Das musst du wissen

  • Mindestens 3,2 Millionen Quadratkilometer Land wurden weltweit zwischen 2000 und 2012 zu Naturschutzgebiet erklärt.
  • Wäre das nicht geschehen, wären zusätzliche 86 000 Quadratkilometer Wald verloren gegangen.
  • Die Effektivität der Naturschutzgebiete unterscheidet sich aber je nach Land stark.
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Naturschutzgebiete machen heute rund 15 Prozent der Landfläche aus. Bis 2030 soll ein Drittel der Erdoberfläche sowohl an Land als auch zu Wasser unter Schutz stehen, um die Ökosysteme und die Artenvielfalt zu erhalten. Wie effektiv Naturschutzgebiete aber zum Beispiel den Wald schützen, ist umstritten. Manche stehen sogar unter Verdacht, nur auf dem Papier zu existieren – und den Wald de facto kaum zu schützen. Forschende haben die Effektivität von grossen Schutzgebieten weltweit nun mittels Satellitendaten ermittelt. Ihre Studie ist im Fachmagazin Environmental Research Letters erschienen.

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Studie: What determines the effectiveness of national protected area networks?KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie verwendeten Daten beinhalten nicht alle Faktoren, welche die Effektivität eines Schutzgebietes bestimmen, vor allem lokale Faktoren wie politische Entscheide fehlen. Es wurde nur der Schutz des Waldes betrachtet, wie gut Tiere oder andere Lebewesen geschützt werden, kann die Studie nicht klären. Auch betrachten die Autoren nur Schutzgebiete, die zwischen 2000 und 2012 entstanden sind. Die Studie kann dementsprechend nur Hinweise geben.Mehr Infos zu dieser Studie...

Trotz Schutzstatus verschwindet Wald

Die japanischen und amerikanischen Forschenden verglichen dabei Waldgebiete, die unter Schutz standen mit Waldgebieten, die nicht unter Schutz standen, aber ähnliche Umgebungsbedingungen hatten – zum Beispiel also gleich nahe an einer grossen Stadt lagen. Dann berechneten sie, wie viel Wald in dem Gebiet verloren gegangen wäre, wenn es nicht geschützt gewesen wäre. In die Untersuchung flossen nur Naturschutzgebiete ein, die zwischen dem Jahr 2000 und 2012 entstanden sind und eine gewisse Grösse haben. So kamen Naturschutzreservate in 81 Ländern zusammen, die insgesamt eine Fläche von 3,2 Millionen Quadratkilometern ausmachen. Fast die Hälfte an neuem Naturschutzgebiet stellte dabei Südamerika. Nur zehn Prozent der Reservate entstanden wiederum in sehr armen Ländern wie Mali oder Bangladesch.

Die Berechnungen ergaben, dass die Reservate dazu führten, dass dort 72 Prozent weniger Wald verschwand als ohne Schutz. Wäre der Wald also nicht in einem Reservat gestanden, wären weltweit zusätzliche 86 000 Quadratkilometer Wald verloren gegangen. Das heisst aber auch: 34 000 Quadratkilometer bewaldetes Gebiet schwand trotz des Schutzstatus – das ist etwa so gross wie die Fläche Belgiens. Die Gründe für den Waldverlust können dabei sehr verschieden sein, Holz- oder Landwirtschaft, die Suche nach Rohstoffen und die Urbanisierung sind ebenso Treiber wie Waldbrände.

Je genauer man pro Land hinschaut, desto grösser sind die Unterschiede in der Effektivität des Schutzes. In Ländern mit sehr tiefem Einkommen zum Beispiel reduzierte das Reservat den Waldschwund um weniger als vierzig Prozent. In Afrika erreichte Südafrika die höchste Effektivität, in Asien war es Kambodscha und in Europa Lettland – die Schweiz war nicht unter den betrachteten Ländern.

Allerdings hängt die Effektivität auch davon ab, ob das Schutzgebiet überhaupt in einer Umgebung lag, in der Wald bedroht war. Denn wo keine Bedrohung, da beträgt die Reduktion des Waldverlustes, der dank dem Schutz nicht passiert ist, null Prozent.

Landwirtschaft macht Schutz schwieriger

Deshalb rechneten die Forschenden mit einem selbstlernenden Algorithmus weiter, welcher aus 14 demographischen, ökonomischen, landwirtschaftlichen und politischen Faktoren jene kalkulierte, die die Effektivität am meisten beeinflussten. Ein wichtiger Faktor war, wie rigoros der Schutz war, wie viel menschliche Aktivität in dem Gebiet also erlaubt war. Je strikter, desto effektiver war der Schutz. 26 Prozent der untersuchten Naturschutzgebiete implementierten solch strikte Regeln. Ausserdem reüssierte der Schutz in Ländern mit hohem ökonomischem Wachstum eher. Sehr landwirtschaftlich geprägte Länder hingegen hatten es schwerer – umso mehr, wenn die Regierungsstrukturen schwach waren.

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«Wissenschaftler fordern, dass dreissig Prozent Land und Wasser bis 2030 geschützt sind», sagt Erstautorin Payal Shah, Forscherin am Okinawa Institute of Science and Technology, in einer Mitteilung. «Doch je mehr Land unter Schutz steht, desto wichtiger ist es, zu messen, wie gut der Schutz überhaupt funktioniert.» Denn wird der Schutzstatus zu einem Papiertiger, stehen wir bezüglich Naturreservaten wieder ganz am Anfang.

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