Das musst du wissen

  • Der weibliche Sprachstil ist narrativer, persönlicher und emotionaler, der männliche abstrakter und analytischer.
  • Tendenziell sind männliche Merkmale mit grösserem Einfluss und mehr Kompetenz verbunden.
  • Online hingegen scheint ein frauentypischer Sprachstil beliebter zu sein, unabhängig vom Geschlecht der Vortragenden.
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Wer heutzutage einen Vortrag halten will, tut dies online. Und erreicht so über Plattformen wie Youtube potenziell Milliarden von Nutzerinnen und Nutzern auf der ganzen Welt. Dabei wirkt sich die Art und Weise, wie jemand seine Ideen und Inhalte präsentiert, stark auf die soziale Wirkung aus. So scheinen Beiträge von Personen, die einen weiblichen Sprachstil nutzen, besonders beliebt zu sein. Dies zeigt eine Studie, die im Fachmagazin Plos One publiziert wurde.

Science-Check ✓

Studie: Stereotyping in the digital age: Male language is “ingenious”, female language is “beautiful” – and popularKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie untersucht Beiträge der Online-Plattform TED aus den Jahren 1990 bis 2017. Da die Plattform bekannt ist für ihre unterhaltsamen Beiträge und die Vortragenden ein Training zu verschiedenen Vortragstechniken erhalten, lassen sich die Ergebnisse nicht auf Online-Beiträge im Allgemeinen übertragen.Mehr Infos zu dieser Studie...

Für ihre Studie analysierten die Forschenden knapp 1100 Beiträge der digitalen Plattform für Wissensvermittlung «Technologie, Entertainment und Design», kurz TED. In diesen Videos halten unter anderem Wissenschaftler, Unternehmerinnen, aber auch Künstler kurze Vorträge über ihr Fachgebiet. Die Beiträge werden durchschnittlich zwei Millionen Mal angesehen.

Um zu sehen, wie sich die Sprache auf die Beliebtheit auswirkt, identifizierten die Forschenden in allen untersuchten Beiträgen typisch männliche und typisch weibliche sowie altersabhängige Sprachstile. Dazu nutzten sie zwei Wörterbücher mit Listen von Wörtern, mit denen man das Geschlecht und das Alter einer Person relativ genau vorhersagen kann. Als typisch männlich gilt eine eher komplexe, abstrakte und analytische Sprache, während Frauen tendenziell narrativer, persönlicher, sozialer und emotionaler sprechen. Im Vergleich zu jüngeren Menschen drücken ältere eher Sicherheit, Wortgewandtheit und Komplexität aus und neigen dazu, sich weniger auf sich selbst dafür mehr auf andere zu beziehen.

Frühere Untersuchungen von Offline-Vorträgen deuten darauf hin, dass männliche und jüngere Personen einflussreicher sind, da Zuschauerinnen und Zuschauer sie aufgrund ihres Sprachgebrauchs als kompetenter wahrnehmen. Online scheint nun aber genau das Gegenteil der Fall zu sein. Zwar wurden Vorträge von Frauen grundsätzlich weniger oft angeklickt als jene von Männern. Wenn die Vortragenden jedoch typisch weiblich sprachen, erreichten sie eine grössere Reichweite als mit einer stärker männlich geprägten Sprache – unabhängig davon, ob es sich beim Sprecher um eine Frau oder einen Mann handelte. Die in weiblichem Stil gehaltenen Vorträge wurden bis zu 700 000 Mal mehr angesehen. Keinen Einfluss auf die Reichweite hatte hingegen das Alter der Personen.

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Verglichen die Forschenden die Online-Bewertungen der Vorträge in den Kommentarspalten, spiegelten sich die Geschlechterstereotypen. Je weiblicher der Sprachstil, desto eher wurden die Beiträge als schön, mutig oder lustig bewertet und je männlicher, desto eher als genial, informativ oder überzeugend.

Diese Ergebnisse widersprechen der verbreiteten Vorstellung, dass die weiblichen Qualitäten – Wärme und Herzlichkeit – auf Kosten von Status und Macht gehen. Und deuten im Gegenteil viel eher darauf hin, dass
die frauentypische Sprache im digitalen Kontext – ganz unabhängig vom Geschlecht – ein effektives Mittel sein kann, um die Sichtbarkeit zu erhöhen.

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