Kaum eine Tierart geniesst einen schlechteren Ruf als der Wolf: Hinterlistig, scheinheilig und ungeheuer gefrässig vertilgen Wölfe in Märchen sogar Grossmütter und kleine Mädchen. In Wirklichkeit jagen sie bevorzugt Rehe, Hasen und Füchse oder Vögel, und fressen Früchte oder Aas. Auch Haustiere werden gelegentlich gerissen, besonders dann, wenn sie ungeschützt sind. Seit den 1990er Jahren wandern Wölfe zurück in die Schweiz. Heute leben schweizweit 30-40 Tiere in Rudeln oder als Einzeltiere.
Ob schlau, hinterlistig oder gutmütig – in Märchen verkörpern Tiere menschliche Eigenschaften und prägen damit auch unser Wissen über die Tiere. Oft stehen diese Bilder dem sachlichen Umgang mit Wildtieren jedoch im Wege. Im Naturmuseum Thurgau in Frauenfeld widmet sich die aktuelle Ausstellung «Grimms Tierleben» zehn Tierarten aus den Märchen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Indem die Märchen der biologischen Wirklichkeit gegenüber gestellt werden, verbindet die Ausstellung Fantasie und Wissenschaft und fordert dazu auf, die eigenen Vorstellungen von Wildtieren zu hinterfragen.