Das musst du wissen

  • Auf der Reise in den Süden machen Zugvögel Zwischenstopps, um zu essen und Energie zu tanken.
  • Auf ihrem Speiseplan können sich auch mit Insektiziden behandelte Samen befinden. Und diese können gefährlich sein.
  • Denn die Insektizide hemmen den Appetit und verzögern die Weiterreise.

Wenn Zugvögel Samen essen, die mit Insektiziden behandelt worden sind, kann das ihren Hunger hemmen. Deshalb brauchen die Vögel länger, um Energie zu tanken, weshalb sich ihre Weiterreise verzögert. Die längere Rastzeit ist gefährlich, denn am Boden sind die Vögel Raubtieren ausgeliefert. Und nicht nur das: Wer spät im Brutgebiet ankommt, hat es bei der Fortpflanzung nicht leicht.

Verantwortlich für diese Beeinträchtigung ist laut einer kanadischen Studie, die im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurde, der Wirkstoff Imidacloprid – einer der verbreitetsten Insektizid-Wirkstoffe weltweit. Imidacloprid-haltige Insektizide finden in verschiedensten Formen Anwendung, beispielsweise als Spray, Pulver, Granulat oder wasserlösliches Konzentrat. Damit kann man Samen von Raps, Zuckerrüben oder Mais behandeln. Wenn die Pflanze wächst, verbreitet sich der Wirkstoff in der ganzen Pflanze. Imidacloprid ist in der Schweiz nur beschränkt erlaubt, denn von ihm geht laut Bundesamt für Landwirtschaft eine Gefahr für Bienen aus. Wie sich jetzt zeigt, gefährdet das Insektizid nicht nur Schädlinge und Bienen, sondern auch Vögel.

Wissenschaftler haben Dachsammern, also Sperlinge, die in Amerika leben, während des Vogelzugs in Richtung Süden untersucht. Dazu haben sie bei einem Zwischenstopp 33 von ihnen eingefangen, mit Trackern versehen und 24 von ihnen eine Dosis Imidacloprid gespritzt – etwa soviel, wie sie aufnehmen, wenn sie damit behandelte Samen essen würden.

Die Spritze hatte eine beträchtliche Wirkung: Die mit Imidacloprid behandelten Vögel nahmen in den darauffolgenden sechs Stunden durchschnittlich siebzig Prozent weniger Nahrung zu sich, was sie erheblich geschwächt zu längeren Zwischenstopps gezwungen hat. Sie warteten im Schnitt ganze vier Tage, bevor sie weiterflogen. Die Kontrollgruppe, also die neun Vögel ohne Imidacloprid-Spritze, zogen schon nach nur einem halben Tag weiter.

Durch die längeren Flugpausen sind die Zugvögel nicht nur länger der Gefahr von Raubtieren ausgesetzt, sondern kommen auch später in den Brutgebieten an. Verspätete Vögel legen weniger Eier, haben also weniger Jungen. Diese sind zudem in schlechterer körperlicher Verfassung als ihre Genossen.

Wie eine frühere Studie zeigte, ist Imidacloprid in höheren Dosen gar tödlich für Vögel. Immerhin ist der Wirkstoff in niedrigen Dosen abbaubar, die Vögel werden also wieder gesund. Trotzdem beeinträchtigt das Insektizid die Bestände der Zugvögel, die auf dem Weg in den Süden auf Feldern rasten.

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