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Was können sich Talkmaster Namen, Fakten und Zusammenhänge ohne Problem merken. Wie machen die das? Endlich hat jetzt eine von ihnen ihr Geheimnis gelüftet – Oprah Winfrey hat gestanden, sie benutze einen Brain Booster. Man könnte auch sagen sie nimmt Hirndoping. Und zufälligerweise findet man auf der Website, die das verkündet, auch gleich noch den Link zu dem Produkt, das Oprah offenbar täglich schluckt. Das ist praktisch. Oder verdächtig.

Schauen wir doch mal das Produkt genauer an. Wobei alles, was ich darüber sage, mehr oder weniger auch auf alle anderen Produkte dieser Art zutrifft. Sie sind im Moment ziemlich populär und sie versprechen viel:

Brain Booster steigern Intelligenz, Produktivität, Konzentration und Hirngeschwindigkeit. Und sie verleihen Energie. Also, was steckt denn in diesem Wundermittel?

Bacopa Monnieri.

Das ist ein Extrakt aus einem kleinen Blümchen, dem kleinen Fettblatt. Es enthält eine Reihe medizinisch nutzbarer Inhaltsstoffe. Darunter verschiedene Flavonoide (das hat es übrigens auch in Äpfeln und Tee). Einige dieser Stoffe (z.B. Luteolin, Apigenin) zeigen im Laborversuch eine antioxidative und antikarzinogene Wirkung. Die sind aber beim Menschen noch nicht wissenschaftlich erprobt – und es gibt auch keine Zulassung für die Behandlung von Krebs.

Blätter und Blüten des kleinen FettblattesForest & Kim Starr, starrenvironmental.com

Kleines Fettblatt (Bacopa Monnieri).

Ausserdem steckt in dem Brain Booster laut den Herstellern natürliches Vinpocetin: Das ist geschummelt. Vinpocetin ist ein halbsynthetischer Abkömmling von einem natürlichen Stoff, der im Kleinen Immergrün vorkommt und als Arzneistoff verwendet wird. Es erweitert die Blutgefässe im Gehirn und wurde als Medikament bei Demenz erprobt. Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Als Medikament zugelassen ist es in der Schweiz nicht.

Kleines Immergrün mit blauen BlütenWikimedia/4028mdk09

Kleines Immergrün.

Dann hat es noch Ginkgo Biloba drin. Das wird in der fernöstlichen Medizin seit Jahrhunderten eingesetzt. Es soll jung halten Und Acetyl-L-Carnitin, eine Aminosäure, die die Energieversorgung des Gehirns verbessern soll. Im Brain Booster sind also allerhand Substanzen drin, denen eine Wirkung zugeschrieben wird, die aber wissenschaftlich nicht erwiesen ist.

Produkte wie der Brain Booster halten uns die Paradoxien dieser Gesellschaft vor Augen

  • Es ist nicht klar, was da alles drin ist und wieviel – und was die Inhaltsstoffe bewirken. Trotzdem schlucken es die Leute ohne Bedenken. Wogegen man bei einem Medikament wie z.B. Ritalin, von dem man die molekulare Struktur und den Wirkmechanismus bis ins letzte Detail kennt, skeptisch ist.
  • 30 Pillen kostet 50 Dollar. Macht im Jahr 600 Dollar – ohne nachgewiesene Wirkung. Ähnliche Kosten für Krankenkassenprämien oder ein Zeitungsabonnement finden viele Leute eine Unverschämtheit, obschon diese einen nachweislich positiven Effekt auf Gesundheit und Gehirn haben.
  • Wenn die Pharmaindustrie Gewinne macht, wird das als Geldmacherei verurteilt. Zum Vergleich: nur von dem einen Hirnbooster, den Oprah Winfrey angeblich verwendet, sind bisher um die 13 Millionen Flaschen verkauft worden. Macht 650 Mio. Dollar. Insgesamt ein Milliardenmarkt. Aber eben, der Pharma geht es ja ums Geld und die Supplementhersteller wollen nur unser Bestes – also auch das Geld.

Auf der Website des Produkts steht, man werde den Effekt nach wenigen Wochen spüren. Solle aber nicht vergessen, auch genügend zu schlafen, wenig Alkohol und genügend Wasser trinken, das Gehirn regelmässig anzustrengen und Sport treiben. Und das alles hält definitiv das Gehirn fit. 

Der Faktist

Der Faktist schaut ganz genau hin. Im Dschungel der wissenschaftlichen Studienresultate behält er den Überblick. Zeigt, was zusammenhängt. Und was einfach nicht aufgeht. Der Faktist ist Beat Glogger, Gründer und Chefredaktor von higgs. Jeden Dienstag als Sendung auf Radio 1 und als Video auf higgs.
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