Das musst du wissen

  • Zur Überwachung von Treibhausgasen aus dem Weltraum wird seit Jahrzehnten geforscht.
  • Der Durchbruch ist bisher jedoch noch niemandem gelungen.
  • Die Vorteile dieser Methode sind nicht nur wissenschaftlicher Natur.

Ende April gab China in der Zeitung People’s Daily bekannt, das Land werde die sogenannte Lidar-Technologie einsetzen, um die CO₂-Emissionen aus dem Weltraum zu beobachten. Lidar ist eine Art Radar, der jedoch mit Licht arbeitet. Damit ist China das erste Land, das hierfür auf diese Art von Technologie zurückgreift, während der technologische Wettbewerb im Weltraum seit dem Pariser Klimaabkommen aktueller denn je ist.

Warum das interessant ist. Dieser Schritt könnte einen technologischen Wendepunkt im Bereich der weltraumgestützten Überwachung von Treibhausgasen darstellen. Nicolas Cézard, Forscher und Spezialist für Lidarsysteme beim französischen Forschungsunternehmen «Office national d’études et de recherches aérospatiales» (Onera), analysiert:

«Seit zwanzig Jahren wird an dieser Lidar-Technologie zur Überwachung von CO₂ geforscht, ohne dass es bisher einer internationalen Agentur gelungen wäre, einen Prototypen ins All zu schiessen. Wenn sich diese Information als wahr erweist, dann haben die Chinesen die wissenschaftliche Gemeinschaft überrumpelt.»

Den Treibhausgasen auf der Spur. Als neuer Bereich des Weltraumwettbewerbs wird der Überwachung von Treibhausgasen weltweit immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt, insbesondere seit dem Pariser Abkommen.

Die in diesem Bereich angestrebten technologischen Fortschritte verfolgen im Wesentlichen zwei Ziele:

  • Der erste ist wissenschaftlicher Natur. Er zielt darauf ab, diese Emissionen besser zu charakterisieren, um die Modelle zur Klimaprognose zu verfeinern.
  • Der zweite hängt indirekt mit dem ersten zusammen. Er zielt darauf ab, die Emissionen souveräner Staaten besser zu überprüfen.

Denn im Rahmen des Pariser Abkommens berechnen die Betroffenen diese Emissionen nur deklaratorisch. Das bedeutet, dass es in Wirklichkeit keine Kontrolle gibt. Doch «wir können nur kontrollieren, was wir messen», erinnerte Paris Florence Rabier, die Generaldirektorin des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) am 23. Mai 2022, als sie auf dem Kongress sprach, der kürzlich von der Europäischen Weltraumorganisation in Bonn veranstaltet wurde.

Die Initiativen, die sich gegenüberstehen. Die von den Chinesen eingeführte Lidar-Technologie wird die zukünftige globale Klimabeobachtung aus dem Weltraum ergänzen. Die Nasa führt derzeit zwei Missionen durch, um dieses Ziel zu erreichen: Das eine ist die Orbiting Carbon Observatory 2 (OCO2), die 2009 gestartet wurde. Die andere, Orbiting Carbon Observatory 3 (OCO 3), startete 2014. «Unser Ziel ist es, die CO₂-Beobachtungstechniken zu verbessern, die bereits auf diesen Satelliten installiert sind, die Spektrometer und keine Lidars an Bord haben. Dies, um unsere Messungen zu verbessern», erklärt Ralph Basilio, der Leiter der OCO3-Mission.

Die Europäische Weltraumorganisation Esa bereitet sich auf die Carbon Dioxide Monitoring Mission (CO2M) vor, für die bis 2027 zwei Satelliten gestartet werden sollen. Wie die beiden Missionen der Nasa werden sie jedoch mit Spektrometern und nicht mit Lidars ausgestattet sein.

Nicolas Cézard präzsiert:

«Die passive Technologie mit Spektrometern, die bereits in vielen Ländern eingesetzt wird, darunter die USA, Europa, China und Japan, ist für die Satellitenmessungen auf die Einstrahlung der Sonne angewiesen. Im Gegensatz dazu sendet die aktive Lidar-Technologie ihre eigene Strahlungsquelle aus, indem sie auf einen Laser zurückgreift.»

Die Vorteile der chinesischen Technologie. Die aktive Technologie, die China testen wird, hat mehrere Vorteile. Sie ermöglicht es insbesondere, Tag und Nacht Messungen durchzuführen. Sie kann auch weniger sonnenreiche Regionen der Erde abdecken, einschliesslich der Polarregionen. Die Genauigkeit des Geräts muss hingegen noch verbessert werden. Maurice Borgeaud, Leiter der Abteilung Wissenschaft, Anwendungen und Klima bei der Europäischen Weltraumorganisation Esa, warnt: «Mit der aktiven Lidar-Technologie ist es immer noch schwieriger, eine ausreichende Bodengenauigkeit zu erreichen, um zu unterscheiden zwischen anthropogenen Treibhausgasemissionen – also durch menschliche Aktivitäten verursacht – und anderen. Die Strahlung des Lasers an Bord muss von hoher Qualität sein, was schwierig oder fast unmöglich zu erreichen ist.»

Ein Vorbehalt, der den chinesischen Fortschritt in diesem Bereich jedoch nicht in Frage stellt.

«Wir wussten, dass China ehrgeizige Pläne für die Raumfahrt hat. Auch wenn das Land in diesem Bereich noch hinter Europa und den USA zurückliegt, ist dieser Start ein Durchbruch in der Entwicklung dieser Technologien und wird es China ermöglichen, einen Teil seines Rückstands aufzuholen», bleibt der Experte überzeugt.

Die Fortsetzung folgt. China ist nicht das einzige Land, das darüber nachdenkt, diese Art von Technologie im Weltraum zu nutzen. Auf europäischer Seite wollen das Centre national d’études spatiales (Cnes) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), ebenfalls diese Art von Instrumenten zur Beobachtung der Atmosphäre einsetzen. Dies vor allem, um den Ausstoss von Methan zu beobachten, nicht Kohlendioxid.

Dieser Beitrag wurde erstmals auf Heidi.news veröffentlicht. Er wurde von unserer Redaktorin Ramona Nock aus dem Französischen übersetzt.

Heidi.news

Hier gibt es Wissenswertes aus der Westschweiz. Die Beiträge stammen von unserem Partner-Portal Heidi.news, wir haben sie aus dem Französischen übersetzt. Heidi.news ist ein Online-Portal, das im Mai 2019 lanciert wurde und das sich unter anderem auf die Berichterstattung über Wissen und Gesundheit spezialisiert. Die Partnerschaft zwischen Heidi.news und higgs ist durch eine Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF entstanden.
Alle Beiträge anzeigen
Diesen Beitrag teilen
Unterstütze uns

regelmässige Spende