumteleskops Euclid. Damit dieses 2022 seine Reise ins Weltall antreten kann, müssen er und sein Team wissen, was in der unbekannten Umgebung auf den Satelliten zukommen wird. Dazu haben sie eine Simulation des Universums mithilfe physikalischer Formeln, numerischer Codes und dem Hochleistungsrechner Piz Daints kreiert. Piz Daints steht in Lugano und rechnete für die Simulation des Weltalls rund 80 Stunden. Klingt nicht nach viel. Allerdings liefen dabei fünftausend Nodes gleichzeitig, um rund zwei Trillionen Makropartikel, sinnbildlich für die dunkle Materie, und 25 Milliarden Galaxien zu einem Universum zu vereinen. «Würde man nur einen Computer nehmen, hätte die Berechnung der Simulation über zwei Millionen Stunden gedauert. Das sind mehr als zweihundert Jahre», rechnet Potter vor. Bei diesem Projekt liefen aber während 80 Stunden fünftausend Rechner gleichzeitig Daten.

Durch die grosse Nachfrage nach dem schnellsten Supercomputer in Europa warten Forschende oft geduldig in einer Warteschleife, bis die Maschine die Daten einliest. So kann die Datenbearbeitung gut und gerne auch mal mitten in der Nacht losgehen, denn Piz Daints arbeitet rund um die Uhr. Während der Bearbeitung wird der Hochleistungsrechner in Lugano mit Argusaugen beobachtet: «Durch einen Fehler des Hochleistungsrechners gehen wertvolle finanzielle Ressourcen und Zeit verloren. Die Berechnungen werden deshalb, egal zu welcher Uhrzeit, genauestens überwacht», sagt Potter. Er hat sogar eine eigene Applikation entwickelt, die beim Start der Datenverarbeitung sein Smartphone alarmiert.

Bis zu 40 Grad Raumtemperatur

Auch in der Uni Zürich steht ein Hochleistungsrechner. Z-Box 4, der kleine Bruder von Piz Daints, befindet sich hinter einer unscheinbaren Tür am Irchel. Auf engem Raum stapeln sich viele Computer, die der betrachtenden Person ihr Innenleben offenbaren. «Wenn alle Computer laufen, wird es ziemlich laut und bis zu vierzig Grad heiss», sagt Stadel. An diesem Hochleistungsrechner dürfen auch Studierende ihre ersten Gehversuche in High Performance Computing wagen. Lediglich ein Dutzend waren es letztes Semester. Für die beiden Männer ist aber klar, dass die Verarbeitung von grossen Datenmengen, «Big Data» eben, in Zukunft immer wichtiger wird.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich in der Zürcher Studierendenzeitung ZS publiziert. higgs und die ZS pflegen den Austausch von Artikeln in beide Richtungen. Weitere ähnliche Artikel sind hier zu finden.

Zürcher Studierendenzeitung

Die ZS ist nicht nur die grösste und älteste Studierendenzeitung der Schweiz, sondern auch die erfolgreichste. Nach dem Pro Campus Presse Award 2012 für die beste Campuszeitung im deutschsprachigen Raum wurde sie 2016 zur drittbesten und 2017 wiederum zur besten Studizeitung gekürt.
Alle Beiträge anzeigen
Diesen Beitrag teilen
Unterstütze uns

regelmässige Spende