Das musst du wissen

  • Eine internationale Studie befragte mehrere Zehntausend Personen aus 26 Ländern zum Thema Verschwörungsmentalität.
  • Das Ergebnis: Für Verschwörungstheorien empfänglicher sind vor allem Links- und noch stärker Rechtsextreme.
  • Besonders ausgeprägt war der Glaube jener Personen, die nicht in der Regierung vertretene Parteien wählten.
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Verschwörungstheorien sind längst kein Randphänomen mehr. Insbesondere im politischen Kontext stechen sie hervor und gedeihen, so der wissenschaftliche Konsens. Unklar war bisher aber, ob Menschen aller politischer Lager verschwörerische Weltanschauungen gleichermassen unterstützen oder ob sich die Neigung je nach Lager unterscheidet. Nun deutet eine internationale Studie daraufhin, dass Zweiteres zutrifft. Sie wurde im Fachmagazin Nature Human Behaviour veröffentlicht.

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Studie: Conspiracy mentality and political orientation across 26 countriesKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsInsgesamt stellt die Studie die bisher umfassendste Untersuchung zum Thema Verschwörungsmentalität dar. Gerade weil so viele Länder beteiligt waren, ist es darum möglich, generellere Aussagen über Zusammenhänge zu machen. Aufgrund der grossen Heterogenität der Daten gab es, obwohl viele ähnliche Muster aufwiesen, doch auch grosse Unterschiede zwischen den Ländern sowie zwischen den zwei Befragungen. Darüber hinaus befindet sich unter den untersuchten Ländern keines aus Afrika und nur je eines aus Asien und Südamerika. Sie konzentriert sich damit fast ausschliesslich auf den globalen Norden. Für diesen kann sie lediglich eine Korrelation und keinen kausalen Zusammenhang herstellen.Mehr Infos zu dieser Studie...

Um den Zusammenhang zwischen der Empfänglichkeit für Verschwörungstheorien und der politischen Orientierung zu untersuchen, führte das internationale Team von Forschenden zwei Umfragen durch. Insgesamt nahmen mehr als 100 000 Personen aus 26 Ländern teil – darunter auch rund achthundert Personen aus der Deutsch- und Westschweiz. Dabei verzichteten die Forschenden darauf, in ihrem Fragebogen bestimmte Verschwörungstheorien ausdrücklich zu erwähnen. Vielmehr massen sie die sogenannte Verschwörungsmentalität. Diese bezeichnet eine generelle Tendenz, hinter Aspekten des Weltgeschehens eine geheime Verschwörung zu vermuten. Die politische Orientierung erfassten sie auf zwei Arten: Einerseits schätzten sich die Befragten selbst auf einer Links-Rechts-Skala ein. Andererseits leiteten Politikforschende die Orientierung basierend auf den angegebenen Präferenzen für politische Parteien ab. Erfasst wurde dabei auch, ob diese Partei zum Zeitpunkt der Datenerhebung an der Macht war.

Beide Umfragen und Methoden zeichneten ein ähnliches Bild: Der Glaube an Verschwörungstheorien war bei Personen mit extremen politischen Anschauungen am stärksten ausgeprägt – insbesondere am rechten Rand des Spektrums. Personen aus der politischen Mitte hingegen glaubten kaum an geheime Mächte. Das könnte den Forschenden zufolge zwei Gründe haben: Einerseits könnte die Verschwörungsmentalität eine Reaktion auf die Tatsache sein, dass die eigenen politischen Ideen nicht zum politischen Mainstream gehören. Andererseits könnte es vielmehr die allgemeine Weltanschauung sein, die die politischen Präferenzen bestimmt. Das bedeutet, dass Personen, die dazu neigen, an dunkle Mächte zu glauben, sich eher extremistische Parteien zuwenden.

Tatsächlich scheint es eine Mischung aus beidem zu sein. Denn: Selbst wenn die von ihnen bevorzugte Partei an der Macht war, vertraten Personen am politischen Rand immer noch eine verschwörerische Weltsicht. Andererseits neigten gerade Wählerinnen und Wähler von Oppositionsparteien zu verschwörerischen Vorstellungen, vor allem im rechten Lager. Dies unterstützt die Annahme, dass Verschwörungstheorien etwas für politische Verlierer sind, also jene Menschen, die sich von der Mitsprache ausgeschlossen und damit politischer Kontrolle entzogen fühlen. Offen bleibt hier aber die Frage nach der Kausalität: Also ob sich Personen, die eine Wahl verlieren, eher von Verschwörungstheorien angesprochen fühlen, oder ob Parteien mit sehr geringer Chancen, eine Wahl zu gewinnen, Verschwörungsgläubige eher ansprechen – etwa wegen ihrer populistischen Anti-Eliten-Rhetorik oder weil sie ein Bedürfnis nach Einzigartigkeit stillen.

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