Zwar hat die Globalisierung bereits stattgefunden, doch statt die Vielfalt zu nutzen, bedienen wir uns gängiger Stereotypen – und verstärken somit unsere Vorurteile: Deutsche sind aggressiv, Ex-Jugoslawen kriminell, Afrikaner Drogendealer und die Romands die Griechen der Schweiz.

Aber unter Interkulturalität verstehe ich nicht nur die Zusammenarbeit mit Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Herkunft, sondern ein vielfältiges Team per se. Denn uns beeinflussen die unterschiedlichsten Faktoren. Wir sind alle in einem unterschiedlichen Umfeld aufgewachsen und haben dadurch andere Wertvorstellungen und andere Vorstellungen von Normalität. Davon, was höflich ist und davon, was richtig und falsch ist. Wir kommen aus unterschiedlichen Berufsfeldern und vertreten unterschiedliche Generationen.

Das Potenzial, das diese Vielfalt mit sich bringt, liegt brach. Denn um dieses nutzen zu können, müssen wir uns in einem ersten Schritt kennen. Um uns zu kennen, brauchen wir den Kontakt, den Dialog, das Zusammenleben und -arbeiten. Erst das führt zu gegenseitigem Verstehen. So ist es beispielsweise jemandem aus einer eher personenorientierten Kultur wichtig, bei der Arbeit mit den Kolleginnen und Kollegen als erstes ins Gespräch zu kommen. Wenn wir diese Person nun öfters bei Kaffeepausen sehen und bei uns selber wenig Ethnorelativismus – also interkulturelle Intelligenz – da ist, denken wir, sie sei faul. Eine Steigerung ist dann das stereotype Bild, dass etwa «die Italiener» weniger fleissig sind als «die Schweizer». Dadurch kann eine Wir-Sie-Situation entstehen. Und aus dieser kommt man nur schwer wieder heraus.

Der nächste Schritt ist Respekt vor der Andersartigkeit und die Grundhaltung: Es geht auch anders! Denn wenn ich nicht mehr will, dass der andere so ist wie ich, stehen die Chancen gut für den letzten Schritt, der zum Nutzen führt. Dabei werden die Vorteile der Andersartigkeit gebündelt, jeder und jede bringt die eigenen Stärken ein. Im Idealfall profitieren alle.

Samuel van den Bergh

Dozent für Interkulturelle Kommunikation

Samuel van den Bergh ist Dozent für Interkulturelle Kommunikation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und leitet Workshops in Unternehmen.

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