Elektrofahrzeuge sind langsam aber sicher daran, unsere Mobilität zu verändern. Der Anteil der immatrikulierten rein elektrisch angetriebenen Personenwagen hat sich im vergangenen Jahr immerhin verdoppelt. Geradezu rasend sind aber die Zuwachsraten, die die elektrische «Mobilité douce» erlebt. Damit sind rein elektrisch angetriebene oder mit einem elektrischen Zusatzantrieb ausgerüstete Fahrzeuge gemeint. Am häufigsten denkt man dabei an Elektrovelos, die sich einer hohen Popularität erfreuen. Insbesondere Teenager zieht es aber zu neueren Formen der Mobilität hin: Elektrische Trottinetts sind beliebt – oder eben auch elektrisch angetriebene Skateboards. Doch was macht eigentlich den Reiz dieser neuen «Mobilité douce» aus?

Öffentlicher Verkehr ist langsam

Nicht viele Städte getrauen sich, die Durchschnittsgeschwindigkeit ihres städtischen öffentlichen Verkehrs zu publizieren. London ist eine der wenigen Städte, welche diese Zahlen veröffentlichen. Das Resultat ist ernüchternd: So beträgt in London die Durchschnittsgeschwindigkeit auf allen Buslinien gerade einmal 14,8 Kilometer pro Stunde. Tendenz sinkend. Kein Wunder also, dass in sehr vielen Städten die «Mobilité douce» im Vormarsch ist. Velos und insbesondere auch Elektrovelos sind selbst in hügeligen Städten ein ideales Transportmittel. Und die Elektrifizierung macht hier nicht halt: In mancher europäischen Metropole ist die Präsenz der elektrischen Trottinetts geradezu spektakulär, wenn auch nicht unproblematisch.

Noch nicht ganz so weit sind die elektrischen Skateboards: Eines der ersten bei Kickstarter erhältlichen E-Skateboards (November 2017) war das störungs- und pannenanfällige Lou-Board. Seither ist es jedoch mit E-Skateboards rasant aufwärts gegangen. Schliesslich bieten E-Skateboards einen sehr hohen Spass-Faktor!

Das BFH-E-Skateboard

Im Rahmen von drei Bachelorthesen wurde ein Prototyp des BFH-E-Skateboards entwickelt:

  • Motorkontroller mit Galliumnitridtransistoren von Nicolas Stutz
  • Wireless Battery Management von Iso Lechthaler
  • Fernbedienung und App von Florian Moser

Das eigentliche (Long-)Board wurde bei Meepo eingekauft und verfügt über zwei Nabenmotoren (dreiphasige bürstenlose Gleichstrom-Aussenläufer- Motoren), bei denen auf dem Rotor direkt die Polyurethanräder aufgezogen sind. Dieses E-Skateboard ist eines der günstigsten auf dem Markt und bietet dank seinen zwei Nabenmotoren genügend Leistung und Drehmoment, um auch Steigungen befahren zu können.

Der Motorkontroller wandelt die Gleichspannung so um, dass ein dreiphasiger bürstenloser Gleichstrommotor angesteuert werden kann. Das Besondere am BFH-Motorkontroller ist die Verwendung von Leistungstransistoren aus Galliumnitrid. Diese Transistoren zeichnen sich durch sehr kleine Durchgangswiderstände aus: Im eingeschalteten Zustand entspricht der Transistor quasi einem elektrischen Schalter mit einem elektrischen Widerstand von nur wenigen Milliohm. Der grosse Vorteil von Galliumnitrid gegenüber Silizium sind aber die viel kleineren parasitären Kapazitäten: Dies erlaubt es Galliumnitridtransistoren, sich sehr viel schneller einzuschalten, was die Schaltverluste massiv reduziert. Dadurch wird es sogar möglich, gänzlich auf einen Kühlkörper zu verzichten, obwohl der Motorstrom 50 Ampere beträgt und der Motor kurzzeitig eine sehr hohe Leistung von über 1000 Watt abgibt! Das Fehlen eines Kühlkörpers wiederum reduziert die Grösse des Motorkontrollers und wirkt sich auch kostensenkend aus. Obwohl die Grösse bei einem E-Skateboard eine weniger bedeutende Rolle spielt, zeigt dies das mögliche technologische Potenzial dieser Leistungstransistoren, was letztendlich das akademische Interesse dieser Thesis ausmacht.

Ein Battery Management System (kurz BMS) sorgt dafür, dass keine der zehn in Reihe geschalteten Batterien überladen oder zu tief entladen wird. Im Gegensatz zu den meisten käuflichen E-Skateboards hat das BFH- E-Skateboard ein Battery Management System, ja sogar ein Wireless Battery Management. Ein BMS muss den Lade- und Entladestrom messen sowie die Spannung jeder einzelnen Zelle, typischerweise auf ein Prozent genau. Bei zehn Zellen ist dies gar nicht so einfach und benötigt in konventionellen Systemen ziemlich viel Verdrahtung, da jede Zelle abgegriffen werden muss. Bei einem Wireless BMS entfällt die gesamte Verdrahtung, und man erhält ein kompaktes, effizientes und zuverlässiges System. Ein Wireless BMS besteht in diesem Fall aus zehn Slaves (jede Zelle entspricht einem Slave) und einem Master. Dabei wird die Spannung jeder Zelle gemessen und dann drahtlos vom Slave an den Wireless BMS Master übertragen. Das sogenannte Balancing, also das Ausgleichen der Spannung aller zehn Zellen, übernimmt der Slave direkt bei der Batterie. Zwischen jeder der zehn Batteriezellen und dem Wireless BMS Master besteht also statt einer fehleranfälligen physikalischen Verbindung eine drahtlose Verbindung. Zuverlässigkeit ist bei einem E-Skateboard vielleicht nicht das wichtigste Kriterium, aber für andere Systeme ist dies entscheidend.

Für ein komplettes E-Skateboard braucht es nebst dem Motorkontroller und dem Wireless BMS noch eine Fernbedienung, um die Fahrgeschwindigkeit einstellen zu können. Beim BFH-E-Skateboard wurde eine Fernbedienung auf der Basis des Bluetooth-Low-Energy-Standards entwickelt. Dies erlaubt es, mit einer App zum Beispiel auch den Ladezustand der Batterien direkt auf dem Smartphone darzustellen.

Wie weiter mit den E-Skateboards?

Elektrisch angetriebene Skateboards fallen in keine der heutigen Kategorien des motorisierten Strassenverkehrs, auch nicht in eine der neuen «Mobilité douce»- Kategorien. Im Gegensatz zu einem elektrischen Trottinett, des heute legal ist, verfügt ein E-Skateboard über keine Reibungsbremse. Ein gewöhnliches Skateboard ist gemäss einer strengen Lesart nicht legal und dürfte weder auf dem Trottoir noch auf der Strasse, sondern nur auf privaten Grundstücken verwendet werden. Sofern E-Skateboards nicht nur eine kurzzeitige Modeerscheinung sind, wird es notwendig sein, diese Art der «Mobilité douce» zu legalisieren. Oder zumindest muss ein Modus Vivendi zwischen den Verkehrsteilnehmern gefunden werden. Damit das Pendeln mit Spass auch legal wird!

Dieser Beitrag stammt von der Berner Fachhochschule BFH. Er erschien erstmals im BFH-Magazin «spirit biel/bienne» 2019/3.
Kontakt zu den Projektverantwortlichen: Prof. Martin Kucera, Dozent für Elektrotechnik + Informationstechnologie.
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