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Obschon gegenwärtig immer mehr Leute mit Covid-19 in die Spitäler eingeliefert werden, und obschon die Intensivstationen in einigen Kantonen nun am Limit sind, hält sich die Behauptung, die Corona-Tests seien nicht aussagekräftig.
Die gängigsten Argumente hier im Faktencheck
Argument 1: Der PCR-Test weist kein Virus nach, sondern nur Virusbruchstücke. Darum werden fälschlicherweise auch ähnliche, aber harmlose Coronaviren als Sars-CoV-2 identifiziert.
Fakt 1: Der erste Teil der Aussage stimmt. Der PCR-Test weist nur bestimmte Stellen aus dem Erbgut des Sars-CoV-2 nach. Doch heute gebräuchliche Test erkennen hochspezifisch zwei bis drei verschiedene Stellen des Virus. Dies macht den zweiten Teil der Aussage, also eine Verwechslung, sehr unwahrscheinlich.
Argument 2: Wenn bei jemandem im Nasenrachenraum Bruchstücke des Virus gefunden werden, bedeutet das nicht, dass diese Person mit dem Virus infiziert war. Genauso gut könnte er oder sie die toten Virusteile auch eingeatmet haben.
Fakt 2: Theoretisch ja. Eigentlich aber nein. Es gibt keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass man genügend tote Virusteile einatmen könnte, die zu einem positiven Testresultat führt.
Theoretisch können lebendige Viren eingeatmet werden, ist also eine Übertragung via Aerosole nicht auszuschliessen. Studien
weisen aber darauf hin, dass diese Art von Übertragung für das Virus nicht effizient ist. Die meisten Infektionen erfolgen via Tröpfchen und engem Kontakt. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand nicht infektiöse Virusbestandteile einatmet und unmittelbar danach – das heisst, so lange diese Virusbruchstücke noch auf der Schleimhaut liegen – ohne irgendwelche Krankheitssymptome einen Corona-Test macht, dürfte nahe bei null sein.
Wenn also bei jemandem Virusbruchstücke gefunden werden, bedeutet das, dass er tatsächlich infiziert ist, oder zuvor war.
Argument 3: Ein positives Testresultat heisst nicht, dass jemand an Covid-19 erkrankt ist.
Fakt 3: Korrekt. Infiziert bedeutet nicht automatisch erkrankt. Auch zeigen viele Infizierte nur milde Symptome, weil das Immunsystem nicht bei allen Menschen gleich heftig auf das Virus reagiert. Und letztlich ist es eine überschiessende Reaktion des Immunsystems, die uns krank macht. Aber jeder, der das Virus hat, kann es auch weitergeben. In welchem Mass, ist noch unklar. Aber es bedeutet, dass alle Infizierten auch potenzielle Überträger sind – und darum relevant für das Fortschreiten der Infektionskette.
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Argument 4: Je mehr getestet wird, desto mehr Infizierte findet man.
Fakt 4: Stimmt, so lange das Virus weiterhin in der Bevölkerung unkontrolliert zirkuliert. Aber wenn man nicht testet, also die Infizierten nicht findet, heisst das nicht, dass es sie nicht gibt. Oder anders gesagt: Dem Virus ist egal, ob wir testen.
Es ist nicht die Anzahl Tests, die die positiven Fälle ausmacht. Das zeigt der Verlauf der Testkurve in der Schweiz. Schon im Juni und Juli haben wir die Testfrequenz erhöht – und nur sehr wenig Infizierte gefunden.
Die Fallzahlen steigen unabhängig von der Testintensität. Das zeigt der Umstand, dass in den vergangenen vier Monaten die Zahl gefundener Fälle bezogen auf die Zahl der Tests – also die sogenannte Positivitätsrate – kontinuierlich gestiegen ist. Von 1 Prozent am 1. Juli auf aktuell über 25 Prozent. Das heisst, es gibt tatsächlich mehr Fälle.
Argument 5: Die hohe Positivitätsrate zeigt, dass sehr viele Leute das Virus haben, ohne krank zu werden. Also ist es nicht so gefährlich.
Fakt 5: Der erste Teil des Arguments stimmt. Aber die hohe Positivitätsrate deutet auf eine hohe Zahl von Infizierten hin, die man nicht entdeckt hat – man redet von der Dunkelziffer. Diese Dunkelziffer ist massgebend für den Verlauf der Pandemie. Denn wenn man davon ausgeht, dass jede zehnte infizierte Person Spitalpflege benötigt, kann man anhand der heute erhobenen Positivitätsrate abschätzen, wie viele Menschen in zirka zehn Tagen ins Spital müssen.
Das ist relevant für die Planung im Gesundheitssystem. Keine Aussage macht die Positivitätsrate über die Gefährlichkeit des Virus für eine einzelne Person.
Fazit: Viele Argumente der PCR-Skeptiker stimmen halb, sind nicht zu Ende gedacht – sind also Halbwahrheiten.