Das musst du wissen

  • Reis wird auf überschwemmten Feldern, etwa zwischen Neuenburger- und Murtensee, angebaut.
  • Dies bringt Feuchtgebiete zurück und fördert die biologische Vielfalt in der Region.
  • Weil viel Wasser nötig ist, wird Schweizer Reis aber ein Nischenprodukt bleiben.

Werden wir bald nachhaltigen Schweizer Reis essen? Nach und nach entstehen im Schweizer Mittelland überschwemmte Reisfelder. Insgesamt gibt es sechs davon. Geschaffen hat sie die landwirtschaftliche Forschungsanstalt des Bundes Agroscope in Zusammenarbeit mit mehreren Landwirten. Derzeit ist dieser Reis ein Nischenprodukt. Und angesichts der Bedingungen, die der Reisanbau erfordert, wird er wahrscheinlich auch ein Nischenprodukt bleiben.

Warum wir darüber berichten. In der Schweiz ist die massive Entwässerung von Ländereien bereits seit einem Jahrhundert bekannt. Sie soll als minderwertig erachtete Flächen nutzbar machen. Aber die Entwässerung hat zum Verschwinden vieler Feuchtgebiete und der damit verbundenen Fauna geführt. Die für den Reisanbau nötige Überschwemmung von Feldern ist daher auch eine Gelegenheit zur Wiederherstellung von Feuchtgebieten, was die biologische Vielfalt fördert. Dies besonders vor dem Hintergrund, dass die Landwirtschaft regelmässig für ihre schädlichen Umweltauswirkungen kritisiert wird.

Reisfelder. Am Fusse des Mont Vully, zwischen Neuenburger- und Murtensee, nimmt Léandre Guillod zum zweiten Mal in Folge am Agroscope-Experiment teil. In diesem Jahr hat er eine Parzelle von fast zwei Hektar dem Reisanbau gewidmet.

«Wenn ich mir das letzte Jahr anschaue, dann rechne ich für dieses Jahr mit einem Ertrag von zwischen 5 und 6 Tonnen Reis.»

Florent Hiard/Heidi.news

Reisfeld bei Vully.

 

Am Vorabend der Ernte seines Risottoreises der Sorte «Loto» erklärt Guillod, welche Bedingungen für die Reiskultur notwendig sind:

  • Flacher Boden,
  • Wasser in grossen Mengen,
  • Eine Wassertemperatur von mindestens 20 Grad für optimales Pflanzenwachstum.

Der dritte Punkt wird durch die globale Erwärmung erleichtert. Vor zehn oder zwanzig Jahren wäre ein solches Projekt für Léandre Guillod noch nicht möglich gewesen. Die Umwandlung der landwirtschaftlichen Fläche ist jedoch nicht immer einfach:

«Im Moment ist Schweizer Reis eine exklusive Sache. Und nicht alle landwirtschaftlichen Flächen haben das Potenzial, trotz der globalen Erwärmung in Reisfelder umgewandelt zu werden. Denn es bleibt ein gewisses Risiko, dass Reis nicht reif wird.»

Im Walliser Chablais testet der Landwirt Stéphane Angst ebenfalls die Anlage eines Reisfeldes. Er ergänzt:

«Das Projekt bleibt mit nur einem Hektar im Moment noch experimentell. Wir erwarten einen Ertrag zwischen 2,5 und 3 Tonnen Reis. Vielleicht können wir in den kommenden Jahren auf zwei oder drei Hektar expandieren.

Mehr als das wäre einfach zu viel Arbeit, denn der Reisanbau erfordert die Einebnung des Bodens, tägliche Überwachung und manuelle Unkrautbekämpfung. Deshalb sehe ich Reis eher als Ergänzung zu bestehenden Kulturen denn als Ersatz.»

Es ist daher schwer vorstellbar, dass die lokale Produktion die rund 55 000 Tonnen Reis ersetzt, die die Schweiz jedes Jahr importiert. Diese Exklusivität ermöglicht es aber auch, einen relativ hohen Preis von rund 12 Franken pro Kilogramm zu verlangen. Léandre Guillod:

«Es ist ein lokales und nachhaltiges Produkt. Wir verkaufen nicht nur Reis, sondern leisten auch einen Dienst für die Umwelt.»

Nutzen für die biologische Vielfalt. Es ist unmöglich, die Frösche und Libellen nicht zu bemerken, die vor unserer Ankunft am Rande des Vully-Reisfeldes fliehen. Auch der Einsatz von Herbiziden ist begrenzt: Der Anbau unter zehn Zentimetern Wasser begrenzt das Wachstum von Unkraut, mit Ausnahme von Hirse, die von Hand ausgerissen werden muss.

Florent Hiard/Heidi.news

Ein Frosch im Reisfeld.

Emmanuel Revaz, Mitarbeiter der Walliser Zweigstelle der Schweizerischen Vogelwarte, nimmt an dem Experiment teil, indem er die Entwicklung der Biodiversität auf der Chablais-Parzelle beobachtet:

«Was die biologische Vielfalt betrifft, gibt es erste vielversprechende Anzeichen. So wurden beispielsweise rund 20 Libellenarten erfasst. Das Gleiche gilt für etwa 30 Vogelarten, einschliesslich Stelzvögeln, die nur in Feuchtgebiete ziehen. Natürlich handelt es sich hierbei um Ergebnisse, die sich nur auf ein Jahr beziehen, so dass wir vorsichtig bleiben müssen. Aber es ist schon ermutigend.»

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Hoher Wasserberbrauch. Der Anbau von Nassreis in überfluteten Reisfeldern erfordert viel Wasser, viel mehr als eine herkömmliche Kulturpflanze. Ist es daher klug Reis anzubauen, in einem Klima, in dem Dürren wahrscheinlich zunehmen? Léandre Guillod ist zuversichtlich:

«Dieses Wasser kommt nicht nur dem Reis zugute, sondern auch der biologischen Vielfalt, die sich auf den Feldern entwickelt. Darüber hinaus ist unser Reisfeld ideal gelegen. Es liegt zwischen den Seen mit einem Pumpsystem im Broye-Kanal, das vom Murtensee gespeist wird statt von einem kleineren Wasserlauf. Dies begrenzt die Auswirkungen unserer Tätigkeit auf den natürlichen Wasserkreislauf.»

Stéphane Angst weiss, dass es sich um eine wasserintensive Kultur handelt. «Aber diese Ländereien waren vor der Entwässerung Sumpfgebiete. Das Wasser, das wir hier verwenden, würde andernfalls ohnehin nicht verwendet werden. Solange wir uns an die Nischenproduktion halten, ist das kein Problem.»

Dieser Beitrag wurde erstmals auf Heidi.news veröffentlicht. Unsere Autorin Cornelia Eisenach hat ihn aus dem Französischen übersetzt.

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Hier gibt es Wissenswertes aus der Westschweiz. Die Beiträge stammen von unserem Partner-Portal Heidi.news, wir haben sie aus dem Französischen übersetzt. Heidi.news ist ein Online-Portal, das im Mai 2019 lanciert wurde und das sich unter anderem auf die Berichterstattung über Wissen und Gesundheit spezialisiert. Die Partnerschaft zwischen Heidi.news und higgs ist durch eine Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF entstanden.
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