Weniger Fleisch – freiwillig und mit Genuss

Die Agrarproduktion ist wichtig für eine nachhaltige Ernährung. Am wichtigsten ist jedoch der Konsum, insbesondere von tierischen Nahrungsmitteln. Für die Schweiz wird geschätzt, dass die Hälfte des Fleisches auswärts gegessen wird. Wegleitend für das Forschungsprojekt NOVANIMAL war deshalb die Frage, welche Innovationen zur Senkung des Konsums tierischer Nahrungsmittel in der Ausser-Haus-Verpflegung beitragen können. Zentral: Weniger Fleisch soll das Ergebnis freier Wahl sein und genussvoll obendrein.

Daten: Kassendaten SV Schweiz und ZHAW (2017(

Häufigkeit der sieben Mensa-Verpflegungsmuster nach Geschlecht. In Klammer stehen die Umweltbelastungspunkte (UBP) des Median-Menüs, gerundet auf 100 UBP. Ausgenommen das Verpflegungsmuster der «Buffetarians», das nicht bewertet werden konnte. Konkrete Median Menüs: «Never Meat»: Appenzeller Käsehörnli mit Apfelmus; «Veg-flexitarians»: Gemüse-Paella mit Mozzarella Sticks; «Meat-flexitarians»: Ravioli Tartufo mit Kürbis; «Meat Eaters»: Monte Christo Hackfleischbällchen und Teigwaren mit Blattsalat; «Meat Lovers» und «Always Meat»: Schweins-Cordon bleu mit Pommes und Karotten.

Nicht nur Vegis wählen Vegi

Während des NOVANIMAL-Feldexperimentes in den Mensen Grüental und Reidbach im Herbstsemester 2017 wurde getestet, wie ein verändertes Angebot die Menüwahl beeinflusst. Für die 990 Personen, die in den 12 Experimentwochen mindestens sechs Mal in der Mensa gegessen hatten, wurde unter anderem untersucht, wie häufig sie ein Fleischmenü wählten. In Abhängigkeit vom Anteil Fleischmenüs wurden sieben Mensa-Verpflegungsmuster definiert. Die beiden extremen Muster «Never Meat» und «Always Meat» trafen nur auf je 2 Prozent der Gäste zu. Hinzu kommen 2 Prozent «Buffetarians», die sich immer für Hot & Cold entschieden. 94 Prozent der Gäste zeigten sich flexibel: Konkret waren 22 Prozent «Veg-flexitarians», 19 Prozent «Meat-flexitarians», 33 Prozent «Meat Eaters» und 21 Prozent «Meat Lovers». Fazit: Nicht der Life¬style, sondern das Angebot gibt den Ausschlag.

Mensa mit ökologischem Vorsprung

Für 93 Menüs – 42 Prozent mit Fleisch, 7 Prozent mit Fisch, 32 Prozent ovo-lakto-vegetarisch und 18 Prozent vegan – wurden mit der Methode der ökologischen Knappheit sogenannte Umweltbelastungspunkte (UBP) berechnet. So konnte der «ökologische Fussabdruck» von sechs Mensa-Verpflegungsmustern bestimmt werde. Der robuste Zusammenhang, dass eine flexi- oder vegetarische Ernährung die Umwelt weniger belastet, wurde bestätigt. Wobei das Potenzial vermehrt pflanzlicher Ernährungsgewohnheiten sogar noch grösser ist, als es die Abbildung suggeriert. Dies, weil die Fleischportionen in der Mensa aus wirtschaftlichen Gründen kleiner sind und weniger teures Fleisch enthalten als Fleischmenüs zu Hause oder im Restaurant. Bei der Berechnung der UBP wurde die Umweltbelastung proportional zum Wertanteil auf die Fleischstücke verteilt. Hackfleisch ist deshalb weniger umweltbelastend als ein Steak.

Frauen – häufiger flexitarisch und mit kleinerem Fussabdruck

Zwei Drittel der männlichen Gäste zeigten ein fleischlastiges Verpflegungsmuster im Vergleich zu einem Drittel der weiblichen Gäste (Abbildung). In der Befragung während des Feldexperiments fällt ausserdem auf, dass Frauen häufiger angaben, sich Gedanken zu machen über die Folgen ihrer Ernährung für ihre Gesundheit (F: 55 %, M: 43 %), für die Umwelt (F: 44 %, M: 31 %), die Nutztiere (F: 42 %, M: 29 %) und die Arbeitenden in den Nahrungsmittelketten (F: 27 %, M: 19 %).

Weil es sich lohnt: mehr Vegi

Die Gäste mit flexi- oder vegetarischen Verpflegungsgewohnheiten haben weniger häufig in der Mensa gegessen als diejenigen, die mehrheitlich ein Fleischmenü wählten (durchschnittlich 18 im Vergleich zu 22 Mal). Dies passt zur Befragung: Personen, die ihr Essen meistens selber mitnehmen, gaben häufiger an, sich «oft», «meistens» oder «immer» vegetarisch zu ernähren als Personen, die meistens in die Mensa gehen (46  Prozent im Vergleich zu 28 Prozent). Auch der mit 2 Prozent kleine Anteil «Never Meat» ist ein Hinweis, dass Menschen, die flexitarisch unterwegs sind, die Mensa weniger häufig besuchen. Mehr und genussvolle Vegi-Angebote könnten eine ökonomische und ökologische Win-win-Strategie für die Gastronomie sein, indem dadurch neue Gäste gewonnen werden, die Stammkundschaft häufiger ein Vegi-Menü wählt und sich so der ökologische Fussabdruck der Mittagsverpflegung reduziert. 

Dieser Beitrag stammt von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Er erschien erstmals im ZHAW-Magazin «Transfer» 2019/2. Weitere Artikel von «Transfer» findest du hier.

Angaben zum Forschungsprojekt

NOVANIMAL Innovations for a future-oriented consumption and animal production

  • NOVANIMAL schlägt mehr als 50 Innovationen für die Ausser-Haus-Verpflegung vor, um pflanzenbasierte Ernährungs¬gewohnheiten zu fördern.
  • Leitung: Priska Baur und Jürg Minsch, Forschungsgruppe Geography of Food
  • Projektdauer: September 2016 – Dezember 2018, Partner (Feldexperiment): SV Schweiz, Facility Management ZHAW
  • Kontakt zu den Projektverantwortlichen: Dr. Priska Baur, Dozentin, baur@zhaw.ch.
    Gian-Andrea Egeler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, egel@zhaw.ch.
  • Förderung: NFP 69 Gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion, Schweizerischer Nationalfonds

ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management

Hier präsentiert das Departement Life Sciences und Facility Management der ZHAW in Wädenswil Geschichten aus der Forschung.
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