Alina Kurdiumova, vierzig Jahre alt, geht mit gezücktem Handy durch den Supermarkt. Anfang März ist sie mit ihrer Tochter nach Bottmingen im Kanton Basel-Land gekommen. Weil sie vieles nicht versteht, blickt sie immer wieder auf die Übersetzungs-App auf ihrem Handy.
Vor einer Werbung für ein Sonderangebot bleibt sie stehen. «Hier zum Beispiel steht irgendwas mit 25 Prozent Rabatt. Was aber genau die Bedingungen für das Angebot sind – das verstehe ich nicht.» Sie nicht. Ihr Handy schon.
So funktioniert die Übersetzungs-App
Als Alina Kurdiumova die Kamera auf das Angebot hält, erscheinen dort kyrillische Buchstaben: Der übersetzte Text wird direkt ins Kamerabild eingeblendet. Im Supermarkt hat Kurdiumova die App auch schon benutzt, um herauszufinden, in welchem der vielen Becher im Kühlregal saure Sahne ist. Oder um die Zutatenliste zu verstehen.
Für viele Geflüchtete ist vor allem die Sprachfunktion der Übersetzungs-Apps wichtig. Alina Kurdiumova benutzt sie nicht, weil sie Englisch spricht. Ihre Eltern aber zum Beispiel sind darauf angewiesen: Sie sprechen keine Fremdsprachen und leben seit Anfang dieser Woche in einer Familie mit einer ukrainischen Frau und einem italienischen Mann. «Wenn sie mit ihm sprechen wollen, sprechen sie auf Russisch in das Telefon. Die App spricht das dann auf Italienisch aus», erzählt Kurdiumova.
Sprache in der Hosentasche
Computergestützte Übersetzungen gibt es seit vielen Jahren. Es gibt zahlreiche Anbieter, einige übersetzen in mehr als hundert Sprachen. Die meisten Angebote sind kostenlos.
Laut den Fachkräften des Instituts für Computerlinguistik an der Universität Zürich haben sich die Apps vor etwa sechs Jahren noch einmal deutlich verbessert. Seitdem kann man sie auch gut im Alltag verwenden. Sogar Behörden setzen teilweise Übersetzungsprogramme ein.
Bei heiklen Themen reicht eine App nicht
Renata Gäumann ist Asylkoordinatorin für den Kanton Basel-Stadt. Vor allem für den Erstkontakt seien die Apps hilfreich, erzählt sie. Zum Beispiel, wenn es darum geht, die Flüchtlinge zu beraten, ihnen Sprachkurse oder andere Angebote vorzustellen.
Aber auch im Gesundheitsbereich und an Schulen werde auf solche Apps zurückgegriffen, vermutet Gäumann. Bei komplizierten Zusammenhängen und heiklen Fragen allerdings setzt die Behörde weiterhin auf zertifizierte Übersetzerinnen und Dolmetscher.
Und noch eine Einschränkung macht Gäumann bezüglich der Apps: Viele, vor allem ältere Menschen seien wenig geübt mit digitalen Medien. Die Übersetzungs-Apps seien deshalb nicht für alle Geflüchteten gleich attraktiv.
Auch Alina Kurdiumova hat ihre App schon benutzt, um Behördenanträge auszufüllen. Sie findet: Meistens übersetzt das Programm sinnvoll – nur bei Wortspielen und ähnlichem gebe es manchmal Probleme.
Eines ist für sie deshalb klar: Ohne die Übersetzungs-App wäre ihr Ankommen in der Schweiz ungleich schwieriger: «Es ist sowieso schon stressig, in ein fremdes Land zu kommen. Wenn man dann auch die Sprache nicht verstehen würde, wäre das emotional viel schwieriger – dann wäre man wie ein taubes und blindes Kätzchen.»