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Schutz vor Covid-19 ist nach wie vor wichtig, denn zurzeit werden laufend Studien publiziert, die zeigen, welch gewaltige Auswirkungen die Krankheit auf verschiedenste Organe des menschlichen Körpers haben kann. Da fragen sich viele – vor allem ältere Menschen und solche, die ein geschwächtes Immunsystem haben –, ob sie sich mit einer zweiten Auffrischungsimpfung schützen sollen.

Der Nutzen einer zweiten Auffrischung ist allerdings wissenschaftlich nicht klar belegt. Die Daten stammen vor allem aus Israel, das schon im Januar dieses Jahres begonnen hat, diesen zweiten Booster zu verabreichen. So sind dann auch die Empfehlungen verschiedener Länder sehr unterschiedlich:

In einigen Ländern zugelassen und empfohlen

Die USA haben Ende März den zweiten Booster für Immunschwache und Personen älter als 65 Jahre zugelassen. Am 19. Mai dann hat das amerikanische Center for Disease Control CDC zweiten Booster für Personen über fünfzig Jahren empfohlen.

Dessen europäisches Pendant, das ECDC und die europäische Zulassungsbehörde sind mit der Zulassung für den zweiten Booster zurückhaltender, empfehlen ihn aber für Personen über achtzig Jahre.

Die verantwortlichen Schweizer Institutionen – Swissmedic und die Impfkommission – geben hingegen noch keine Empfehlung. Man müsse die persönlichen Umstände und die lokale epidemiologische Lage als Massstab nehmen, heisst es. Immerhin überlässt man die Entscheidung über eine zweite Auffrischungsimpfung den Ärztinnen und Ärzten. Off-Label nennt man das: Anwendung ohne offizielle Zulassung. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich den zweiten Booster holen.

So weit so gut. Würde man meinen.

Doch hier tritt eine Absurdität des Schweizer Gesundheitswesens zutage: Wer den zweiten Booster will – das Bundesamt für Gesundheit rechnet mit etwa zehn- bis zwanzigtausend Menschen – soll ihn nach dem BAG selbst bezahlen. Kostenpunkt etwa sechzig Franken.

Das ist seltsam, weil es wie gesagt unumstritten ist, dass Covid bleiben wird, in wie gefährlicher Form auch immer. Diese zumindest momentane Pflicht zum Selbstbezahlen kritisieren Fachleute wie das ehemalige Taskforce-Mitglied Dominique de Quervain.

Schutz vor Covid-19 ist nach wie vor wichtig, denn zurzeit werden laufend Studien publiziert, die zeigen, welch gewaltige Auswirkungen die Krankheit auf verschiedenste Organe des menschlichen Körpers haben kann.

Homöopathie bezahlt, Impfen nicht?

Er vergleicht die Abwälzung der Kosten für die Auffrischungsimpfung auf Patientinnen und Patienten mit der Kostenübernahme durch die Krankenkassen für homöopathische Mittel.

Homöopathie, gegen was auch immer, hat keinen pharmakologisch nachweisbaren Effekt und wirkt nicht über den Placebo-Effekt hinaus, aber die Krankenkassen bezahlen. Einen Impfstoff, der Todesfälle und schwere Erkrankungen mit hoher Zuverlässigkeit verhindern kann, müssen wir selbst berappen. «Public Health sieht anders aus» schreibt de Quervain auf Twitter.

Nun ist der Vorschlag des Bundesamts für Gesundheit zur Konsultation bei den Kantonen. Ob eine Impfung weniger unterstützenswert ist als homöopathische Kügelchen, wird am 10. Juni entschieden.

Der Faktist

Der Faktist schaut ganz genau hin. Im Dschungel der wissenschaftlichen Studienresultate behält er den Überblick. Zeigt, was zusammenhängt. Und was einfach nicht aufgeht. Der Faktist ist Beat Glogger, Gründer und Chefredaktor von higgs. Jeden Dienstag als Sendung auf Radio 1 und als Video auf higgs.
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