Das musst du wissen

  • Einen Tag später als geplant gingen die Verhandlungen in Glasgow nach zwei Wochen zu Ende.
  • Man einigte sich auf Regeln, wie das Pariser Abkommen umgesetzt werden soll. Das 1,5-Grad-Ziel wurde bekräftigt.
  • Ebenso bekräftigt wurde die Verpflichtung, jährlich hundert Millionen Dollar für Entwicklungsländer bereitzustellen.

Die Klimaverhandlungen in Glasgow endeten mit einem Konsens unter den rund zweihundert Mitgliedstaaten. Zum ersten Mal wird in dem Text ausdrücklich der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen erwähnt. Ausserdem werden endlich die Regeln für die Umsetzung des Pariser Abkommens geklärt, insbesondere zum berühmten Artikel 6 über den Emissionshandel zwischen Ländern.

Warum es unbefriedigend ist. Die Verhandlungen waren auch vom Nord-Süd-Gefälle geprägt: Die Industrieländer kamen dem Finanzierungsbedarf der Entwicklungsländer nicht ausreichend nach. Auch die Wortwahl im Abkommen wurde im Vergleich zu ersten Versionen des Textes mehrfach abgeschwächt. «Dies ist eine kurze Zusammenfassung der COP26: blah blah blah», deklarierte die Klimaaktivistin Greta Thunberg. Die nächsten 18 Monate – und die nächsten beiden COPs – werden sich als entscheidend erweisen. Die COP27 wird nächstes Jahr in Ägypten stattfinden.

Ist das 1,5-Grad-Ziel noch aktuell? Die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad war das Ziel des Pariser Abkommens von 2015. Dies war das zentrale Thema der Konferenz in Glasgow. Allerdings sind sowohl die von den Staaten für die COP26 erklärten «Nationally Determined Contributions», also die derzeitigen Verpflichtungen der Staaten, als auch die langfristigen Strategien unzureichend: Im besten Fall nimmt die Welt bis Ende des Jahrhunderts Kurs auf einen Temperaturanstieg von 1,8 Grad. In seinem Text bekräftigt das Abkommen jedoch schwarz auf weiss das 1,5-Grad-Ziel.

Status quo der Klimajustiz. Die Frage nach Verlusten und Schäden bei den bereits durch Klimakatastrophen verursachten Auswirkungen bleibt offen. Trotz des Beitritts zu einer «Koalition der Willigen» hätten sich die USA und die EU dagegengestemmt. Die Industrieländer, die eine historische Verantwortung für den Klimawandel tragen, scheinen zu befürchten, dass dieser Mechanismus zu einer Zunahme der Klagen auf finanzielle Entschädigung vor internationalen Gerichten führen wird.

Mehrere Kommentatoren haben eine Analogie zwischen der Covid-19-Pandemie und der Klimakrise gezogen und den Mangel an globaler Solidarität unter den politischen Entscheidungsträgern beklagt. Der endgültige Text sieht jedoch vor, dass die Industrieländer die Hilfe für die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels in den Entwicklungsländern bis 2025 gegenüber 2019 verdoppeln.

Ein Tauziehen um Worte. Die Schwierigkeit für die 196 Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens bestand darin, sich nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Form des Abkommens zu einigen: Welche Worte sollen verwendet werden? Angefangen beim Namen des Abkommens: Bis zuletzt sollte es «Climate Emergency Pact» heissen – auf Deutsch etwa Klimanotfall-Pakt –, aber der Bezug auf den Notfall wurde schliesslich zurückgezogen: Das Abkommen wurde «Glasgow Climate Pact» genannt. Der Klimanotstand fand jedoch Eingang in den Titel des ersten Teils des Textes, der dem Thema «Wissenschaft und Notstand» gewidmet ist.

Dieses Ringen um die Wortwahl führte in letzter Minute zu einer stark beachteten Änderung: Indien wollte die Formulierung für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und insbesondere aus der Kohle abschwächen. Das Land änderte den Begriff «Phase-out», was so viel bedeutet wie Abschaffung, in «Phase-down», also Reduktion. Dies hat den Zorn mehrerer Länder auf sich gezogen, darunter auch der Schweiz – vertreten durch die Stimme von Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die in Glasgow anwesend war. Alok Sharma, dem Präsident der COP26, kamen die Tränen.

Fortsetzung im Jahr 2023. Die COP26-Vereinbarung hat den Verdienst, endlich das problematische Thema der fossilen Brennstoffe ausdrücklich anzusprechen. Die Lösung des Problems durch multilaterale Diplomatie bleibt jedoch eine Herausforderung. Ani Dasgupta, Präsident der Denkfabrik World Resources Institute, sagte dazu:

«Es ist wirklich noch nicht in trockenen Tüchern, aber die Fortschritte, die wir gemacht haben, bilden eine solide Grundlage, auf der wir aufbauen können.»

Er erinnerte auch daran, dass eine Reihe von Punkten auf das Jahr 2022 verschoben wurde. «Die Verhandlungsführer einigten sich auf entscheidende Punkte und vereinbarten, im nächsten Jahr wiederzukommen:

  • mit strengeren Zielen für 2030 […] Eine Reihe grosser Emittenten hat schwache Pläne für das Jahrzehnt 2030 und wird ehrgeizigere Strategien benötigen. […]
  • um die finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer aufzustocken […] Es ist unentschuldbar, dass die Industrieländer ihr Versprechen von hundert Milliarden Dollar pro Jahr nicht eingehalten haben, während sie fossile Brennstoffe massiv subventionieren […],
  • um die mit den Klimaauswirkungen verbundenen Verluste und Schäden zu bewältigen,
  • um die Regeln für die Umsetzung des Pariser Abkommens zu finalisieren […].»

Aber die Zeit drängt. Dies ist 2023 von entscheidender Bedeutung. Dann findet die erste globale Bestandsaufnahme des Pariser Abkommens, die sogenannte Global Stocktake statt, die dann alle fünf Jahre wiederholt wird und bei der die tatsächlichen Emissionen mit den Verpflichtungen verglichen werden müssen. Géraldine Pflieger, Professorin an der Universität Genf und Mitglied der Schweizer Delegation bei der COP26, warnte:

«Wir sind von den mangelnden Fortschritten und dem Rückzieher in letzter Minute, was den Rückzug von Investitionen in fossile Brennstoffe angeht, bestürzt […], aber wir können keine zu strikte Nord-Süd-Abgrenzung machen, denn auch die grossen Emittenten in den Entwicklungsländer müssen ihren Teil beitragen und dürfen die internationalen Ambitionen nicht bremsen, insbesondere in der Frage der Kohle, wie wir am Ende der COP gesehen haben. Der Kampf für das Klima erfordert Gerechtigkeit und Solidarität mit den am wenigsten entwickelten und am stärksten gefährdeten Ländern sowie die seit 2010 zugesagte Aufstockung der Mittel.»

Dieser Beitrag wurde erstmals auf Heidi.news veröffentlicht. Er wurde von Corinne Goetschel aus dem Französischen übersetzt.

Heidi.news

Hier gibt es Wissenswertes aus der Westschweiz. Die Beiträge stammen von unserem Partner-Portal Heidi.news, wir haben sie aus dem Französischen übersetzt. Heidi.news ist ein Online-Portal, das im Mai 2019 lanciert wurde und das sich unter anderem auf die Berichterstattung über Wissen und Gesundheit spezialisiert. Die Partnerschaft zwischen Heidi.news und higgs ist durch eine Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF entstanden.
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