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In all den Gemeinderäten der Schweiz belegen Frauen nur etwa ein Viertel der Sitze. Im Nationalrat beträgt der Anteil immerhin 32 Prozent.

Ähnlich sieht es in der Wissenschaft auf. Zwar besteht die Studentenschaft zum Beispiel an der Uni Zürich zu 58 Prozent aus Frauen. Je höher man aber in der akademischen Karriereleiter stiegt, desto weniger Frauen findet man. Auf Professorenstufe sind es an der Uni Zürich 20 Prozent, an der ETH 14. Ähnlich sind die Zahlen an den anderen Hochschulen.

Das geht natürlich nicht, denn Frauen sind die Hälfte der Bevölkerung. Und entsprechend sensibel reagiert bisweilen das Publikum. Als ich im Programm meiner Talkreihe «Wissenschaft persönlich» unter vier Gästen nur eine Frau hatte, erntete ich auf den Social Media Kritik. Klipp und klar schrieb jemand: «Eine Veranstaltungsreihe, wo nicht 50 Prozent Frauen vertreten sind, ist für mich inakzeptabel.»

Veranstaltungsplakat von Wissenschaft persönlich.higgs

Das Geschlechterverhältnis bei der Herbststaffel 2018 von «Wissenschaft persönlich» störte eine Kritikerin zu Recht.

Zwar war ich mit 25 Prozent Frauen im Programm deutlich besser als die Universitäten bei Professorinnen, trotzdem hat die Kritikerin recht.

Frauen müssen sichtbarer werden.

Darum hat die ETH Zürich in ihrem diesjährigen Gender Monitoring Bericht klargemacht, dass sie die Bedeutung von Frauen als Vorbilder stärken wolle. Und darum suche ich nun noch intensiver nach weiblichen Gästen für meinen Talk.

Jetzt aber wendet sich die Sache: Ich suche wie verrückt nach Frauen, aber die wollen nicht. Lade ich Männer ein, kommt die Zusage innerhalb von 24 Stunden. Abgesagt hat noch kein einziger, den Rekord hält einer mit 15 Minuten. Frauen brauchen für eine Antwort um die drei Tage (die wenigen, die mir schneller geantwortet haben, entschuldigen bitte die Verallgemeinerung). Und dann ist es oftmals eine Absage.

Screenshot von einem Mail, das eine Forscherin an Beat Glogger schrieb.higgs

Eine weltweit hoch dotierte Neurobiologin schreibt, sie habe keine Zeit und «des weiteren sind öffentliche Gespräche dieser Art nicht so meine Sache.» Die stellvertretende Direktorin eines Instituts schreibt, sie sei «leider eher medienscheu». Eine andere schreibt: «leider fühle ich mich nicht kompetent genug.» Als ob ich inkompetente Frauen anfragen würde.

Screenshot von einem Mail, das eine Forscherin an Beat Glogger schrieb.higgs

Vielmehr ist es so, dass immer noch viele Frauen schlicht nicht wollen. Und das liegt nicht daran, dass ich ein ekliger Moderator wäre. Meine Kolleginnen und Kollegen vom SRF Club, Arena, Sternstunden berichten genau dasselbe.

Screenshot von einem Mail,higgs

Auch eine politische Untersuchung stellt fest, dass an der Untervertretung der Frauen nicht das Volk schuld wäre, indem es Frauen nicht wählte, sondern schlicht und einfach, «dass das Angebot an Kandidatinnen eher klein ist.»

Also, Frauen, wenn ihr wahrgenommen werden wollt, dann müsst ihr auch auftreten. Nehmt eure Vorbildrolle wahr. Ich rechne mit euch.

Der Faktist

Der Faktist schaut ganz genau hin. Im Dschungel der wissenschaftlichen Studienresultate behält er den Überblick. Zeigt, was zusammenhängt. Und was einfach nicht aufgeht. Der Faktist ist Beat Glogger, Gründer und Chefredaktor von higgs. Jeden Dienstag als Sendung auf Radio 1 und als Video auf higgs.
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