Das musst du wissen

  • Bereits zwei Minuten in einer kraftvollen Pose können dazu führen, dass Kinder sich besser und selbstbewusster fühlen.
  • Der Zusammenhang von Körperhaltung, Selbstwahrnehmung und Emotionen ist bei Erwachsenen seit einigen Jahren bekannt.
  • Ob es bei regelmässiger Übung auch Langzeiteffekte gibt, muss noch untersucht werden.

Die Arme hinter dem Kopf verschränken, die Füsse auf den Tisch legen und sich entspannt im Stuhl zurücklehnen: Darüber, ob das höflich ist, kann man streiten. Klar ist aber: Diese Haltung drückt etwas aus. Selbstvertrauen, wenn nicht sogar Macht. Aber fühlt sich derjenige, der die Pose einnimmt, auch wirklich selbstbewusster? Eine deutsche Studie sagt: ja. Und vor allem: auch Kinder. Der Hauptautor Robert Körner formuliert es in einer Mitteilung so: «Körpersprache ist nicht nur Ausdruck von Gefühlen, sie kann auch beeinflussen, wie sich jemand fühlt.»

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Dieser Effekt nennt sich in der psychologischen Forschung Power Posing. Dabei geht es um Körperhaltungen, die klassischerweise mit Selbstbewusstsein und Macht verbunden werden und beim Ausführen selbstbewusster machen sollen. Selbstbewusste Menschen nehmen sich nicht nur anders wahr, sie verhalten sich anders und nehmen andere Posen ein – sie zeigen mit ihnen, dass sie aktionsorientierter und risikobereiter sind. Studien zeigten Zusammenhänge von Power Posing mit Hormon- und Verhaltensänderungen, vermehrten positiven Gefühlen, gesteigertem Selbstbewusstsein und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Erfolg in Jobinterviews. Andere Studien konnten diese Zusammenhänge nicht bestätigen. Das Thema ist in der Fachwelt also umstritten.

Science-Check ✓

Studie: Powerful and confident children through expansive body postures? A preregistered study of fourth gradersKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie zeigt Ergebnisse, die gut zu bisherigen Erkenntnissen von Untersuchungen bei Erwachsenen passen. Aber es gibt einige wichtige Einschränkungen: Die Forschenden haben nämlich nur Kurzzeiteffekte betrachtet, wie langanhaltend die Effekte sind müssen weitere Studien klären. Nur diese sind ausschlaggebend. Kurzzeiteffekte ergeben sich relativ schnell, das nennt man Priming. Auch ist nicht klar, inwiefern die Ergebnisse vom kulturellen Kontext und dem speziellen Alter, Umfeld und persönlichen Erfahrungshorizonten der Kinder abhängen. Die Probandengruppe ist ebenfalls relativ klein. Die Aussagekraft der Studie ist deshalb begrenzt.Mehr Infos zu dieser Studie...

Während die Wirkung des Power Posing bei Erwachsenen also bereits untersucht ist, ist der Effekt auf Kinder noch gänzlich unbekannt. Und dies, obwohl man weiss, dass bereits Fünfjährige nonverbale Gesten verstehen, die Führungspositionen anzeigen und dass Siebenjährige ein Gefühl für soziale Machtverhältnisse haben, das dem von Erwachsenen ähnelt.

Deutsche Forschende haben nun untersucht, wie sich die Körperhaltung auf 108 deutsche Viertklässer auswirkt. In zwei Gruppen aufgeteilt, nahmen sie für zwei Minuten unterschiedliche Posen ein und füllten danach einen psychologischen Test aus. Die eine Gruppe nahm ausladende und offensive Posen ein, die andere positionierte sich zurückhaltend, mit verschränkten Armen und Beinen, sowie herabschauendem Kopf. Dann wurden ihre Gefühle in Bezug auf Familie, Freunde und Schule abgefragt. Um nicht nur verbal abzufragen, wie es den Schülern nach diesen Posen ging, wurden ihnen Bilder von Winnie Pooh in verschiedenen Kontexten gezeigt. Sie sollten sich bei jeweils zwei Bildern für eines entscheiden, dass besser zu ihrer aktuellen Gefühlslage passte.

Robert Körner, Hannes Köhler

Ergebnis: Die Schülerinnen und Schüler in Power Posen hatten eine signifikant bessere Stimmung, mehr gute Gefühle und ein stärkeres Selbstbewusstsein, als jene in den schwachen, zurückhaltenden Posen. Dieser positive Effekt zeigte sich besonders stark, wenn in den psychologischen Tests nach Situationen in der Schule gefragt wurde.

Wieso aber hat Power Posing überhaupt einen Einfluss auf das Gefühl? Umfassend geklärt ist das nicht. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die Posen die Selbstwahrnehmung verändern. Diese ist in der Regel die Basis für die Einordnung einer Person in soziale Kontexte. Auch könnten die Posen vergangene, angenehme Erfahrungen, in denen die gleichen Posen eingenommen wurden, wachrufen. Der besonders starke Effekt bei Fragen nach der Schule rührt vielleicht daher, dass die Tests in Klassenzimmern durchgeführt wurden. Die Umgebung beeinflusst vermutlich, mit welchem sozialen Kontext die positive Wahrnehmung am ehesten verknüpft wird.

Die Ergebnisse der Studie sind zwar noch mit Vorsicht zu geniessen, denn Power Posing ist, wie gesagt, noch umstritten und die langfristige Wirkung unerforscht. Wenn die Methode aber langfristige Effekte hat, böte sich eine einfache Möglichkeit unser Leben, besonders das von Schülern, etwas zu verbessern. Denn unsere Kinder wären nicht nur selbstbewusster. Positives Selbstbewusstsein kann laut diversen Studien Mittel gegen soziale Krankheiten sein. Selbstbewusste Menschen versagen weniger oft in der Schule, werden weniger oft kriminell, nehmen weniger Drogen und es kommt zu weniger ungewollten Schwangerschaften. Ein starkes Selbstbewusstsein führt also mitunter zu einem gesünderen Leben.

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