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Natürlich darf man das süsse Produkt noch essen. Aber ob es seinen alten Namen unbedingt behalten muss?

Aus sprachwissenschaftlicher und historischer Sicht ist der Fall klar: Das Wort «Mohr» stammt aus dem Althochdeutschen des 8. Jahrhunderts, und es bezeichnete Menschen aus Mauretanien – dem heutigen Marokko. Also Dunkelhäutige.

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Damals war es nicht unbedingt abschätzig gemeint: So sprach man auch fasziniert vom «edlen Mohren». Was aber nicht weniger problematisch ist.

Der wurde dann nach und nach ersetzt durch «Neger». Und der galt nicht als edel, sondern als primitiv. Man hat diese Menschen als Sklaven verkauft, misshandelt und als Ware betrachtet.

Somit ist klar, dass «Neger» heute eine Beleidigung ist – und das Wort darum aus dem gesitteten Sprachgebrauch verschwunden ist.

Eine Beleidigung ist etwas, was eine Person in einem bestimmten Zusammenhang als beleidigend empfindet.

So steht heute in gewissen Jugendkulturen der Ausdruck «Bitch» für «junge Frau». Ob das geschmackvoll ist, lässt sich streiten. Aber solange sich die so Bezeichneten nicht beleidigt fühlen, mag es angehen. Eine Frau ausserhalb dieser Jugendkultur, in meinem Alter zum Beispiel, würde die Bezeichnung als «Bitch» tief beleidigen. Zu Recht.

Ob man «Mohr», der ursprünglich nicht abwertend gemeint war, heute noch verwenden darf, hat also weniger mit Wissenschaft zu tun, als viel mit Kommunikation.

«Nur weil wir das Wort nicht verwenden, lösen wir das Problem des Rassismus nicht», schreiben User im Internet. Womit sie völlig recht haben.
Trotzdem hat die Migros ihrerseits das Recht, diese Bezeichnung aus ihrem Sortiment zu streichen. Die Migros handelt als privates Unternehmen – kein Gesetz, keine Regierung hat ihr das vorgeschrieben.

Das sei eine reine PR-Aktion, argumentieren andere. Migros wolle auf der Black-Lives-Matter-Welle reiten. Klar ist es PR. Aber wo liegt das Problem? Nike oder McDonalds haben auch auf die Black Lives Matter reagiert.

Die Aktion sei doch nur symbolisch. Natürlich ist sie das – aber genau darum geht es. Um Symbole. Was siehst du lieber: den Stinkefinger oder den Daumen-hoch? Das sind auch bloss Symbole. Genau, wie wenn man auf dem Fussballplatz einen dunkelhäutigen Spieler mit Affengeräuschen eindeckt. Rassismus ist eben nie nur eine Frage von Gesetzen, sondern auch von Symbolen.

Im den Kommentarspalten schreiben auch viele, dass es «wichtigere Probleme» gibt als diesen «Mohrenkopf». Auch das stimmt. Aber warum machen diese Leute denn so ein Geschrei um den «Mohrenkopf»? Es gibt ja wie gesagt wichtigere Probleme.

«Wir lassen uns nicht in die Rassismusecke drängen», wird dann argumentiert. Das will ja gar niemand. Es geht nur um ein Wort, bei dem sich bestimmte Menschen – und die Migros – unwohl fühlen.

Oder anders gesagt: Warum möchte man unbedingt ein Wort verwenden, das von anderen Menschen als rassistisch empfunden wird? Wenn man selbst ja kein Rassist ist.

Der Faktist

Der Faktist schaut ganz genau hin. Im Dschungel der wissenschaftlichen Studienresultate behält er den Überblick. Zeigt, was zusammenhängt. Und was einfach nicht aufgeht. Der Faktist ist Beat Glogger, Gründer und Chefredaktor von higgs. Jeden Dienstag als Sendung auf Radio 1 und als Video auf higgs.
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